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Bürgerkrieg im Sudan: Schauplatz der schwersten humanitären Krise weltweit

Afrika

Der Sudan ist Schauplatz der schwersten humanitären Krise weltweit

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    Dieses Foto zeigt einen zerstörten Markt in Omdurman, nahe der sudanesischen Hauptstadt Karthum. Wer im blutigen Bürgerkrieg die Oberhand behält, scheint völlig offen zu sein.
    Dieses Foto zeigt einen zerstörten Markt in Omdurman, nahe der sudanesischen Hauptstadt Karthum. Wer im blutigen Bürgerkrieg die Oberhand behält, scheint völlig offen zu sein. Foto: Mohamed Khidir, XinHua/dpa

    Im Sudan ist zu beobachten, wie zwei Generäle mit ihrer Fehde um die Macht einen Staat mit viel Potenzial in den Abgrund reißen. Seit einem Jahr tobt ein rücksichtsloser Bürgerkrieg zwischen Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und seinem damaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo. Die Folgen des militärischen Konflikts zwischen der Armee und den von Daglo kommandierten Milizen der Rapid Support Forces (RSF) sind dramatisch: Das Chaos mit blutigen Gefechten und Massakern wird zwangsläufig begleitet von einem wirtschaftlichen Absturz des Sudan im Nordosten Afrikas – ein Land, das reich an Rohstoffen wie Öl und Gold ist. 

    „Das Ausmaß der Krise ist extrem: Die größte Vertreibung weltweit, absehbar auch die größte Hungerkrise der Welt, dazu massive Gewalt, auch genozidaler Art“, sagt der Afrika-Experte der Stiftung Wirtschaft und Politik (swp), Gerrit Kurtz, im Gespräch mit unserer Redaktion. In einem krassen Gegensatz zu dieser Einschätzung steht das überschaubare weltweite Interesse an der Situation im Sudan. Wie ist das zu erklären? Kurtz verweist auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. „Zwei Großkonflikte, die aus unterschiedlichen Gründen sehr eng mit Deutschland und Europa verbunden sind. Das verringert die Aufmerksamkeit für den Sudan ganz erheblich.“ 

    Vor einigen Jahren lieferte der Sudan noch hoffnungsvolle Schlagzeilen

    Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass das Land für hoffnungsvolle Schlagzeilen sorgte. Eine mächtige Demokratiebewegung hatte 2019 den korrupten Langzeitherrscher Omar al-Baschir gestürzt. Doch damit wollte sich das Militär nicht abfinden, es putschte 2021 gegen die zivile Regierung. Vor einem Jahr dann überwarfen sich Fattah al-Burhan und Hamdan Daglo – der Krieg begann im April 2023. 

    Die Internationale Organisation für Migration (IOM) liefert im Wochentakt aktuelle Zahlen zu den gewaltigen Fluchtbewegungen in dem ohnehin bitterarmen und geschwächten Land: Demnach sind mittlerweile über elf Millionen der rund 46 Millionen Einwohner auf der Flucht. „Rund drei Millionen davon waren schon vor Beginn des Krieges von Vertreibung betroffen“, fügt Kurtz hinzu. Zwei Millionen Menschen hätten das Land in Richtung anderer Länder wie Südsudan oder den Tschad verlassen – auch dort allerdings ist die Not groß. „Die übrigen, und das ist die große Mehrheit, sind Binnenflüchtlinge.“ 

    Helfer gelangen kaum noch in den Sudan

    Entsprechend düster schildert IOM-Generaldirektorin Amy Pope die Lage: „Der Sudan ist leider auf dem besten Weg, sich zu einer der größten humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte zu entwickeln.“ Hinzu komme, wie Kurtz erläutert, dass es nicht nur schwer sei, in den Sudan zu gelangen, sondern dort auch die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist. Dies behindere Akteure, die humanitäre Hilfe in dem Land leisten, ganz erheblich. 

    Es gibt immer wieder Versuche, das dröhnende Schweigen angesichts dieses Desasters zu durchbrechen. In Paris versuchte eine Hilfskonferenz unter Führung von Frankreich und Deutschland Anfang der Woche zusammen mit weiteren EU-Staaten nicht nur Geld aufzutreiben, um das Elend zu lindern, sondern auch Wege aus der Krise aufzuzeigen. Die Geberländer sagten mehr als zwei Milliarden Euro zu. Deutschland versprach Hilfe in Höhe von 244 Millionen – für den Sudan, aber auch die Nachbarländer Südsudan und Tschad. Die EU will 350 Millionen beisteuern, 138 Millionen kommen aus den USA, 110 Millionen von Frankreich. 

    Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (mit ihrem Amtskollegen Stéphane Séjourné Anfang der Woche bei der Geberkonferenz für den Sudan in Paris.
    Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (mit ihrem Amtskollegen Stéphane Séjourné Anfang der Woche bei der Geberkonferenz für den Sudan in Paris. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Auch wenn die UN von einem weit höheren Finanzbedarf ausgehen: Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte offensichtlich am Montag nicht ganz erfolglos an die Teilnehmer des Treffens appelliert, sich „ein Herz zu nehmen und ihren Beitrag ebenso zu leisten“, um eine „furchtbare Katastrophe“ zu verhindern. Das dürfte nicht untertrieben sein, denn das Nothilfebüro der UN warnte jetzt davor, dass Zehn- oder sogar Hunderttausende Menschen – darunter sehr viele Kinder – in den nächsten Monaten an Unterernährung sterben könnten. Zumal ein Ende des Konflikts nicht absehbar ist.

    „Wer sich militärisch durchsetzt, ist aktuell nicht erkennbar. Nachdem es Ende 2023 so aussah, als sei die Miliz RSF im Aufwind, scheinen in den letzten Wochen die Streitkräfte der Regierung Boden gutzumachen“, sagt Kurtz. Die UN werfen beiden Seiten Kriegsverbrechen vor. Wie viele Opfer die Kämpfe bisher gefordert haben, ist völlig unklar. Sicher ist hingegen, dass die verfeindeten Truppen mit Geld und militärischer Ausrüstung aus dem Ausland unterstützt werden – besonders aktiv sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten. 

    Experte Gerrit Kurtz: Es tauchen immer mehr ausländische Kämpfer auf

    Eine weitere Entwicklung besorgt Experte Kurtz: „Auf beiden Seiten tauchen verstärkt freiwillige Verbände und ausländische Kämpfer auf, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Das würde es erschweren, einen Waffenstillstand im ganzen Land durchzusetzen, falls sich die RSF und die Streitkräfte darauf eines Tages verständigen sollten. Dann würde ein Szenario wie in Syrien drohen.“ 

    Im Prinzip sind sich die Kenner des Landes einig, dass der Konflikt nur eingedämmt werden kann, wenn es nicht nur gelingt, Rüstungsimporte in den Sudan zu blockieren, sondern auch den Export von Gold aus dem Sudan – eine der wichtigsten Quellen zur Finanzierung sowohl der Armee als auch der RSF-Milizen. 

    Die vielen einheimischen Freiwilligennetzwerke stärken

    Parallel zu den Versuchen, Grundzüge einer politischen Lösung des Konflikts auszuarbeiten, müsste zudem möglichst schnell die humanitäre Hilfe verstärkt werden – da sind sich die Geberländer einig. Internationale Hilfsorganisationen haben sich jedoch weitgehend aus dem extrem gefährlichen Land zurückgezogen. Deshalb setzt Kurtz auf die vielen einheimischen Freiwilligennetzwerke im Land. „Was Deutschland weiterhin tun kann, ist ganz unterschiedliche zivilgesellschaftliche Gruppen und Organisationen zu unterstützen, die Ideen für eine politische Nachkriegsordnung haben – und zwar mit Expertise, Plattformen, Seminaren oder Visa.“ 

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