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Thüringen: Nach Wahl-Eklat: Thüringen sucht noch den Ausweg

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Nach Wahl-Eklat: Thüringen sucht noch den Ausweg

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    Die schmucke Staatskanzlei in Erfurt ist auch nach der Rücktrittserklärung von FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich nicht verwaist
    Die schmucke Staatskanzlei in Erfurt ist auch nach der Rücktrittserklärung von FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich nicht verwaist Foto: Bodo Schackow, dpa

    Auf halber Strecke zwischen seinem Sturz im Landtag und dem Valentinstag und inmitten einer veritablen Regierungskrise hat Thüringens Ex-Ministerpräsident auf Twitter seiner Ehefrau eine öffentliche Liebeserklärung gemacht. „Hallo Schatz, ich liebe Dich und danke Dir von ganzem Herzen, dass Du mir den Rücken frei hältst!“, schrieb der fleißige Twitter-Nutzer Bodo Ramelow (Linke) bei dem Kurznachrichtendienst. Seinem Tweet heftete der 63-Jährige ein Foto an, auf dem seine in Italien geborene Ehefrau Germana Alberti vom Hofe und ihr gemeinsamer Hund Attila zu sehen sind. Selbst Attila, ein Jack-Russell-Terrier, leide unter der derzeitigen Situation, schrieb Ramelow weiter. Den Tweet beendete er mit der Prophezeiung „Alles wird gut – Baci“. „Baci“ ist Italienisch für „Küsse“.

    Linke, SPD und Grüne fordern einen Neustart in Thüringen

    In diesen turbulenten Tagen, in denen es darum geht, wer künftig Hausherr in der Erfurter Staatskanzlei sein soll, ist diese Nettigkeit nur Nebensache. Im Landtag und den Parteizentralen geht es um knallharte Politik. Die Parteien sortieren sich noch und stehen vor der Grundsatzfrage, einen zweiten Versuch für eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung – geduldet von Union und FDP – starten oder gleich auf Neuwahlen zuzusteuern.

    Linke, SPD und Grüne dringen nach dem Debakel im Landtag mit der sensationellen Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten auf einen Neustart. Der Liberale hatte nur eine Mehrheit bekommen, weil die AfD geschlossen für ihn stimmte. Die Vertreter von Rot-Rot-Grün wollen jetzt nochmals mit der CDU über einen Ausweg sprechen. Geplant sei ein Treffen am 17. Februar, sagte Thüringens SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee. Es gehe darum, „die schwierige Situation, die wir jetzt in Thüringen haben, so schnell wie möglich in stabile Verhältnisse zu überführen“. Der Vize-Chef der Thüringer Linken, Steffen Dittes, sagte, dass es auch an die FDP ein Gesprächsangebot gebe. Deren Landeschef Kemmerich hatte am Samstag seinen Rücktritt als Ministerpräsident mit sofortiger Wirkung erklärt. Laut Thüringer Verfassung bleibt er geschäftsführend im Amt, bis ein Nachfolger gewählt ist.

    Bodo Ramelow will wieder Ministerpräsident von Thüringen werden

    Ginge es nach Bodo Ramelow, hieße der neue Ministerpräsident wieder Bodo Ramelow. „Ich bin staatspolitisch bereit, die Verantwortung zu übernehmen, und ich strecke die Hände aus in Richtung CDU und FDP“, sagte er. Ramelow kann bisher weder mit den Stimmen aus der CDU noch der FDP rechnen – sie schließen eine aktive Wahl des Linken-Politikers aus. Dessen einzige Chance wäre, dass die Abgeordneten beider Parteien mit einer Enthaltung seine Wahl zum Ministerpräsidenten nicht verhindern.

    Allerdings muss sich auch die Thüringer CDU erst neu ordnen. Deren Landes- und Fraktionschef Mike Mohring will die Mitglieder in die Debatte einbinden und schlägt eine große Basiskonferenz vor. „Das gibt jedem Mitglied unseres Landesverbandes die Möglichkeit, sich auch unabhängig unserer Gremien ganz persönlich mit ihrer/seiner Meinung einzubringen“, schrieb Mohring auf Twitter. Er steht selbst unter großem Druck und hat bereits angekündigt, im Mai nicht wieder als Vorsitzender der Landtagsfraktion zu kandidieren. Für die CDU geht es in der Debatte auch um den Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit sowohl mit Linken als auch AfD verbietet. Thüringens CDU-Generalsekretär Raymond Walk stellt das infrage. Der Beschluss zwänge die CDU in „eine Zwangsjacke“ und in „einen Schraubstock“, sagte er.

    Die FDP sieht sich unterdessen einer Welle von Anfeindungen wegen der Kemmerich-Wahl gegenüber. Das reicht von massiver Störung von Veranstaltungen, Zerstörung von Plakaten bis hin zu einer Art Fahndungsfoto des amtierenden Ministerpräsidenten in einem Thüringer Supermarkt. Auch Kemmerichs Frau und Kinder waren schon Ziel von Attacken. (dpa, AZ)

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Es geht in Thüringen auch ohne Bodo Ramelow

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