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Abhörskandal: Ehemaliger Neuburger Kommodore wohl für Leak verantwortlich

Bundeswehr-Abhörskandal

Ehemaliger Neuburger Kommodore offenbar verantwortlich für Datenleak

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    Verteidigungsminister Boris Pistorius gibt ein Pressestatement zum aktuellen Stand nach dem Bundeswehr-Leak.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius gibt ein Pressestatement zum aktuellen Stand nach dem Bundeswehr-Leak. Foto: Michael Kappeler

    Nach den ersten Untersuchungen ist ein "individueller Anwendungsfehler" verantwortlich dafür, dass das Gespräch hochrangiger Bundeswehr-Offiziere über das Waffensystem Taurus abgehört werden konnte. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag in Berlin. Der Fehler gehe auf den Teilnehmer zurück, der von Singapur aus an dem Gespräch teilgenommen habe. Dass ein russischer Spion sich in das Gespräch eingewählt hat, schloss Pistorius aus. 

    Bei dem Mann, der sich von Singapur aus in des Gespräch am 19. Februar zugeschaltet hatte, dürfte es sich um Frank Gräfe handeln. Der Brigadegeneral ist Abteilungsleiter für Einsätze und Übungen im Kommando Luftwaffe in Berlin, war zuvor Militärattaché in der US-Hauptstadt Washington - und von 2013 bis 2015 Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg.

    Neuburger Ex-Kommodore Frank Gräfe war von Singapur aus zugeschaltet

    "Unsere Kommunikationssysteme sind nicht und wurden nicht kompromittiert", betonte Pistorius bei der Pressekonferenz. Zwar werde bei Gesprächen zum Teil die Plattform Webex verwendet, allerdings handle es sich dabei nicht um die öffentlich zugängliche Version, sondern um eine "für den Dienstgebrauch zertifizierte" Variante mit höherer Sicherheitsstufe. Die entsprechenden Server würden in Deutschland gehostet, nicht im Ausland, so Pistorius. 

    Warum es dann im konkreten Fall zu dem Leak kommen konnte? "Nicht alle Teilnehmer haben sich an das sichere Einwahlverfahren gehalten, so wie es vorgeschrieben ist", sagte der Verteidigungsminister. Nach aktuellem Kenntnisstand sei es bei dem Teilnehmer aus Singapur — den Namen des ehemaligen Neuburger Kommodore Frank Gräfe nennt Pistorius an dieser Stelle nicht explizit — zum Datenabfluss gekommen, weil er über eine nicht autorisierte Verbindung eingeloggt, "quasi über eine offene Verbindung zugeschaltet" gewesen sei. Weil zugleich eine große internationale Veranstaltung, die "Singapur Air Show" stattfand, hätte es in den genutzten Hotels flächendeckende Abhörmaßnahmen gegeben — das abgehörte Gespräch sei für Russland wohl eher ein Zufallstreffer gewesen. 

    Verteidigungsminister Pistorius lässt disziplinarische Vorermittlungen einleiten

    Wie nun weiter vorgegangen wird? Auch wenn der Grund für das Abhören gefunden sei, würden nun alle Geräte forensisch überprüft. Zudem werde untersucht, ob in dem Gespräch Themen behandelt wurden, die auch bei vorschriftsgemäße Webex-Nutzung nicht über diesen Dienst hätten debattiert werden dürfen. Wie Pistorius sagte, seien außerdem disziplinarische Vorermittlungen gegen alle vier Gesprächsteilnehmer eingeleitet worden. "Ein normaler Vorgang", betonte er. Sobald ein Ergebnis vorliegt, wird entschieden, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird oder nicht. Er sagte aber auch: "Persönliche Konsequenzen stehen derzeit nicht auf der Agenda." Er werde "niemanden meiner besten Offiziere Putins Spielen opfern", betonte Pistorius.

    Am Freitag hatte Russland eine mitgeschnittene Schaltkonferenz von vier hohen Offizieren, darunter Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz, veröffentlicht. Darin erörterten diese Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper Taurus, falls dieser doch noch an die Ukraine geliefert würde. In dem Mitschnitt ist aber auch zu hören, dass es auf politischer Ebene kein grünes Licht für die Lieferung der von Kiew geforderten Marschflugkörper gibt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sein Nein damit begründet, dass Deutschland dann in den Krieg hineingezogen werden könnte. Am Montag bekräftigte er seine Position und sagte: "Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das." Taurus hat eine Reichweite von 500 Kilometern und kann damit von der Ukraine aus auch Ziele in Moskau treffen. (infu/dpa)

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