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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bringt mit Klinikreform Bayern gegen sich auf

Krankenhausreform

Karl Lauterbachs heikle Krankenhaus-OP

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    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Zahl der Kliniken in Deutschland deutlich reduzieren.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Zahl der Kliniken in Deutschland deutlich reduzieren. Foto: John Macdougall, dpa

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach merkt man die Erleichterung an, als er der Öffentlichkeit verkündet, dass das Bundeskabinett seine Krankenhausreform mit einiger Verspätung nun auf den Weg gebracht hat. „Heute ist ein sehr guter Tag für die Patientinnen und Patienten in Deutschland“, sagt er. Und auch für die Krankenhäuser, fügt der SPD-Minister hinzu. Obwohl er wenig später nachschiebt, dass es davon viel zu viele im Lande gebe. 

    Lauterbach: 1700 Kliniken sind für Deutschland zu viel

    „Deutschland hat nicht den medizinischen Bedarf, nicht das ärztliche Personal und auch nicht das pflegerische Personal für 1700 Krankenhäuser“, sagt Lauterbach. Und ebenso nicht die finanziellen Mittel. Damit ist klar, dass die „Revolution“, wie der Minister seinen Gesetzentwurf nochmals selbst lobt, Opfer fordern wird.

    Genau hier liegt einer der vielen Knackpunkte von Lauterbachs heikler Krankenhaus-Operation. Dass es zu viele einzelne Kliniken in Deutschland gibt, räumen selbst die in der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft organisierten Klinikträger ein. Seit Jahren legen sie denn auch Standorte zusammen oder machen daraus Netzwerke. Und dennoch äußern sie massive Kritik an dem Gesetzentwurf

    Lauterbach versprach bei der Vorstellung seiner Reform, dass durch die Einführung neuer sogenannter Vorhaltepauschalen kleine, auf dem Land benötigte Krankenhäuser eine bessere wirtschaftliche Zukunft hätten: „Diese Krankenhäuser werden durch die Reform geschützt“, sagte er. „Es werden keine kleinen Krankenhäuser auf dem Land abgebaut, nicht durch diese Reform.“ 

    Lauterbach will Zahl der Kliniken in Großstädten reduzieren

    Stattdessen gebe es in vielen Großstädten eine drastische Überversorgung an Krankenhäusern. „Für diese Überversorgung haben wir nicht genug Pflegekräfte, nicht genug Ärzte, und die Versorgung in den Kliniken ist dort zum Teil auch aus diesen Gründen nicht so gut“, sagte der Minister. Wenn solche Kliniken geschlossen oder zu ambulanten Ärztezentren umgebaut würden, sei dies nicht weiter schlimm. 

    Die Klinikträger und auch Bundesländer wie Bayern befürchten das genaue Gegenteil: dass mit Lauterbachs Reform ein Kahlschlag gerade in ländlichen Regionen droht. „Die Reform ist so versorgungsgefährdend, dass alle Bundesländer inklusive der SPD-geführten die Pläne des Parteikollegen in einer gemeinsamen Stellungnahme ablehnen“, sagt der Vorstandschef der Krankenhaus-Gesellschaft, Gerald Gaß. 

    Krankenhäuser und Ärztegewerkschaft nennen Krankenhausreform Etikettenschwindel

    „Vor allem kleineren Kliniken in der Fläche droht das Aus, weil sich deren Finanzierungsgrundlage nicht verbessert“, warnt er. Die Träger haben das geplante neue Finanzierungssystem bis in die Details der Einzelabrechnungen unterschiedlicher Kliniken durchgerechnet. „Die von Karl Lauterbach immer wieder als Entökonomisierung angepriesene Vorhaltefinanzierung hält nicht ansatzweise das, was der Gesundheitsminister versprochen hat“, sagt Gaß.

    Dass das Bundesgesundheitsministerium nicht selbst die angekündigte Auswirkungsanalyse vorlege, sei ein unverantwortliches Spiel der Politik. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass man selbst nicht an die versprochenen positiven Effekte glaubt, sonst hätte man diese anhand exemplarischer Beispielrechnungen vorlegen können“, erklärt der Krankenhaus-Vertreter. „Die Gesundheitsversorgung ist keine Spielwiese für eine experimentelle Politik“, fügt Gaß hinzu.

    Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund nennt die Reform einen Etikettenschwindel. „Das ist nicht die Entlastung von ökonomischem Druck, die wir in den Krankenhäusern brauchen“, sagt die Vorsitzende Susanne Johna. Es sei völlig inakzeptabel, einen solchen Großversuch ohne Folgenabschätzung und Versorgungskonzept auf den Weg zu bringen. 

    Gesetzlich Versicherte sollen 25 Milliarden, Privatversicherte null Euro für Reform zahlen

    Die Gesetzlichen Krankenkassen warnen vor einer Kostenlawine für die Beitragszahler, da Lauterbach die Reformkosten von 25 Milliarden Euro allein auf Kassenversicherte abwälze. „Die private Krankenversicherung ist mit null Euro beteiligt“, merkt Spitzenverbandsvorstand Stefanie Stoff-Ahnis an. Auch der Sozialverband Deutschland fordert eine gerechtere Finanzierung: „Diese einseitige Belastung der gesetzlich Versicherten lehnen wir entschieden ab“, sagt SoVD-Chefin Michaela Engelmeier. 

    Wie bereits Baden-Württembergs grüner Sozialminister Manfred Lucha kündigte auch Bayerns CSU-Gesundheitsministerin Judith Gerlach harten Widerstand im Bundesrat an, wenn es nicht zu den von den Ländern parteiübergreifend geforderten entscheidenden Korrekturen komme: „Herr Lauterbach düpiert und übergeht mit seinem Alleingang offen die Länder“, sagt die CSU-Politikerin. Sie fordert konkrete Ausnahmeregelungen zum Schutz wichtiger Kliniken in der Fläche – und droht mit einer Verfassungsklage.

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