Worum geht es bei den Vorwürfen gegen Olaf Scholz bei der Zoll-Spezialeinheit FIU?
Hintergrund: Die Financial Intelligence Unit des Zoll soll Verdachtsmeldungen der Banken über mögliche Geldwäsche und Terrorfinanzierung analysieren und sie an Polizei und Staatsanwaltschaften weiterleiten. Die Einheit gilt seit Jahren als überlastet, nachdem die Verdachtsmeldungen ständig stark steigen. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen zwei Mitarbeiter der FIU in Köln, weil sie Verdachtsmeldungen über eine Millionenüberweisung nach Afrika trotz Terrorfinanzierungsverdacht nicht rechtzeitig weitergegeben haben. Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag das Bundesfinanzministerium und Justizministerium durchsuchen lassen, aber nicht als Beschuldigte, sondern um an Informationen über die Kölner FIU-Zentrale gelangen.
Streit: Armin Laschet sagt, Olaf Scholz werde seiner Finanzaufsichts-Verantwortung nicht gerecht, seine Partei wolle die FIU beim Bundeskriminalamt ansiedeln, weil seine Partei „die Defizite“ kenne. Scholz sagt, er hat die Behörde von seinem Vorgänger übernommen und deutlich aufgestockt, es werde trotz einer Durchsuchung in seinem Haus nicht gegen sein Ministerium ermittelt.
Fakten: Tatsächlich sieht beim Thema FIU nicht nur Olaf Scholz, sondern auch die Union nicht gut aus. Der damalige CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte erst kurz vor der Bundestagswahl 2017 die Zuständigkeit weg vom Bundeskriminalamt zum Zoll geholt und auf 165 Beamt aufgestockt. Schon damals warnte jedoch der Bund deutscher Kriminalbeamter, dass die Behörde personell „völlig unzureichend“ ausgestattet sei und die neue Einheit ihrer Aufgabe, Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, kaum nachkommen könne, weil die keinen Zugriff auf relevante polizeiliche Datenbanken habe,
Scholz hat die Einheit von 165 Beschäftigten nach Angaben des Finanzministeriums auf 469 ausgebaut, sie kann nun auf Daten des Bundeskriminalamts zugreifen. Allerdings kritisierte der Bundesrechnungshof Anfang des Jahres Bund und alle Länder, es gebe „keine wirksame Geldwäscheaufsicht“. Experten gehen davon aus jährlich etwa 100 Milliarden Euro aus krimineller Herkunft in Deutschland gewaschen werden. Faktisch falsch ist die Aussage Laschets, Scholz habe die Fachaufsicht für die Anti-Geldwäsche-Abteilung. Tatsächlich geht es um die Rechtsaufsicht über die zuständigen Behörden.
Hat Olaf Scholz keine Verantwortung für den Wirecard-Skandal übernommen?
Hintergrund: Die inzwischen insolvente Wirecard AG hatte im Sommer 2020 eingestanden, dass in der Bilanz aufgeführte 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen „gewerbsmäßigen Bandenbetrugs“. Die Bundesfinanzaufsicht Bafin ging sowohl unter CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, als auch unter SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz unzähligen Vorwürfen gegen Wirecard nicht nach, sondern zeigte Journalisten, die über den Bilanzfälschungsverdacht berichteten, bei der Justiz an. Im Februar 2019 verbot sie sogar Spekulationen auf fallende Wirecard-Kurse und vertraute auf die – wie man heute weiß – unzureichenden Berichte der Wirtschaftsprüfer.
Streit: Laschet wirft Scholz vor, im Fall Wirecard keine Verantwortung für das Versagen der Finanzaufsicht übernommen zu haben. Scholz sagt, er habe Konsequenzen mit härteren Gesetzen gezogen.
Fakten: Scholz übernahm für Versäumnisse der Bafin lange keine politische Verantwortung. Erst Ende Januar 2021 schasste er Bafin-Chef Felix Hufeld wegen des Wirecard-Skandals. Unter Scholz bekam die Bafin als Konsequenz aus dem Skandal jedoch zusätzliche Befugnisse für die Bilanzkontrolle. Auch die Regeln für Abschlussprüfer wurden verschärft und sie können nun stärker in Haftung genommen werden.
Verschweigt Olaf Scholz seine Rolle in der Cum-Ex-Affäre in der Warburg-Bank-Affäre?
Hintergrund: Als früherer Hamburger Bürgermeister steht Olaf Scholz im Verdacht, in der Cum-Ex-Affäre um die Warburg-Bank zugunsten der Hamburger Privatbank Einfluss genommen zu haben, dass das Finanzamt 2016 Steuerrückforderungen von 47 Millionen Euro verjähren ließ. Scholz traf zuvor die beiden Bank-Eigentümer Christian Olearius und Max Warburg. Tatsächlich forderte das Finanzamt das Geld anders als zunächst angekündigt wenig später doch nicht zurück. Erst als der Bundesgerichtshof in einem Urteil die entsprechenden Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung wertete, musste die Warburg-Bank doch insgesamt 176 Millionen Euro zurückzahlen.
Streit: Annalena Baerbock wirft Olaf Scholz vor, Protokolle des Finanzausschuss über seine Rolle in der Warburg-Bank-Affäre nicht veröffentlichen zu wollen.
Fakten: Oppositionspolitiker im Bundestags-Finanzausschusses fordern das Protokolls einer Befragung von Olaf Scholz zum Cum-Ex-Skandal vom Juli 2020. Das Finanzministerium erklärte, die Veröffentlichung müsse aus rechtlichen Gründen erst von mehreren Abteilungen geprüft werden. Die Opposition wirft Scholz vor, die Veröffentlichung des für ihn unangenehmen Protokolls damit bis nach der Wahl hinauszögern zu wollen.
Hat die Bundesregierung die Digitalisierung besonders verschlafen?
Hintergrund: Spätestens seit der Corona-Krise wurde allen klar: die Digitalisierung im Land wurde über Jahre, Jahrzehnte hinweg sträflich vernachlässigt. Und dabei geht es nicht nur um die Technik von morgen, sondern die von heute: Noch immer ist der Handyempfang auf dem Land oftmals schlecht. Um „weiße Flecken“ zu schließen, werden laut Verkehrsministerium bis zu 5000 Standorte für neue Mobilfunkmasten benötigt. Entlang der Bahnstrecken gibt es ebenfalls Nachholbedarf: Vor kurzem haben die Deutsche Bahn und die Telekom angekündigt, das gesamte Streckennetz lückenlos mit dem Mobilfunknetz der Telekom zu versorgen - bis Ende 2026. Im Koalitionsvertrag von 2018 steht zudem: „Unser Ziel lautet: Glasfaser in jeder Region und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus.“
Streit: Annalena Baerbock wirf Union und SPD vor, das Thema Digitalisierung vernachlässigt statt zur „Chefsache“ gemacht zu haben. Die Grüne nannte hier Spanien als Beispiel. Sie betonte, dass es dort der Staat die Verantwortung übernommen hat und sich um das Ziel flächendeckender Glasfaserausbau kümmert.
Fakten: Experten raten schon längst, dass, ähnlich wie beim Stromanschluss, der Staat Anbieter zu einer Versorgung der Haushalte verpflichten müsse. Tatsächlich belegen Zahlen der OECD, dass der Anteil von Glasfaseranschlüssen an den Breitbandanschlüssen in Spanien dank staatlicher Regulierung bei mehr als 70 Prozent liegt – in Deutschland bei gut 5 Prozent. Bis 2025 soll Spanien eine Glasfaser-Abdeckung von 100 Prozent erhalten. Allerdings kritisieren Experten, dass bislang auch dort der ländliche Raum vernachlässigt wird.
Wer blockiert den Ausbau den Erneuerbaren Energien fürs Klima?
Hintergrund: Für den Klimaschutz muss der Anteil von Erneuerbaren Energien wie Wind- , Solar und Wasserkraft deutlich steigen, der Ausstieg aus der Kohlekraftwerken ist beschlossen. Doch seit vielen Jahren bleibt der Ausbau hinter den Zielen zurück.
Streit: Unionskanzlerkandidat Armin Laschet und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz haben beim Triell scharf über den Klimaschutz gestritten. Sie warfen sich gegenseitig bei wichtigen Fragen eine Blockade vor. Scholz betonte, die Union habe lange bestritten, dass für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft mehr Strom nötig sei.
Fakten: Tatsächlich drängen Wirtschaftsverbände schon lange darauf, die erneuerbaren Energien schneller auszubauen, weil der Strombedarf in Deutschland steigt. Erst Recht, wenn das Land zunehmend auf Elektromobilität umsteigen will. Erst in diesem Jahr ließ Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine neue Studie anfertigen, die dann genau das belegte, was längst angemahnt wird. Demnach liegt 2030 der Stromverbrauch zwischen 645 und 665 Terawattstunden. Vorher ging die Bundesregierung von einem Stromverbrauch in Höhe von 580 Terawattstunden 2030 aus. Doch Deutschland steigt bis Ende 2022 aus der Atomkraft aus und bis spätestens 2038 Schritt für Schritt aus der Kohle - woher soll der Strom kommen? Die Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie müssten erhöht werden, sagte Altmaier damals - wie genau, sagte er nicht.
Die Erneuerbaren kommen nur langsam voran. Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren und viele Klagen vor allem aus Artenschutzgründen aber bremsen den Ausbau. Gerade das letzte Problem zeigt, dass der Vorwurf keineswegs nur der Union gemacht werden kann, sondern auch die Grünen in der Frage gespalten sind. Trotzdem drängt die Zeit. Bayern kann seinen eigenen, stetig steigenden Energiebedarf längst nicht mehr durch Eigenproduktion decken und muss Strom importieren. Wenn Ende dieses Jahres der Atommeiler Gundremmingen im schwäbischen Landkreis Günzburg vom Netz geht und ein Jahr später der letzte noch verbliebene Reaktor mit Isar 2 unweit von Landshut, dann dürfte ab Anfang 2023 die bayerische Energiebilanz noch defizitärer ausfallen.