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AfD: Zentralrat der Juden besorgt über antisemitische Tendenzen bei AfD

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Zentralrat der Juden besorgt über antisemitische Tendenzen bei AfD

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    Der Bundesvorsitzende der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, spricht in Berlin.
    Der Bundesvorsitzende der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, spricht in Berlin. Foto: Rainer Jensen (dpa)

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Alternative für Deutschland mit den rechtsextremen Republikanern verglichen. Die AfD sei eine Gruppierung, "die hemmungslos alles demagogisch missbraucht, was man missbrauchen kann", sagte Schäuble dem Berliner Tagesspiegel am Sonntag. Dies erinnere ihn an die Republikaner der 90er Jahre. AfD-Chef Bernd Lucke sprach von niveaulosen Angriffen des Bundesfinanzministers.

    Schäuble sagte, die AfD propagiere Fremdenfeindlichkeit, instrumentalisiere Ausländerkriminalität und verunglimpfe offene Grenzen. "Das ist unfassbar und erinnert mich an die Republikaner, die in den 90er Jahren im Landtag von Baden-Württemberg saßen." Die mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit verschwundenen Republikaner waren unter ihrem damaligen Vorsitzenden Franz Schönhuber 1989 ins Europaparlament eingezogen und waren bis 2001 im baden-württembergischen Landtag, sie sorgten wiederholt mit ausländerfeindlichen Parolen für Aufsehen.

    Schäuble kritisiert eurokritischen Kurs der AfD

    Das sind die Ziele der AfD

    Währung: Die Alternative für Deutschland fordert die Abschaffung des Euros. Stattdessen soll jedes Land wieder eine eigene Währung bekommen. Im Parteiprogramm heißt es: "Die Wiedereinführung der DM darf kein Tabu sein."

    Europa: Die AfD setzt sich für eine Reform der EU ein. Sie fordert vor allem, dass weniger in Brüssel entschieden wird und mehr in Berlin.

    Demokratie: Auch Volksabstimmungen gehören zu den Forderungen der AfD. Die Partei wünscht sich nach eigenen Angaben allgemein mehr direkte Demokratie.

    Finanzen: Die AfD unterstützt den Kurs der Bundesregierung, Schulden abzubauen. Bei den Steuern fordert die Partei vor allem ein verständlicheres System. Sie schreibt in ihren Leitlinien: "Der Bürger muss verstehen können, warum er in welcher Höhe besteuert wird."

    Rente: Die Höhe der Rente solle gesetzlich garantiert werden. Die AfD bezeichnet vor allem die Eurokrise als Gefahr für die Altersvorsorge.

    Bildung: Die AfD wirbt beim Schulsystem für einheitliche Standards in ganz Deutschland. An den Universitäten solle die Rückkehr zu Staatsexamen und zum Diplom möglich sein.

    Energie: Die Energiewende unterstützt die AfD zwar - aber nicht deren Finanzierung. Sie halte es für unfair, Sonnen- und Windenergie über die Strompreise zu fördern. Stattdessen solle das Geld dafür aus den allgemeinen Steuereinnahmen kommen.

    Integration: Die AfD sieht nach eigenen Angaben die Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem als Gefahr. Sie wolle das mit neuen Regeln unterbinden. Ernsthaft politisch verfolgte Menschen hätten aber ein Recht auf Asyl und sollten auch arbeiten dürfen.

    Schäuble ging insbesondere mit dem eurokritischen Kurs der AfD ins Gericht. Die Partei wolle den Menschen einreden, dass es ohne Euro allen besser gehe. "Dass ein Professor der Volkswirtschaft so einen Unsinn behauptet, ist schon eine Zumutung", sagte Schäuble mit Blick auf Parteichef Lucke. Jeder Ökonom wisse, dass es ohne europäische Integration weniger Wohlstand in Deutschland gebe. Er forderte seine Partei zu einer härteren Gangart gegenüber der AfD auf. "Wir müssen uns mit diesen Populisten mit aller Entschiedenheit auseinandersetzen", sagte Schäuble der Zeitung.

    Lucke sagte der Online-Ausgabe des Handelsblatt zu der Schäuble-Attacke, "die niveaulosen Angriffe des Bundesfinanzministers offenbaren seine Hilflosigkeit im Umgang mit einer Partei, die der Bevölkerung gerade gegenüber seiner Politik die Augen öffnet und wachsenden Zuspruch findet." Schäuble habe das Volk "nie aufrichtig darüber informiert, welche Risiken sich mit der deutschen Haftung für europäische Schulden verbergen".

    Zentralrat der Juden besorgt über antisemitische Tendenzen bei AfD

    Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ist besorgt. Grund ist die Alternative für Deutschland.
    Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ist besorgt. Grund ist die Alternative für Deutschland. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Hamburgs früherer Erster Bürgermeister, Ole von Beust, sieht die Anziehungskraft der AfD darin begründet, dass sie "Themen anspricht, wie es die anderen Parteien nicht tun". Wer beispielsweise "europakritisch ist, findet in der Politik kaum noch ein Sprachrohr", sagte der ehemalige CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Ähnlich ergehe es denjenigen, die meinten, der Westen habe im Russland-Ukraine-Konflikt "nicht besonders klug gehandelt". Solche Themen artikuliere die AfD, "ob es mir passt oder nicht".

    Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, zeigte sich besorgt über antisemitische Vorfälle bei der AfD. "Judenhass gehört nicht in die Politik, sondern geächtet. Gerade eine neue Partei wie die AfD wäre gut beraten, sich glaubwürdig an diesen Grundsatz deutscher Politik zu halten", sagte Graumann der Bild am Sonntag.

    Hintergrund sind die Vorwürfe gegen den Brandenburger AfD-Landtagsabgeordneten Jan-Ulrich Weiß, der über seine Facebook-Seite eine antisemitische Karikatur verbreitet haben soll. Der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland will Weiß aus Partei und Fraktion ausschließen, der will jedoch sein Mandat behalten. 

    Der Publizist und ehemalige Zentralrats-Vizepräsident Michel Friedman macht den AfD-Bundesvorsitzenden Bernd Lucke für diese Tendenzen mitverantwortlich. "Lucke scheint blind und taub zu sein, wenn die AfD rechtspopulistisch brüllt. Wenn der Parteichef sich nicht endlich klar und glaubwürdig gegen rechte Tendenzen wehrt, muss er sich genau diese zurechnen lassen."

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