Alle Beleidigungen zu zählen, die je über Donald Trumps Lippen kamen – es wäre schlicht unmöglich. Meist traf es politische Kontrahenten, oft aber auch Frauen jenseits der Politik. Ein Beispiel: Über die amerikanische Moderatorin Rosie O’Donnell hat er einmal gesagt: „Wir sind alle ein bisschen pummelig, aber Rosie ist schlimmer als die meisten von uns. Aber es ist nicht ihre Pummeligkeit. Rosie ist eine sehr unattraktive Person – von innen und von außen.“ Doch allen Sexismusvorwürfen, allen Beschimpfungen und chauvinistischen Plattitüden zum Trotz: 2016 stimmten viele Frauen für Trump und verhalfen ihm zum Wahlsieg.
Heute, vier Jahre später und kurz vor der Präsidentschaftswahl, wird die Frage, welche Rolle die Frauen wohl spielen werden, wieder heiß diskutiert. „Das ist in der Tat die Eine-Million-Dollar-Frage“, sagt die amerikanische Politikwissenschaftlerin und Autorin Christina Wolbrecht. Sie befasst sich seit Jahren mit dem Wahlverhalten von Frauen – und weiß, dass das mit den Prognosen so eine Sache ist.
Viele hatten geglaubt, dass die große Mehrheit der Frauen Hillary Clinton wählt
2016 etwa, als Hillary Clinton für das Präsidentschaftsamt kandidierte, hätten viele Menschen geglaubt, dass die große Mehrheit der Wählerinnen für Clinton stimmen würde. Schließlich kämpfte erstmals eine Frau um den Job im Oval Office – und ihr Gegenkandidat war eben Donald Trump. „Er war schließlich dafür bekannt, frauenfeindlich zu sein“, sagt Wolbrecht. Die Annahme damals also: Die weitaus überwiegende Mehrheit der Frauen wird Clinton wählen. Und nicht Trump. So klar war der Vorsprung Clintons bei den Wählerinnen eben doch nicht. Von den weißen Frauen wählte 2016 sogar über die Hälfte Donald Trump – trotz weiblicher Gegenkandidatin.
Nun indes scheint die Stimmung zu kippen – vor allen in den Vororten, früher vielerorts fest in republikanischer Hand. Trump weiß das und versucht nun, noch ein bisschen Boden gut zu machen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat Pennsylvania warb er ganz besonders um die Stimmen der Frauen. „Vorstadtfrauen, würdet ihr mich bitte mögen?“, sagte er vor Kurzem bei dem Auftritt in Johnstown. „Ich habe eure verdammte Nachbarschaft gerettet, okay?“ Damit spielte Trump auf die Abschaffung einer Regelung aus der Zeit seines Amtsvorgängers Barack Obama an, die mehr Wohnungen für Geringverdiener in den Vorstädten geschaffen hatte. Offenbar nicht das gewünschte Klientel in solchen Wohngebieten.
Pennsylvania ist einer der sogenannten Swing States, in denen weder die Republikaner noch die Demokraten auf eine klare Mehrheit zählen können. Deshalb wird hier besonders stark um die Gunst der Wähler gerungen.
Joe Biden kommt bei vielen Wählerinnen besser an als Donald Trump
Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden liegt bei den Wählerinnen in Pennsylvania deutlich vorne. Laut einer Umfrage der Monmouth-Universität im Bundesstaat New Jersey von Anfang Oktober würden nur rund 35 Prozent der befragten Frauen für Trump stimmen, 61 Prozent hingegen für Biden. In Florida sieht es der Umfrage zufolge ganz ähnlich aus. 60 Prozent der Frauen sprechen sich für Biden aus, im September war es noch 53.
Dass Biden bei vielen Frauen besser ankommt – liegt das vielleicht auch an Kamala Harris, Bidens charismatischer Kandidatin für die Vizepräsidentschaft? Politikwissenschaftlerin Wolbrecht dämpft derlei Erwartungen. „Man kann nicht sagen, dass Frauen generell Frauen wählen. Wenn man Republikanerin ist und sieht, dass die Demokraten mit einer Frau ins Rennen gehen, dann wird man nicht sagen: Ich teile zwar die Überzeugungen der Republikaner, werde aber die Frau wählen, weil ich selbst eine Frau bin.“ Abgesehen davon würden die Vize-Kandidaten bei der Entscheidung der Wähler ohnehin keine allzu große Rolle spielen, sagt Wolbrecht.
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