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Trump-Rede zur Nation: Der Spalter beschwört die Einheit - und lobt sich selbst

Trump-Rede zur Nation

Der Spalter beschwört die Einheit - und lobt sich selbst

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    US-Präsident Donald Trump geflankt von Vizepräsident Mike Pence und dem Sprecher des Repräsentantenhauses Paul Ryan.
    US-Präsident Donald Trump geflankt von Vizepräsident Mike Pence und dem Sprecher des Repräsentantenhauses Paul Ryan. Foto: Win Mcnamee (dpa)

    Hat sich bei Donald Trump eine wundersame Wandlung vollzogen? Ist er tatsächlich vom Spalter zum Versöhner mutiert? In weiten Teilen seiner bislang ersten Rede zur Lage der Nation gibt sich der US-Präsident, dessen Rhetorik und Politik in den ersten zwölf Amtsmonaten die Gräben in seinem Land dramatisch vertieft haben, jedenfalls große Mühe, als Versöhner der Nation dazustehen.

    "Wir haben unglaubliche Fortschritte gemacht und außerordentliche Erfolge erzielt", ergeht sich Trump gleich zu Beginn seiner Ansprache am Dienstagabend vor dem Kongress in Eigenlob. Seine Steuerreform und seine Deregulierungen hätten einen "neuen amerikanischen Moment" geschaffen - eine Aufbruchstimmung, die alle US-Bürger mitreißen und vereinen soll. Zusammen sollten sie daran arbeiten, ein "sicheres, starkes und stolzes Amerika" zu bauen. 

    Mit viel Pathos beschwört Trump in seiner 80-minütigen und damit ungewöhnlich langen Rede die Einheit der Nation - als trage er selber für das aufgeheizte politische und gesellschaftliche Klima keine Verantwortung. Alle Bürger seien zusammen "ein Team, ein Volk, und eine amerikanische Familie". Und sich selbst stellt er als fürsorgenden Patriarch dar - "Liebe und Loyalität" wolle seine Regierung den Bürgern entgegenbringen.

    Mit seinem Versöhnungspathos zielt Trump auf konkrete politische Projekte ab, die er sich für das zweite Amtsjahr vorgenommen hat. Republikaner und Demokraten sollten "ihre Differenzen beiseite legen", um ein Investitionsprogramm in Höhe von 1,5 Billionen Dollar zur Sanierung der US-Infrastruktur aufzulegen und eine umfassende Einwanderungsreform zu verabschieden.

    Im Ringen um die Immigrationspolitik hat Trump bereits einige Tage zuvor einen Plan vorgelegt. 1,8 Millionen jungen Einwanderern, die als Minderjährige illegal ins Land kamen und die als "Dreamer" (Träumer) bezeichnet werden, will er die Einbürgerung ermöglichen - ein "generöses" Angebot, wie der Präsident findet.

    Doch für die Demokraten ist es ein vergiftetes Geschenk. Denn sie sollen zugleich in die Bereitstellung von 25 Milliarden Dollar für Trumps Grenzmauer zu Mexiko einwilligen - sowie in eine drastische Beschränkung des Familiennachzugs und damit der legalen Einwanderung. Konsens stiftet Trump mit seinem Plan also nicht - Kopfschütteln bricht in den Reihen der Opposition aus, als er ihn vorträgt.

    Seinen Vorschlag zur Legalisierung der "Träumer" trägt Trump auch nicht gerade mit Inbrunst vor. Viel mehr Energie verwendet er auf die von ihm ausgemachten Gefahren durch illegale Einwanderung. Hier kommt wieder der übliche Trump zum Vorschein, der agitierende und aggressive Trump. Die "offenen Grenzen" hätten jahrzehntelang Drogen und Gangs hineingelassen und so den "Verlust vieler unschuldiger Leben" verursacht.

    Mit seinem Versöhnungspathos zielt Trump auf konkrete politische Projekte ab

    Durch diese Verkürzung werden die "Illegalen", die sich von Mexiko aus in die USA durchschlagen, von Trump nach bekanntem Muster unter den Generalverdacht der Kriminalität gestellt. Viel mehr Zeit als auf die "Träumer" verwendet er denn auch auf die brutale lateinamerikanische Jugendgang MS-13, die auch in den USA ihr Unwesen treibt. Zwei Elternpaare, deren Töchter von der Bande ermordet wurden, hat er zu seiner Rede eingeladen - er begrüßt sie vom Rednerpult aus und bekundet im Namen der Nation sein Mitgefühl.

    Die Demokraten wiederum haben mehrere "Dreamer" eingeladen. Viele Oppositionsvertreter tragen während der Rede auch den Schmetterlingsaufkleber -  Symbol der Solidarität mit Einwanderern und des Protests gegen Trump. Um einen neuen Geist der parteiübergreifenden Kooperationsbereitschaft hervorzuzaubern, werden die Appelle des Präsidenten also nicht reichen.

    Die Demokraten wissen auch aus Erfahrung, dass solche Appelle beim Präsidenten nicht unbedingt eine lange Halbwertszeit haben. Denn schon früher hat sich Trump gelegentlich als überparteilicher Konsensstifter gebärdet - um schon kurz danach in die übliche Polemik gegen den politischen Gegner zurückzufallen. (afp)

    Mehr zum Thema: Wo ist eigentlich Melania Trump?

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