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Vereinte Nationen: USA stellen Zahlungen ein: WHO stürzt in tiefe Krise

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USA stellen Zahlungen ein: WHO stürzt in tiefe Krise

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    Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), muss um die Finanzierbarkeit von medizinischen Projekten bangen.
    Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), muss um die Finanzierbarkeit von medizinischen Projekten bangen. Foto: Jean-Christophe Bott, dpa

    In der Corona-Pandemie wird es einsam um Dr. Tedros. Zuerst musste der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation die meisten Mitarbeiter seines Genfer Hauptquartiers ins Homeoffice schicken. Lockdown. Seit Mitte März hält Tedros Adhanom Ghebreyesus als einer der wenigen Funktionäre die Stellung. Dann musste sich der 55-Jährige immer lautere Kritik an seinem Kampf gegen die Corona-Krise gefallen lassen. Der frühere Gesundheitsminister und Ex-Außenminister Äthiopiens erhält rassistische Beleidigungen, Morddrohungen. „Das ist mir egal“, beteuert er.

    Jetzt muss sich Tedros einem mächtigen Gegner stellen, der die gesamte WHO zum schlechtesten Zeitpunkt in eine tiefe Krise stürzt: US-Präsident Donald Trump, der selbst die Corona-Krise lange sträflich herunterspielte. Die WHO habe sich im Kampf gegen das Virus „schweres Missmanagement“ erlaubt. Sie habe als Komplize des Ursprungslandes China sogar „die Ausbreitung des Coronavirus“ vertuscht, behauptet Trump. Er kündigte an, die US-Beiträge an die WHO einzufrieren.

    Für die Organisation ist das Einfrieren der US-Beiträge ein harter Schlag

    Das ist ein harter Schlag für die oberste Gesundheitswächterin der Vereinten Nationen. Denn die USA zahlen von allen 194 Mitgliedsländern die größten Beiträge an die WHO. Nach Angaben Trumps überweist Washington pro Jahr zwischen 400 und 500 Millionen US-Dollar. Der Zweijahreshaushalt der WHO 2020 und 2021 beläuft sich auf rund 4,8 Milliarden US-Dollar. „WHO-Chef Tedros wird gezwungen sein, andere Geldgeber zu finden“, betont Gian Luca Burci, Völkerrechtsprofessor in Genf und Ex-Chefjurist der WHO gegenüber dieser Zeitung. „Gerade in der Pandemie braucht sie das Geld.“

    Für die 1948 gegründeten Organisation arbeiten 7000 Menschen

    Die 1948 gegründete Weltgesundheitsorganisation mit Sitz in Genf hat ihren Aktionsradius in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erweitert. Aktuell beschäftigt sie rund 7000 Mitarbeiter in mehr als 150 Ländern, darunter Ärzte und andere medizinische Fachleute.

    Immerhin gab es nach dem Frontalangriff aus Washington schnell rhetorischen Beistand für Tedros und die WHO: von UN-Generalsekretär António Guterres über Multimilliardär und WHO-Großsponsor Bill Gates bis zur deutschen Bundesregierung. „Eine der besten Investitionen im Kampf gegen die Pandemie ist es, die Vereinten Nationen, allen voran die unterfinanzierte Weltgesundheitsorganisation, zu stärken – zum Beispiel bei der Entwicklung und Verteilung von Tests und Impfstoffen. Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen in der Coronakrise nicht“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas am Mittwoch.

    Tatsächlich machte Tedros in den vergangenen Monaten einiges richtig: So warnte die WHO schnell die Mitgliedsländer vor dem völlig unbekannten Coronavirus, sie schickt Experten und medizinische Ausrüstung in stark betroffene Länder – auch nach China. Und sie treibt die Bereitstellung eines Heilmittels und die Entwicklung eines Impfstoffes voran.

    Kritiker sehen beim WHO-Generalsekretär eine ungute Nähe zu China

    Doch leistete sich Tedros immer wieder Fehler. Und seine Nähe zu China gibt zu denken – das Land unterstützte die Wahl von Tedros 2017 zum Chef der Organisation. Noch Ende Januar lobhudelte Tedros: „China setzt derzeit neue Maßstäbe bei der Reaktion auf einen Ausbruch.“ Schon zu diesem Zeitpunkt mehrten sich die Zweifel über Chinas Corona-Politik. Haben die Machthaber in Peking sofort reagiert? Geben sie korrekte Informationen? Selbst John MacKenzie, Berater des WHO-Notfallkomitees zur Pandemie, räumte gegenüber dem britischen Guardian ein, dass die Organisation von den Chinesen „ein wenig getäuscht“ worden sei.

    Auch beharrte China lange auf offenen Grenzen – was Tedros im Prinzip unterstützte. Er betonte Anfang Februar: Es gebe keinen Grund für Maßnahmen, die „unnötigerweise den internationalen Reiseverkehr und Handel beeinträchtigen“. Damit bewegte er sich zwar auf der Linie der internationalen Gesundheitsvorschriften – seine Empfehlung liefert aber jetzt Munition für Trump.

    Der US-Präsident ordnete hingegen Ende Januar einen Einreisestopp für Ausländer an, die sich während 14 Tagen in China aufgehalten hatten. Allerdings zeigte die Maßnahme nicht die gewünschte Wirkung. Der Erlass galt etwa nicht für Menschen, die ihren legalen ständigen Wohnsitz in den USA haben. Laut New York Times gelangten so in den ersten beiden Monaten nach der Verfügung nahezu 40.000 Reisende aus China in die USA.

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