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Ungarn: Viktor Orbán: der Spalter

Ungarn

Viktor Orbán: der Spalter

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    Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Foto: Filip Singer/Archiv dpa
    Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Foto: Filip Singer/Archiv dpa

    Budapest/Augsburg Er stellt sich gerne in eine große Tradition: „In seiner tausendjährigen Geschichte war Ungarn immer das Land der Freiheitskämpfer“, sagte der EU-Kommission sieht Freiheitsrechte in Gefahr und hat gegen Ungarn drei Verfahren wegen Verstößen gegen EU-Recht eingeleitet.

    Der heute 48-jährige Orbán hat sich als junger Mann tatsächlich für die Freiheit eingesetzt. 1988, als noch die Kommunisten regierten, gehörte er zu den Gründern des „Bundes junger Demokraten“ (Fidesz), in einer viel beachteten Rede forderte er den Abzug aller Sowjettruppen und freie Wahlen. 1998, im Alter von 35 Jahren, wurde der Jurist Orbán, der auch einen Studienaufenthalt im britischen Oxford absolviert hat, zum ersten Mal ungarischer Ministerpräsident.

    Er konnte seine Reformversprechen aber nicht einlösen und die Wähler schickten ihn anschließend für acht Jahre in die Opposition. 2010 wurde er dafür umso triumphaler wiedergewählt: Sein Parteienbündnis errang die für Verfassungsänderungen ausreichende Zweidrittelmehrheit im Parlament.

    Dies nutzt Orbán seither radikal aus, um das Land in seinem Sinne umzugestalten. Kritiker unterstellen ihm, damit seinen Einfluss über die laufende Amtszeit hinaus zementieren zu wollen. Ungarn erhielt zum Jahresbeginn eine neue Verfassung, zahllose Gesetze wurden geändert. Schon mit einem der ersten Vorhaben, dem neuen Pressegesetz, hatte Orbán national und international einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Damit hatte er auch Europa in eine heikle Situation gebracht. Orbáns Fidesz-Partei gehört wie CDU und CSU zur Europäischen Volkspartei, der Ungar ist sogar Vizepräsident dieser Vereinigung. Zudem sollte Orbán in der ersten Jahreshälfte 2011 als EU-Ratspräsident amtieren.

    Durch beschwichtigende Zusagen konnte der Ungar damals die Situation entschärfen, und er absolvierte seine Amtszeit ohne Beanstandungen. Doch für die Presse in seinem Land habe sich in Wahrheit nichts gebessert, werfen ihm Kritiker vor.

    Auch jetzt hat Orbán Kompromissbereitschaft bekundet. Vor allem die kritisierte Verschmelzung von Notenbank und staatlicher Finanzaufsicht könne zurückgenommen werden, ließ er wissen. In den kommenden Tagen will er darüber mit der EU-Kommission verhandeln.

    Der Träger des Franz-Josef-Strauß-Preises und heute noch aktive Fußballer beim FC Felcsut nahe Budapest gibt sich trotz der misslichen Lage seines Landes, das kurz vor dem Staatsbankrott steht, als Vorkämpfer für konservative Werte. Er verteidige den „Geist des Christentums und der Familie“, sagt der verheiratete Vater von fünf Kindern. Seine Kritiker nennen das Rechtspopulismus, aber seine Anhänger feiern ihn dafür.

    Orbán spaltet sein Land. Zu Jahresbeginn protestierten Zehntausende gegen den „Viktator“, am Samstag zogen hunderttausend durch Budapest und riefen: „Wir lieben unser Land, wir lieben Viktor“ und „Hände weg von Ungarn“.

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