Der Bundesrat hat Israel nach dem Großangriff der islamistischen Hamas volle Solidarität bekundet und zugleich ein schärferes Vorgehen gegen Antisemitismus in Deutschland gefordert. Er verabschiedete am Freitag einstimmig eine von allen Bundesländern eingebrachte Entschließung, in der die Angriffe als "Akt der Barbarei und des Terrors" verurteilt werden.
Der Präsident der Länderkammer, Hamburgs Regierungschef Peter Tschentscher (SPD) sagte, neben der Hamas stellten weitere radikale Kräfte und Organisationen das Existenzrecht Israels grundsätzlich in Frage. "In dieser fundamentalen Frage steht Deutschland fest an der Seite Israels."
Tschentscher wird den Vorsitz im Bundesrat am 1. November turnusmäßig abgeben. Zu seiner Nachfolgerin wählte die Länderkammer Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Anschließend befasst sich der Bundesrat mit zahlreichen Gesetzentwürfen und Verordnungen der Bundesregierung. Ein Überblick:
Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe steigen
Ab Januar werden die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe um mehr als zwölf Prozent erhöht. Der Bundesrat stimmte zu, dass Alleinstehende dann 563 Euro monatlich erhalten werden. Für Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren wird der Satz auf 471 Euro festgelegt, für Kinder zwischen 7 und 14 Jahren auf 390 Euro. Für die Kleinsten klettert er von 318 auf 357 Euro. Die Erhöhung wird voraussichtlich rund 4,5 Milliarden Euro kosten. Parallel dazu steigen auch die Sätze der Geldleistungen für Asylsuchende.
Zusätzliche Milliarden für Flüchtlingskosten
Der Bund stellt Ländern und Kommunen für die Bewältigung der Flüchtlingskosten zusätzlich rund vier Milliarden Euro zur Verfügung. Das hatten Bund und Länder schon vor fast einem Jahr ausgehandelt, nun gab der Bundesrat final grünes Licht für die Auszahlung. In dem Paket sind zum Beispiel 1,5 Milliarden Euro für Ausgaben für Flüchtlinge aus der Ukraine enthalten. Dazu kommt eine allgemeine, flüchtlingsbezogene Pauschale in Höhe von 1,25 Milliarden, die die niedrigere Pauschale für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ablöst. Die Flüchtlingspauschale wird für 2023 außerdem um 1 Milliarde Euro aufgestockt.
Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung
Die Länderkammer billigte das Gesetz, mit dessen Hilfe Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser bekämpft werden soll. Es soll mehr Klarheit darüber geben, wie die 2017 gegründete Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen arbeitet. Diese Behörde bekommt Meldungen, wenn der Verdacht auf Geldwäsche besteht. Sie analysiert die Informationen und teilt sie mit anderen Behörden im In- und Ausland. In den vergangenen Jahren gingen immer mehr solcher Verdachtsmeldungen ein. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren den Ruf erworben, ein Eldorado für Geldwäscher zu sein.
Öffentliche Unternehmen bekommen Energiespar-Vorgaben
Das von den Ländern gebilligte Energieeffizienzgesetz legt Energiesparziele für öffentliche Unternehmen und Stellen fest. Bis 2030 soll danach der Bund jährlich 45 Terawattstunden Energie einsparen, für die Länder sind es drei Terawattstunden. Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen sollen ihre Energieverbrauchsdaten transparenter machen und verstärkt in energieeffiziente Technologien investieren. In einer Entschließung forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, sie bei der Finanzierung der Mehraufwendungen angemessen zu unterstützen.
Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Drittstaaten
Der Bundesrat erhob keine Einwände gegen die Absicht der Bundesregierung, Georgien und Moldau als sichere Drittstaaten einzustufen. Dadurch sollen Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller bearbeitet und bei einer negativen Entscheidung über den Asylantrag der Aufenthalt in Deutschland zügiger beendet werden. Die Anerkennungsquote von Asylsuchenden aus beiden Ländern lag im vergangenen Jahr nach Regierungsangaben jeweils bei lediglich rund 0,1 Prozent.
Bundesländer besorgt über Wachstumschancengesetz
Starke Bedenken äußerten die Länder zum Wachstumschancengesetz, das die Wirtschaft vor allem durch steuerliche Entlastungen für Unternehmen wieder ankurbeln soll. Der Bundesrat verwies darauf, dass Länder und Kommunen rund 4,4 Milliarden der Gesamtkosten von 7 Milliarden Euro tragen sollen. Die Länder beklagten auch einen hohen Bürokratie- und Verwaltungsaufwand. Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) forderte daher die Bundesregierung auf, bei dem Gesetz nochmals nachzusteuern. Die Länder mussten zu den umfangreichen Änderungen im Steuerrecht eine Stellungnahme abgeben.
Änderungsvorschläge des Bundesrats zum Selbstbestimmungsgesetz
Am Entwurf der Bundesregierung für ein Selbstbestimmungsgesetz wünschte sich der Bundesrat eine Reihe von Änderungen. Besonders kritisch wird die Möglichkeit einer potenziellen Diskriminierung von trans- oder intergeschlechtlichen Personen durch das Hausrecht gesehen. Der Gesetzentwurf der Ampel-Regierung sieht vor, dass künftig jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfacheren Verfahren als bisher beim Standesamt ändern kann.
Keine grundsätzlichen Bedenken beim neuen Namensrecht
Gegen die von der Bundesregierung geplante Liberalisierung des Namensrechts äußerte der Bundesrat keine grundsätzlichen Bedenken. Er regte allerdings an, in den Regelungen, in denen es ausschließlich um den "Familiennamen" gehe, dies auch entsprechend zu formulieren und im Gesetzestext nicht allgemein von "Namen" zu sprechen. Die Reform ermöglicht künftig beispielsweise das Führen eines gemeinsamen Doppelnamens durch Ehepartner und ihre Kinder.
Härtere Strafen für extremistische Chat-Einträge Staatsbediensteter
Ein Vorschlag des Bundesrats sieht vor, die Beteiligung an Chatgruppen mit extremistischen Inhalten im öffentlichen Dienst stärker zu bestrafen. In der Vergangenheit fielen damit bisweilen Beamte wie Polizistinnen und Polizisten oder Soldatinnen und Soldaten negativ auf. Nach dem aktuellen Recht ist es schwer, diese zu bestrafen. Deshalb schlug der Bundesrat vor, dass es schon eine Straftat sein soll, wenn solche Inhalte in einem Chat geteilt werden und das Vertrauen in den Staat beschädigt wird. Es muss nicht bewiesen werden, dass jemand die Inhalte wirklich verbreiten wollte.
(Von Jessica Lichetzki und Ulrich Steinkohl, dpa)