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Transaktionssteuer: Frankreich legt Börsensteuer auf Eis - und stellt sich damit gegen Deutschland

Transaktionssteuer

Frankreich legt Börsensteuer auf Eis - und stellt sich damit gegen Deutschland

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    Nach dem Brexit könnte London für Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen an Reiz verlieren. Paris und Frankfurt buhlen bereits um sie. Eine Börsensteuer würde dabei stören.
    Nach dem Brexit könnte London für Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen an Reiz verlieren. Paris und Frankfurt buhlen bereits um sie. Eine Börsensteuer würde dabei stören. Foto: Will Oliver, dpa

    Sie gilt als politische Wunderwaffe – nur eingesetzt wird sie nicht. Seit die Finanzkrise vor neun Jahren die Welt erschüttert hat, wird die Einführung der so genannten Transaktionssteuer diskutiert, eine Art Umsatzsteuer auf alle Börsengeschäfte, die die Spekulation im Hochgeschwindigkeitshandel bremsen und den Staaten Milliarden einspielen soll. So weit die Theorie, in der ein Teil der Einnahmen in den Kampf gegen Hunger und Armut fließt und der andere in die Stabilisierung des Bankensystems (Mehr darüber, was sich die Nationen von der Börsensteuer erhofften, lesen Sie hier.). In der Praxis hat der neue französische Präsident Emmanuel Macron die Steuer gerade spektakulär auf Eis gelegt. Ob sie jemals wieder aufgetaut wird, ist unklar.

    Ausgerechnet der Mann, in den Europa so große Hoffnungen setzt, stellt sich damit in einer wichtigen politischen Frage gegen ein knappes Dutzend anderer europäischer Länder, darunter auch Deutschland, wo Union und SPD die Transaktionssteuer auf Betreiben der Genossen sogar in ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben. Wer große Risiken eingehe, heißt es da, müsse auch die Haftung unternehmen: „Die Einführung einer Finanzmarkt-Transaktionssteuer auf europäischer Ebene stärkt die Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise.“

    Treiben Macron egoistische Motive an?

    Elf Mitgliedsstaaten der EU hatten sich schon 2014 darauf geeinigt, die Steuer gemeinsam in Gesetze zu gießen, dann sprang zunächst das kleine Estland ab, ehe in dieser Woche die französische Regierung um einen Aufschub bat. Offiziell will sie nur abwarten, welche Folgen der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union für die Banken hat. Tatsächlich dürften Macron etwas egoistischere Motive antreiben.

    Wie Frankfurt, Amsterdam und Dublin buhlt auch Paris um britische Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen, die für die Zeit nach dem Brexit einen Standort auf dem Festland suchen. Ein Land mit einer Börsensteuer, so die Logik dahinter, hat in diesem Wettbewerb schlechte Karten, zumal Großbritannien sie auf gar keinen Fall einführen will und Frankreich schon einen kleinen Standortnachteil hat: Seit August 2012 verlangt der Staat dort eine Steuer auf alle Aktienkäufe von französischen Gesellschaften mit einem Börsenwert von mindestens einer Milliarde Euro.

    Schäuble ist ohnehin kein großer Fan der Transaktionssteuer

    Finanzminister Wolfgang Schäuble ist damit fein raus: Er kann offiziell beteuern, die Bundesregierung stehe nach wie vor fest zur Transaktionssteuer, gleichzeitig aber bleibt ihm ein Konflikt mit dem Frankfurter Bankenviertel erspart. Eine solche Steuer, hat die Branche immer wieder gewarnt, könnte auch den Finanzplatz Deutschland erheblich beschädigen, ohne dass die Märkte dadurch stabiler würden. Die geschätzten zwei Milliarden Euro, die die Börsensteuer dem Fiskus jedes Jahr einbringen würde, kann Schäuble angesichts der guten Haushaltslage jedenfalls verschmerzen.

    „Die Situation ist nicht einfacher geworden und der Wunsch nach Ausnahmen wird größer“, hatte der Finanzminister schon Anfang des Jahres betont und die Situation mit einem Schweizer Käse verglichen: „Es muss noch ein bisschen etwas drumherum sein, sonst ist es nur noch ein Loch und kein Schweizer Käse.“ Bisher galten Deutschland, Österreich und Frankreich als harter Kern der Steuer-Befürworter, mit Macrons Absetzbewegung und dem beginnenden Bundestagswahlkampf schmilzt dieser Kern nun weiter zusammen. Sollte es, zum Beispiel, im Herbst eine Koalition aus Union und FDP geben, würde sich in deren Vertrag wohl kaum noch ein Bekenntnis zur Transaktionssteuer finden.

    Schäuble selbst ist ohnehin kein großer Fan von ihr, obwohl sie zeitweise schon als eine Art Allheilmittel gegen die Finanzkrise gehandelt wurde. Dabei ist bis heute nicht geklärt, welche Geschäfte im Falle eines Falles alles besteuert werden sollen und wie hoch.

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