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Bundeswehr: Debakel um Funkgeräte für die Bundeswehr

Bundeswehr

Debakel um Funkgeräte für die Bundeswehr

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    Einsatzfähige Waffensysteme und die richtige Tarnung sind wichtig: Doch ohne eine geschützte und effektive Kommunikation sind moderne Streitkräfte nicht denkbar. Umso wichtiger sind digitale Funkgeräte für die Bundeswehr.
    Einsatzfähige Waffensysteme und die richtige Tarnung sind wichtig: Doch ohne eine geschützte und effektive Kommunikation sind moderne Streitkräfte nicht denkbar. Umso wichtiger sind digitale Funkgeräte für die Bundeswehr. Foto: Stefan Sauer, dpa (Archivbild)

    Das Versprechen von Olaf Scholz auf dem Nato-Gipfel Ende Juni 2022 war eine deutliche Ansage an Moskau, dessen Truppen gut vier Monate zuvor die Ukraine frontal angegriffen hatten: Deutschland werde der Allianz eine gepanzerte Division für den dauerhaften Schutz der Ostflanke des Bündnisses zur Verfügung stellen, sagte der Kanzler.

    Im Laufe des Jahres 2025 soll die Division bereitstehen. Ein ehrgeiziges Ziel, das nun durch eine neue Panne bei der Beschaffung in Gefahr geraten könnte: Nach allem, was bekannt ist, sind viele der für rund 1,3 Milliarden Euro bestellten 20.000 digitalen Funkgeräte inkompatibel zu der Fahrzeugflotte der Streitkräfte. Dabei geht es um Transporter, verschiedene Panzer und vieles mehr.

    Militärexperte Wolfgang Richter ist "schleierhaft", warum die Probleme nicht rechtzeitig aufgefallen sind

    "Beschaffungsvorgänge für über 200 Fahrzeugtypen sind komplex. Mir ist dennoch völlig schleierhaft, warum die Probleme nicht rechtzeitig vor der Bestellung aufgefallen sind und technische Lösungen entwickelt worden sind", sagte der Militärexperte Wolfgang Richter im Gespräch mit unserer Redaktion. "Wenn neue Kanonen angeschafft werden, muss ja auch geklärt sein, ob sie auf die Geschütztürme montiert werden können."

    Entsprechend ungehalten reagierte Verteidigungsminister Boris Pistorius auf die Panne. "Ich wäre davon ausgegangen, dass man sich vor der Bestellung, aber mindestens mit der Bestellung darüber Gedanken macht, wie die Integration erfolgt. Dass das nicht passiert ist oder nicht ausreichend, das klären wir jetzt auf und versuchen zu heilen, was zu heilen ist", sagte der SPD-Politiker. Pistorius hat nach eigenen Angaben erst am Wochenende von den Details erfahren. Allerdings hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages schon vor einiger Zeit Zweifel an der Beschaffung der Geräte angemeldet. Unstrittig ist, dass Pistorius nicht für die Bestellung der Funkgeräte verantwortlich ist – sie wurden noch in der Amtszeit seiner Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) geordert.

    Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), im Bild am Mittwoch bei seinem Besuch im Baltikum, ist ungehalten über das Debakel bei der Beschaffung von digitalen Funkgeräten für die Bundeswehr.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), im Bild am Mittwoch bei seinem Besuch im Baltikum, ist ungehalten über das Debakel bei der Beschaffung von digitalen Funkgeräten für die Bundeswehr. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    "Es geht darum, dass die Geräte die Stromversorgung vieler Fahrzeuge überfordern und es gibt das Problem, dass Vorrichtungen, beziehungsweise der Platz für einen Einbau und die nötige Verkabelung fehlen", sagte Experte Richter zu den Komplikationen. Man müsse also improvisieren, aber durch solche Lösungen können sich wegen des oft knappen Platzes in Panzern oder anderen Gefechts- und Führungsfahrzeugen ergonomische Probleme ergeben – "die Geräte sind dann im Wege und stören die Arbeitsabläufe." Richter betont, dass die Qualität der Funkgeräte des renommierten Unternehmens Rhode & Schwarz mit Sitz in München nicht infrage stehe. 

    Warum ist es so wichtig, die Kommunikation zu digitalisieren? Eine der Grundlagen moderner Kriegsführung ist die Verknüpfung von militärischer Führung, den Truppenteilen, Aufklärung und der Feuerleitung. Dafür ist digitale Technik prädestiniert. Auf diesem Gebiet hat die Bundeswehr erheblichen Nachholbedarf.

    Digitale Kommunikation ist entscheidend für die Kooperation mit den Bündnispartnern

    "Das große Problem ist die Kommunikation mit unseren Bündnispartnern – bei Manövern, aber natürlich auch im Einsatz selbst. Die Operationsführung der Nato erfolgt schließlich gemeinsam und erfordert interalliierte Kooperation“, erklärte Oberst a. D. Richter. Die digitale Technik erlaube auch, dass man Funkverbindungen im Ernstfall vor dem Feind abschotten könne.

    Verteidigungsminister Pistorius hat angekündigt, Versäumnissen im Beschaffungsprozess nachzugehen. Geplant sei zudem, die Bereitstellung der versprochenen Division für die Nato bis 2025 durch den Einbau alternativer Funkgeräte zu sichern. Auch das dürfte angesichts des wenig effektiven Beschaffungssystems ein ehrgeiziges Ziel sein. (mit dpa)

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