Bodo Ramelow vermag kaum die Contenance zu wahren, wenn die Rede auf die thüringische BSW-Gründungsvorsitzende Katja Wolf kommt. Der Linken-Politiker beherrscht sich dann, aber es wird doch deutlich, wie enttäuscht der langjährige thüringische Ministerpräsident von seiner einstigen Parteifreundin ist. Dass Wolf in Thüringen von der Linkspartei praktisch über Nacht zum Bündnis Sahra Wagenknecht wechselte, hat ihn persönlich getroffen. Ramelow lastet ihr zudem an, dass sie mit ihrem Eintritt ins BSW nach seinem Dafürhalten das Projekt Die Linke verraten hat. Wolf muss sich diesen Vorwurf auch von anderen Ex-Parteifreunden gefallen lassen.
BSW besser als die Linkspartei
Knapp sieben Wochen nach der Landtagswahl haben CDU, BSW und SPD in Erfurt die Sondierungsgespräche abgeschlossen und stehen nun vor Koalitionsverhandlungen. Wolf könnte Landesministerin werden. Und sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie das BSW in die Regierung führen will. Nicht allen gefällt das, denn dafür sind Kompromisse nötig, die Parteigründerin Sahra Wagenknecht für problematisch hält. Als Antipode zur Chefin sieht sich Wolf dennoch nicht. Man sei „einfach auf unterschiedlichen Spielfeldern unterwegs“ - Wagenknecht sei auf die Bundestagswahl fokussiert „und hat Sorge, dass wir durch unseren pragmatischen Thüringer Stil ihr Wahlkampfkonzept einer klaren Abgrenzung zu anderen Parteien kaputt machen. Aber diese Sorge ist unbegründet“, betonte Wolf.
Von der Vita her käme sie wohl fürs Sozialministerium infrage. Die verheiratete Mutter zweier Kinder ist ausgebildete Diplom-Sozialarbeiterin und Diplom-Sozialpädagogin. Zur Politik kam die gebürtige Erfurterin durch den Kampf für das Jugendradio DT64 und gegen den ersten Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre. DT64 versorgte die Jugend der DDR fast 30 Jahre lang mit Popmusik – aus dem Osten wie aus dem Westen.
Wolf verpasste Direktmandat
Bei den Landtagswahlen 2009 gewann Wolf das Direktmandat im Wahlkreis Eisenach und zog für die Linke in den Erfurter Landtag ein. Dort arbeitete sie bis 2012. Sie legte das Mandat nieder, weil sie Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach wurde.
„Ein Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag“ - so lautet ihr Lebensmotto, das sich Wolf bei Charlie Chaplin geborgt hat. Viel zu lachen wird es im Landtag auch nicht geben. Die mögliche Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD verfügt nur über 44 von 88 Sitzen und ist auf Unterstützung der anderen Parteien angewiesen.
Frau Wolf halte ich für eine respektable Politikerin. Doch ihr Wechsel zum BSW bleibt mir ein Rätsel. Bei Wagenknecht steht eine Politik im Vordergrund, Putin den Rücken freizuhalten und die Menschen in der Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen. Auch macht Frau Wagenknecht extreme politische Stimmung und spaltet unsere Gesellschaft. In der Linken hingegen gibt es neben den in allen Parteien und Organisationen anzutreffenden "Na-Ja-Leuten" viele anständige und engagierte Politiker*innen. Zudem war und ist Herr Ramelow ein guter linker Ministerpräsident. Hoffentlich hält es Frau Wolf nicht lange unter Frau Wagenknecht aus!
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