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USA: Joe Bidens Rückkehr im US-Wahlkampf

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Joe Bidens Rückkehr im US-Wahlkampf

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    Joe Biden will für die Demokraten in den Kampf ums Weiße Haus ziehen. Der 77-Jährige gilt als politisches Mängelexemplar. Doch gerade das verschafft ihm Sympathien.
    Joe Biden will für die Demokraten in den Kampf ums Weiße Haus ziehen. Der 77-Jährige gilt als politisches Mängelexemplar. Doch gerade das verschafft ihm Sympathien. Foto: Chris Carlson, AP, dpa

    Die Dinge drehen sich schnell im US-Wahlkampf. "Wir sind sehr lebendig", ruft Joe Biden seinen Unterstützern zu. Es ist eine Botschaft an alle, die die Kampagne des Ex-Vizepräsidenten schon für tot erklärt haben. "Diese Kampagne hebt ab", jubelt Biden. Nach einer langen Durststrecke hat er Grund zum Überschwang: Plötzlich läuft es für Biden im Vorwahlkampf der Demokraten geschmeidig. Wieder einmal beweist der 77-Jährige, dass er zu Recht als Stehaufmännchen der amerikanischen Politik gilt.

    Es ist erst wenige Wochen her, da tingelte Joe Biden als großer Verlierer durchs Land. Selbst treue Anhänger begannen zu zweifeln, die Umfragen ließen ihn weit abgeschlagen zurück. Dabei hatte Biden doch alles, was ein Präsidentschaftskandidat brauchte: Er war Sicherheitspolitiker im US-Senat, treuer Vizepräsident Barack Obamas und nun als Kandidat der Hoffnungsträger der Demokraten.

    Biden verknüpfte die Tiefschläge in seinem Privatleben, wie den Verlust seines Sohnes Beau vor Jahren durch einen Gehirntumor, mit denen im Wahlkampf. "Ich wäre verdammt, wenn ich einfach zuschaue und mein Land dann auch noch verliere."

    US-Wahlkampf: Joe Biden leistet sich peinliche Patzer

    Doch bei öffentlichen Auftritten und Fernsehdebatten leistete er sich peinliche Verhaspler, Patzer und Aussetzer. Mal verwechselte er Orte, mal seine Frau, mal das Amt, um das er sich bewirbt ("Ich bin demokratischer Bewerber für den US-Senat"). Kritiker spotteten, Biden könne nicht einmal simple Gedanken in Worte fassen und Sätze zu Ende bringen. Während Fans auf ein Wunder hofften, dachten Freunde des ehemaligen Vizepräsidenten bereits über ein würdevolles Ausstiegs-Szenario nach. Nach dem enttäuschenden fünften Platz in New Hampshire, dem vierten in Iowa und dem zweiten in Nevada begann auch seine "Brandschutz-Mauer" aus loyalen schwarzen Wählern in South Carolina zu bröckeln. Der linke Bernie Sanders war bis auf wenige Punkte an ihn herangerückt. Trump gab ihm den Spitznamen "verschlafener Joe".

    Abgeschlagen in den Umfragen, abgebrannt an Wahlkampfressourcen und ausgebrannt an Ideen umgab Biden die Aura des Verlierers. Der als Spitzenreiter gestartete Kandidat galt als erledigt. Und war es auch nach allen Regeln amerikanischer Wahlkämpfe.

    Dann kam das "Wunder vom Super-Dienstag", das mit einem unerwartet deutlichen Wahlsieg drei Tage vorher in South Carolina begann. Es sah so aus, als hätte die offizielle Unterstützung durch Bidens alten Weggefährten James Clyburn, dem ersten schwarzen Abgeordneten South Carolinas, einen Schalter umgelegt und die wachsenden Bedenken unter den Afroamerikanern über Nacht zerstreut. Mithilfe der schwarzen Wählerschaft trat Biden am Super-Dienstag einen Siegeszug durch den Süden an. Für viele von ihnen bedient er die Sehnsucht nach den Jahren unter dem ersten schwarzen Präsidenten Barack Obama, dessen Vize Biden war. Kurz nach South Carolina stiegen wichtige Konkurrenten aus dem moderaten Lager aus dem Rennen aus: der Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg und die Senatorin Amy Klobuchar. Sie riefen ihre Anhänger auf, zu Biden überzulaufen. Das gab ihm ungeahnten Schwung. Doch die beste Erklärung für die "Joementum" genannte Schubumkehr war die nackte Panik der Demokraten, mit dem linken Kandidaten Bernie Sanders an der Spitze die Wiederwahl Donald Trumps zu riskieren.

    Joe Biden ist wieder der Hoffnungsträger der Demokraten

    Plötzlich ist der neue Hoffnungsträger der Demokraten wieder der alte. Tatsächlich geben sich auf Bidens Lebensweg Niederlagen und Erfolge in schöner Regelmäßigkeit die Hand. Geboren in Scranton, Pennsylvania, als Sohn eines Autoverkäufers und einer Hausfrau, schafft er als erster in der Familie den Weg an die Universität. Eine ganz und gar unwahrscheinliche Entwicklung für Joe, den Lehrer und Mitschüler hänselten, weil er keinen Satz zu Ende bringen konnte. Biden kämpfte sich mit Willensstärke durch, studierte Recht in Syracuse und fing danach in einer Kanzlei in Willmington Delaware an.

    Aus Joe, dem Stotterer, entwickelte sich ein begabter Redner. Die örtlichen Demokraten entdeckten das Talent des jungen Mannes und überredeten ihn, für den Senat anzutreten. Der damals 29-Jährige holte einen Rückstand von 30 Prozent auf und zog am Wahltag hauchdünn an seinem republikanischen Konkurrenten vorbei. Ein Triumph, den Biden nicht lange genießen konnte. Kurz vor Weihnachten kamen seine Frau Neilia und Baby Naomi bei einem Autounfall ums Leben. Seine beiden Buben, Beau und Hunter, überlebten das Unglück schwer verletzt. Mit zäher Entschlossenheit versuchte der neue Senator, seine Aufgabe am Kapitolhügel mit der des alleinerziehenden Vaters zu vereinen. Fünf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, heiratete er die Lehrerin Jill Jacobs.

    Biden war unter Obama acht Jahre lang der Vizepräsident

    Danach ging es für den Jung-Star der Demokraten steil bergauf. Eine Karriere, die 1987 in seinem ersten Anlauf für das Weiße Haus mündete. Der große Rückschlag kam, als die New York Times Biden dabei erwischte, Teile einer Wahlkampfrede abgekupfert zu haben. Peinlich blamiert stieg er aus dem Rennen aus. Kurz darauf erlitt er einen Schlaganfall und schied für sieben Monate aus.

    Obama schließlich machte ihn zu seinem "Running Mate", als Vize, weil er Bidens Ehrlichkeit und Expertise als Sicherheitspolitiker schätzte. Er erwies sich über acht Jahre als treuer Vizepräsident. 2015 schlug erneut eine Tragödie zu. Biden verlor seinen Sohn Beau im Alter von nur 46 Jahren an Krebs. Das traf ihn so sehr, dass er Hillary Clinton den Vortritt für die Nominierung lies. Viele Analysten befanden, damit habe er den Zeitpunkt verpasst, für das Weiße Haus anzutreten.

    Nicht so Biden, der plötzlich seine Bestimmung gefunden hatte. "Für alle, die auf dem Boden liegen, die ausgezählt und zurücklassen wurden – das ist Eure Wahlkampagne", richtete sich der 77-Jährige in der Stunde seines unwahrscheinlichsten Triumphes an seine Landsleute. Bidens stärkstes Pfund gegen Donald Trump ist seine Menschlichkeit. "Onkel Joe" mag nicht mehr der agilste sein, aber er weiß, was es bedeutet, von ganz unten wieder nach ganz oben zu kommen.

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