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Tierschutz: Dieses Gesetz soll das Kükentöten beenden

Tierschutz

Dieses Gesetz soll das Kükentöten beenden

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    Rund 45 Millionen männliche Küken werden jedes Jahr getötet, weil sie sich nicht für die Mast eignen.
    Rund 45 Millionen männliche Küken werden jedes Jahr getötet, weil sie sich nicht für die Mast eignen. Foto: Jens Büttner, dpa

    Politik lebt immer auch von der Hoffnung auf bessere Zeiten. "Es wäre schön, wenn es eine europaweite Regelung geben würde", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Mittwoch in Berlin, als sie ihren Gesetzentwurf zur Beendigung des Kükentötens vorstellte. Klöckners Vorgehen hat einen ernsten Hintergrund: In der deutschen Eierproduktion werden rund 45 Millionen Hühnerküken jährlich getötet, weil sie männlichen Geschlechts sind, keine Eier legen können und wirtschaftlich uninteressant sind. Die frisch geschlüpften Vögel werden geschreddert. Ende 2021 soll nach dem Willen der CDU-Politikerin damit Schluss sein. Allerdings nur in Deutschland – nicht aber in der gesamten EU, wie es Tierschützer fordern.

    Es sei "naiv zu glauben", dass sich 27 Mitgliedstaaten unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bis Ende dieses Jahres einigen könnten, "um flächendeckend aus dem Kükentöten auszusteigen", hielt Klöckner den Kritikern entgegen, denen ihr neues Gesetz nicht weit genug reicht. Sie werde das Thema "weiterhin in Europa voranbringen", versprach die Ministerin, denn neben dem Tierschutz gehe es hier natürlich um eine ethische Frage. Es dürfe nicht sein, dass die Tiere nur deshalb sofort nach dem Schlüpfen getötet würden, weil sie das falsche Geschlecht haben.

    Wandern die Betriebe bei erhöhten Produktionskosten ins Ausland ab?

    Klöckner weiß aber auch um die andere Seite der Medaille. Der Markt ist riesig, mit der Eierproduktion lässt sich Geld verdienen. Im vergangenen Jahr futterten und verbrauchten die Deutschen fast 20 Milliarden Eier. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag nach Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums bei 236 Eiern, die zu einem durchschnittlichen Preis von 1,37 Euro (Bodenhaltung) bis 3,34 (biologische Erzeugung) für zehn Eier über die Ladentheke gingen. Die Gewinnmargen zumindest in der Massentierhaltung sind – abhängig von den Futtermittelpreisen – meist gut bis sehr gut. Klöckners Gesetz dürfte die Produktion verteuern. Das wiederum birgt die Gefahr, dass sich Brütereien ins Ausland absetzen könnten.

    Denn Klöckners Gesetz entbindet die Geflügelzüchter nicht davon, das Geschlecht des Kükens bestimmen zu müssen. Mit männlichen Küken können sie weiterhin nichts anfangen. Statt diese nach dem Schlüpfen zu töten, sollen aber Alternativen angewendet werden. Die Ministerin hat hier "mehrere Millionen Euro in die Hand genommen, um internationale Spitzentechnologie" zu entwickeln.

    Das Geschlecht der Küken soll schon im Ei bestimmt werden

    Ziel ist es, die Geschlechtsbestimmung schon im Brutei vorzunehmen. Entweder durch ein endokrinologisches Verfahren, bei dem Flüssigkeit entnommen wird. Oder mittels des spektroskopischen Verfahrens, für das ein spezieller Lichtstrahl ins Ei-Innere geschickt wird. Das Geschlecht soll sich dann durch eine Analyse des reflektierten Lichts bestimmen lassen. Beides klingt kompliziert und ist natürlich teurer, als einem Küken den Hals umzudrehen.

    Die beiden Verfahren führen nicht dazu, dass die männlichen Küken jemals das Stalllicht erblicken. Denn das Bebrüten der Eier wird abgebrochen. Hintergrund ist laut Einschätzung des Landwirtschaftsministeriums, dass die für die Produktion von Eiern gezüchteten Hühnerrassen sich aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Produktqualität weniger für die Erzeugung von Fleisch eignen. Männliche Küken dieser Legerassen werden daher bislang in den meisten Fällen eben nicht aufgezogen, sondern direkt nach dem Schlüpfen getötet. Damit auch die Embryonen die Chance auf ein längeres Leben haben, regt das Ministerium zudem an, die männlichen Küken am Leben zu lassen und sie zur Mast aufzuziehen.

    Gericht: Massentötung männlicher Küken ist ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

    Klöckner setzt darauf, dass die Branche nicht ins Ausland flüchtet. Die Unternehmen hätten "genug Zeit, um ihre Produktion umzustellen", sagte die CDU-Politikerin. Die Ministerin machte außerdem deutlich, dass sie die Branche jetzt auch deshalb in die Pflicht nimmt, weil bestehende Alternativen "nicht so nachdrücklich genutzt worden" seien.

    Im letzten Jahr hatte das Bundesverwaltungsgericht die Massentötung von männlichen Küken als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz eingestuft. Klöckner hat dieses Urteil für ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes im Blick gehabt. Dieser sei rechtssicher, sagte sie. In den kommenden Wochen wird sich nun das Parlament mit dem Thema beschäftigen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kükentöten: Ein Gesetz alleine reicht nicht aus

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