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Analyse: Rente gut, alles gut?

Analyse

Rente gut, alles gut?

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    Rentner sind eine wichtige Wählergruppe für die Parteien. Auch deshalb will die Koalition die Zukunft der Rente unbedingt vor der Wahl klären.
    Rentner sind eine wichtige Wählergruppe für die Parteien. Auch deshalb will die Koalition die Zukunft der Rente unbedingt vor der Wahl klären. Foto: Jenny Sturm/fotolia

    Die Stimmung im Lande war eindeutig. Im Oktober 2013, einen Monat nach der Bundestagswahl, waren 61 Prozent aller Deutschen davon überzeugt, dass einzig eine Große Koalition in der Lage sei, die großen Probleme in Deutschland zu lösen. Unter den Anhängern von CDU und CSU vertraten satte 76 Prozent diese These, auch 67 Prozent der SPD-Wähler stimmten ihr zu – und sogar 44 Prozent der Grünen-Sympathisanten.

    Doch in ihrer bisher dreijährigen Regierungszeit sind Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel immer wieder den Beweis schuldig geblieben, dass tatsächlich nur eine Große Koalition die großen Probleme des Landes lösen kann. Immer wieder verloren sich Union und SPD im Klein-Klein der Tagespolitik und blockierten sich gegenseitig, sodass Linken-Chef Bernd Riexinger schon einmal lästerte, Große Koalition bedeute „halbe Lösungen für große Probleme“.

    Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode allerdings scheinen es die Koalitionäre all ihren Kritikern noch einmal zeigen zu wollen. Gerade erst haben Bund und Länder in einem Kraftakt das jahrelange Gezerre um die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beendet und sich auf eine bis 2030 geltende Reform des Länderfinanzausgleichs geeinigt. Nun stehen CDU, CSU und SPD auch vor einem Durchbruch bei einem weiteren Großprojekt: der Rentenreform. Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) ist dabei, in enger Abstimmung mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie den Sozialpartnern ein konsensfähiges Konzept zu entwickeln.

    Merkel will Handlungsfähigkeit demonstrieren

    Für Bundeskanzlerin Angela Merkel geht es dabei um zweierlei. Zum einen will sie demonstrativ beweisen, dass ihre Regierung handlungs- und entscheidungsfähig ist. Zum anderen will sie das heikle und brisante Thema Rente aus dem Wahlkampf heraushalten. Sie dringt daher auf eine rasche Einigung, um das Gesetzgebungsverfahren möglichst schnell in Gang zu setzen. Sie profitiert dabei auch von der anhaltend guten Konjunktur. Wegen der hohen Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten kann der Beitrag zur

    Vom Tisch ist die SPD-Forderung, die Besserverdienenden durch eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze stärker zu belasten. Das hätte zwar kurzfristig zu mehr Einnahmen geführt, langfristig aber auch deutlich höhere Ausgaben zur Folge gehabt – eine Milchmädchenrechnung. Und auch die einst von Ursula von der Leyen konzipierte Lebensleistungsrente für Geringverdiener, die über dem Niveau der Grundsicherung liegen soll, wird es dem Vernehmen nach nicht geben.

    Stattdessen setzen Union und SPD auf die Stärkung der dritten Säule der Alterssicherung neben der gesetzlichen Rente und der privaten Vorsorge: die Betriebsrente. Schäuble ist bereit, tief in die Kasse des Bundes zu greifen und vor allem Geringverdiener kräftig zu fördern. Damit, so hofft die Regierung, kommen viele der bisher 13 Millionen Arbeitnehmer ohne Betriebsrente in den Genuss einer zusätzlichen Alterssicherung. Zudem planen die Koalitionäre Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente.

    Das ist alles gut, richtig und wichtig. Das entscheidende Problem der Rente aber bleibt weiter ungelöst. Wie geht es nach 2030 weiter, wenn weniger Beitragszahler als bisher für deutlich mehr Rentner aufkommen müssen? Weil weder der Beitragssatz über 22 Prozent steigen, noch das Rentenniveau unter 45 Prozent sinken darf und gleichzeitig der Bundeszuschuss nicht ins Unermessliche steigen soll, bleibt nur eine einzige Stellschraube übrig – die Verlängerung der Lebensarbeitszeit.

    Eine Anpassung an die deutlich gestiegene Lebenserwartung bei gleichzeitiger Verbesserung der Leistungen für Erwerbsgeminderte bleibt langfristig unumgänglich. Diesen Schritt aber schafft selbst die Große Koalition nicht. Er ist zu groß für sie. Noch.

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