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US-Präsident: Ist Donald Trump cleverer, als ihm viele Kritiker zutrauen?

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Ist Donald Trump cleverer, als ihm viele Kritiker zutrauen?

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    Ist US-Präsident Donald Trump doch gerissener, als es ihm viele zutrauen?
    Ist US-Präsident Donald Trump doch gerissener, als es ihm viele zutrauen? Foto: Carolyn Kaster (dpa)

    Herr Professor Rozell, Sie verfolgen seit Jahrzehnten aus nächster Nähe die Arbeit der US-Präsidenten. Ist die Wende beim Klimaschutz ein Zeichen, dass Donald Trump jetzt Ernst macht und seine umstrittene politische Agenda tatsächlich in die Tat umsetzt?

    Mark Rozell: Der Präsident denkt, dass er seiner politischen Basis Loyalität schuldet. Das bedeutet, er versucht, viele seiner Versprechen weiterzuverfolgen, die er im Wahlkampf gemacht hat. Der Rücktritt von internationalen Vereinbarungen war unverkennbar eines seiner Versprechen. So kommt die Ankündigung, dass er die USA aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen will, nicht überraschend. Sie signalisiert, dass er es ernst meint, seine Agenda voranzutreiben.

    Auch Trumps Blockadehaltung auf dem G7-Gipfel hat besonders in Europa große Irritationen und Zweifel an der Verlässlichkeit der USA ausgelöst. Wie bewerten Sie Trumps Auftreten?

    Rozell: Der US-Präsident hat es tatsächlich geschafft, die wichtigsten Verbündeten zu entfremden. Es gab kaum wirkliche Fortschritte bei gemeinsamen Streitfragen. Ein paar Spannungen zwischen den Anführern verbündeter Staaten hat es zwar immer gegeben. Aber es ist mehr als besorgniserregend, wenn internationale Partner, die den USA freundschaftlich verbunden sind, nun andeuten, dass Amerika kein verlässlicher Partner mehr ist.

    Für viele Beobachter hat es den Eindruck, dass sich Donald Trump oft unprofessionell und impulsiv verhält. Was sagen Sie als Politikwissenschaftler: Ist das politische Unerfahrenheit oder vielmehr Kalkül?

    Rozell: Trump wurde Präsident, weil er anders war. Weil er nicht nach den herkömmlichen Regeln des politischen Washingtons spielt. Das ist kalkuliert. Denn er weiß ganz genau: Was Experten als Chaos oder Unprofessionalität interpretieren, ist für seine Anhänger authentisch und erfrischend.

    Ist Trump also cleverer, als ihm viele Kritiker zutrauen?

    Rozell: Ja, das denke ich. Er versteht es, effektiv Leute hinter sich zu bringen, indem er komplett anders ist als der politische Rest. Und das macht er mit voller Absicht so.

    Trump versteht es, Nebenschauplätze aufzutun – etwa wenn er Kritik als „Fake News“ abtut. Meint er das ernst oder will er von anderen Dingen ablenken?

    Rozell: Ablenken ist auf jeden Fall Teil seiner Strategie. Wenn er andere, etwa die Medien, zum Problem macht, manövriert er die Dinge in den Hintergrund, die er nicht imstande ist zu leisten.

    Mark Rozell ist Politikwissenschaftler an der Washingtoner George Mason University. Der 57-jährige hat zahlreiche Bücher über die Arbeit der US-Präsidenten geschrieben.
    Mark Rozell ist Politikwissenschaftler an der Washingtoner George Mason University. Der 57-jährige hat zahlreiche Bücher über die Arbeit der US-Präsidenten geschrieben. Foto: Andreas Schopf

    Viele stellen den bisherigen Regierungsmonaten ein schlechtes Zeugnis aus. Hat Trump bislang zu wenig erreicht oder war die Zeit zu kurz?

    Rozell: Im Wahlkampf hat er versprochen, viele Dinge schnell zu ändern. Er hatte sogar einen 100-Tage-Plan. Umgesetzt hat er davon nichts. Wenn überhaupt, dann nur in Form von Dekreten. Ohne den Kongress kann ein Präsident jedoch keine Politik machen. Trump ist es zumindest gelungen, große Teile der Öffentlichkeit, die sich bislang nicht für Politik interessiert haben, zu mobilisieren. Auch wenn die Nation gespalten ist – immerhin schauen die Leute hin und versuchen, sich zu engagieren.

    Trump hält die Öffentlichkeit vor allem über den Kurznachrichtendienst Twitter auf dem Laufenden. Können Sie seine ersten Monate als Präsident in 140 Zeichen zusammenfassen?

    Rozell: Das ist in dieser Kürze sehr schwierig. Vielleicht ist das Teil des Problems. Aber die Frage trifft den Kern. Wie der Präsident mit der amerikanischen Öffentlichkeit kommuniziert, ist bislang einzigartig: sehr einfach, meinungsgetrieben und ohne viele Details.

    Ist das wirklich neu für einen US-Präsidenten?

    Rozell: Manche haben schon versucht, die Medien zu umgehen. Meistens, indem sie sich in Reden direkt an das Volk gewandt haben. Das Phänomen Twitter ist relativ neu, deshalb kann man es nur schlecht vergleichen. Aber dennoch, eine solche Art, zu kommunizieren, wie es Trump praktiziert, gab es bislang nicht. Ein Präsident sollte die Würde seines Amtes hochhalten, wenn er zur Öffentlichkeit spricht. Davon ist nichts mehr übrig.

    Seine Anhänger feiern Trump nach wie vor. Fast alle würden ihn wieder wählen. Auf der anderen Seite sorgen sich viele vor der Zukunft mit ihm. Woher kommt diese Spaltung in der Gesellschaft?

    Rozell: Trump hat einen einzigartigen Vorteil: Seine Anhänger unterstützen ihn sehr stark und loyal. Wer das nicht versteht, wartet nur darauf, dass sich seine Fans enttäuscht von ihm abwenden, weil er seine Versprechen nicht einlöst. Aber das wird so schnell nicht passieren. Seine Anhänger glauben an ihn. Sie sind überzeugt, dass er irgendwie die Probleme lösen wird. Und sie haben Verständnis, dass es im amerikanischen System schwierig ist, Vorhaben umzusetzen. Außerdem haben sie Trumps Sicht übernommen: Schuld sind immer die anderen.

    Wird Donald Trump mit dieser Taktik durchkommen?

    Rozell: Die Gefahr ist: Er hat große Hoffnung unter Menschen entfacht, die ebenso frustriert wie verletzlich sind. Gerade die werden irgendwann merken, dass er keine Antworten auf ihre Probleme hat. Ich vermute, das wird noch zwei bis drei Jahre dauern. Trump hat viel versprochen. Sogar mehr, als im US-Wahlkampf eh schon an Übertreibung üblich ist. Nach drei Monaten ist das noch kein Problem. Nach drei Jahren wird ihm das zum Verhängnis.

    Aktuelle Infos zu Donald Trump finden Sie auch hier in unserem News-Blog.

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