Eine Bastion bekommt Risse. Der ADAC hält die freie Fahrt auf Deutschlands Autobahnen nicht mehr für unumstößlich. Dabei gehörte "die freie Fahrt für freie Bürger" zu den Kernforderungen des Automobilclubs - bis jetzt. Der ADAC sei "nicht mehr grundsätzlich" gegen ein Tempolimit, sagte Präsidiumsmitglied Gerhard Hillebrand.
Debatte um Tempolimit: ADAC will Auswirkungen auf die Sicherheit neu untersuchen
Denn auch bei den 21 Millionen Mitgliedern wird die Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung lebhaft diskutiert. Die Autofahrerlobby ist so gespalten wie die Gesellschaft. Etwa die Hälfte der Deutschen spricht sich dafür aus, die andere dagegen. Zuletzt hatten die Befürworter eines Tempolimits von 130 Kilometern pro Stunde sogar leicht Oberwasser.
Der ADAC schlägt nun eine Untersuchung vor, wie sich die Abschaffung der Vollgaserlaubnis auf die Sicherheit auswirken würde. Untersuchungen von einzelnen Streckenabschnitten zeigen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung die Zahl schwerer Unfalle senkt und dort weniger Menschen sterben.
Oben auf der Bastion verteidigen CDU und CSU den Status Quo auf den Autobahnen. "Es soll bleiben, wie es ist. Pauschale Verbote sind nur da sinnvoll, wo man sie wirklich benötigt", sagte der verkehrspolitische Sprecher Alois Rainer (CSU) unserer Redaktion. Er plädiert für die Einführung mobiler Verkehrsleitsystem an Engstellen, wie zum Beispiel auf der A8 zwischen München und Stuttgart. Bei Bedarf soll das Tempo dort gedrosselt werden können. "In den Stoßzeiten oder wenn eine Nebelwand aufzieht", erklärte der Abgeordnete aus Straubing. Dann könnte zum Beispiel auch Tempo 80 verordnet werden. Dass die Diskussion immer wieder hochkocht ist für Rainer "nichts anderes als gezielte Stimmungsmache gegen das Auto an sich."
FDP und AfD lehnen allgemeines Tempolimit weiterhin ab
Der Bundestag hatte erst im Oktober über das emotionale Thema abgestimmt. Das Ergebnis fiel eindeutig aus. 498 Abgeordnete waren gegen eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit, nur 126 dafür. Innerhalb der Großen Koalition fügte sich die SPD der Bündnisdisziplin und stimmte mit CDU und CSU. Doch eigentlich wollen die Sozialdemokraten das Ende des deutschen Sonderweges, auf den Autobahnen das Gas bis zum Anschlag durchtreten zu dürfen. "Ich bin für ein Tempolimit – es verringert Unfälle und spart jährlich bis zu 2 Millionen Tonnen CO2", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze für ihre Partei. Erst im Dezember hat sich der SPD-Parteitag für die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung ausgesprochen. Die Grünen sind schon lange dafür, genau wie die Gewerkschaft der Polizei.
Die FDP steht hingegen auf dem Standpunkt der Union und hält Verkehrsleitsysteme für die bessere Wahl. Auch die AfD lehnt eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Die deutschen Autohersteller wollen ebenfalls, dass sich an der Freiheit zum Rasen nichts ändert. Auf rund 70 Prozent des Autobahnnetzes ist die Geschwindigkeit freigegeben.
Lesen Sie dazu auch: Ein Autobahn-Anwohner erzählt: "Ab Rosenheim ist Krieg auf der A8"
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.