Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

UN-Migrationspakt: Spahn möchte Migrationspakt notfalls verschieben

UN-Migrationspakt

Spahn möchte Migrationspakt notfalls verschieben

    • |
    Jens Spahn bewirbt sich um den CDU-Vorsitz.
    Jens Spahn bewirbt sich um den CDU-Vorsitz. Foto: Carsten Rehder, dpa

    Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mit der Forderung nach einer Parteitags-Debatte über den UN-Migrationspakt breite Kritik ausgelöst - und nur vereinzelt Zustimmung erhalten. "Die Bundesregierung steht hinter diesem Pakt", betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Ein Sprecher des SPD-geführten Außenministeriums wies auf eine breite Transparenz bei den Verhandlungen zu dem Abkommen innerhalb der

    Spahn, einer der drei aussichtsreichen Kandidaten für die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel an der CDU-Spitze, hatte angesichts internationaler Widerstände eine Debatte über die Vereinbarung auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember verlangt. In der Unionsfraktion sei schon intensiv darüber diskutiert worden, sagte er der Bild am Sonntag. "Das sollten wir genauso offen auf dem CDU-Parteitag tun und das weitere Vorgehen abstimmen. Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet, sonst holt uns das politisch schnell ein. Notfalls unterzeichnen wir eben später."

    Der Pakt, mit dem die Vereinten Nationen erstmals Grundsätze für den Umgang mit Migranten festlegen, soll bei einem Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden. Die USA, Österreich, Ungarn, Australien, Tschechien, Bulgarien und Estland scherten bereits aus. In Deutschland kommt vor allem von der AfD laute Kritik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Pakt wiederholt verteidigt und betont, Sinn sei es, Migrationsdruck zu vermindern.

    Wie Merkel stellte sich auch der französische Präsident Emmanuel Macron hinter die Vereinbarung. Sie sei nicht verpflichtend, aber doch eine wichtige Etappe der internationalen Zusammenarbeit, auch beim Kampf gegen Schleppernetzwerke, sagte Macron bei einem Staatsbesuch in Belgien.

    Mehrere CDU-Politiker wiesen den Vorstoß Spahns, das Dokument notfalls später zu unterschreiben, entschieden zurück. Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl Ende Mai, Katarina Barley, warnte vor Stimmungsmache auch von einigen CDU-Politikern: "Die leiten Wasser auf völlig falsche Mühlen", sagte sie am Montag nach einer SPD-Vorstandssitzung. Es sei falsch, wenn der Eindruck erweckt werde, die Bundesrepublik werde zu etwas verpflichtet. Schon gar nicht gehe es um die Aufnahme bestimmter Flüchtlingskontingente. Auch aus Reihen von FDP und Grünen sowie vom Paritätischen Gesamtverband kam Kritik an den Äußerungen Spahns.

    Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) unterstützte Spahn indes und forderte eine Abstimmung über den Pakt auf dem CDU-Parteitag in Hamburg. Im RBB-Inforadio sagte der Chef der Unions-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, ihm fehle bei dem Vorhaben die Ausgewogenheit: "Ich glaube, insgesamt ist das ein Loblied auf die Migration. Ich will nicht sagen, dass Migration per se etwas Schlechtes ist (...). Aber man darf nicht blauäugig sein und Migration so definieren, dass sie per se etwas Gutes ist."

    Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sagte der Bild-Zeitung: "Die Unterzeichnung des Migrationspakts notfalls zu verschieben, wäre eine doppelte Führungsschwäche, die sich Deutschland nicht erlauben darf." Der Pakt sei auch "ein enorm wichtiger erster Schritt der internationalen Gemeinschaft, Migration zu steuern". Fraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung": "Es gibt keine Veranlassung, etwas an dem vorgesehenen Zeitplan für den UN-Migrationspakt zu ändern."

    Altmaier: "Von populistischen Kräften nicht in Boxhorn jagen lassen"

    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte im ZDF, er sei von Spahns Vorstoß überrascht. In der vorletzten Woche hätten die Unions-Abgeordneten drei Stunden lang über das Thema diskutiert - "es gab eine ganz breite Mehrheit, dass wir uns hier von populistischen Kräften nicht in Boxhorn jagen lassen". Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass sich Spahn bei jener Gelegenheit "in der Weise" geäußert habe wie jetzt. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte der "Rheinischen Post", derzeit werde "zum Teil sehr bewusst Panik erzeugt". Das trage nicht "zur sachlichen Diskussion bei und ärgert mich". Der UN-Migrationspakt sei rechtlich nicht bindend.

    Der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt hatte die Bundesregierung dagegen auf einem Parteitag am Wochenende aufgefordert, den Pakt abzulehnen. Auch der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Entwicklungshilfe, Peter Ramsauer (CSU), will die UN-Vereinbarung nicht mittragen. "Durch das gesamte Dokument zieht sich eine Haltung, Migration als etwas Normales und gar Wünschenswertes anzusehen", sagte er der "Welt". "Das öffnet dem Flüchtlingsstrom nach Europa und nach Deutschland Tür und Tor." Und: "Das Unbehagen wird in unserer Fraktion und der CSU-Landesgruppe auf breiter Front geteilt."

    Der FDP-Politiker Ulrich Lechte kritisierte, die Debatte werde im Kampf um den CDU-Vorsitz instrumentalisiert. Der Migrationspakt sei der erste Meilenstein, um die Rechte von Migranten in allen Ländern der Welt zu stärken. Die Grünen-Politikerin Filiz Polat hielt Spahn vor, er reihe sich bei den Rechtspopulisten ein. Der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock, kritisierte, wer den Migrationspakt jetzt infrage stelle, gieße Wasser auf die Mühlen von AfD und anderen Rechten.

    AfD-Chef Meuthen: "Der Migrationspakt ist toxisch"

    AfD-Chef Jörg Meuthen sagte dagegen der Deutschen Presse-Agentur, wenn es gelinge, dass sich in der Union das Blatt noch wende, sei das ein Erfolg. "Der Migrationspakt ist toxisch." (dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden