Gabriel sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Wenn die Schweiz bereit wäre, die Schlupflöcher zu schließen und die Möglichkeiten zur Steuerflucht in der Zeit bis zum Inkrafttreten des Abkommens zu verhindern, kann die Zustimmung der SPD erreicht werden." Solange die Schweiz "aber auch nach Unterzeichnung eines Abkommens noch viele Monate den Straftäter helfen will, ihr Schwarzgeld beiseite zu schaffen, wird die SPD diesem Scheinabkommen (im Bundesrat) nicht zustimmen", sagte Gabriel.
Der SPD-Vorsitzende warf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, die Angelegenheit nicht ernsthaft genug angegangen zu sein. "Das Ganze ist bislang kein Abkommen zur Bekämpfung der Steuerflucht, sondern vor allem ein Persilschein für die Schweizer Banken, die damit Schwarzgeld weiß waschen wollen." Im Übrigen sei es nur dem Widerstand der SPD zu verdanken, dass Schäuble die erste, viel schwächere Form des Abkommens nachgebessert habe.
Gabriel äußerte erneut Zweifel an den Erwartungen Schäubles, das Abkommen könne zehn Milliarden Euro in die deutschen Staatskassen spülen. "Was Herr Schäuble bislang ausgehandelt hat, ist nicht der Spatz in der Hand, sondern höchstens ein Floh, den er den Ländern ins Ohr setzen will. Die angeblichen zehn Milliarden Euro werden nie kommen, sondern sich bis 2013 in Luft auflösen."
Bern besteht offenbar darauf, das Abkommen jetzt zu unterzeichnen und erst zum 1. Januar 2013 in Kraft treten zu lassen. Dies würde nach Ansicht Gabriels Steuerhinterziehern in Zusammenarbeit mit den Schweizer Banken zu viel Zeit geben, ihr Schwarzgeld anderswo zu bunkern. Das Abkommen sollte sogar rückwirkend unterzeichnet werden, "um Steuerhinterziehern Möglichkeiten der Flucht zu nehmen", sagte der SPD-Chef. Er verwies in diesem Zusammenhang auf wesentlich schärfere Regelungen zwischen der Schweiz und den USA.
Falls keine Vereinbarung zustande kommen sollte, sollte der Druck auf die Schweiz über die Europäische Union (EU) erhöht werden. Gabriel: "Die EU will ihren Druck auf die Schweiz in den kommenden Monaten erhöhen. Dem darf Deutschland durch wachsweiche Sonderabkommen nicht in den Rücken fallen. Die Schweiz muss sich endlich auch im Finanzsektor europäischen Rechtsstandards anpassen. Denn Steuerhinterziehung ist Kriminalität der Wohlhabenden zu Lasten aller, die das Staatswesen mit ihren Steuern finanzieren."
Gabriel kritisierte, dass nach Inkrafttreten des Abkommens die Steuerfahndung eingeschränkt würde. Dies bedeute, dass Beihilfe zur Steuerhinterziehung insbesondere durch Schweizer Banken nicht mehr geahndet würde. Nach der Abgabenverordnung ist dies mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht.
Gabriel erinnerte daran, dass in den 90er Jahren auch gegen Mitarbeiter deutscher Banken wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgegangen worden sei. Wegen Beihilfe zu schwerer Steuerhinterziehung durch ausländische Banken seien dagegen nur in Einzelfällen Verfahren eröffnet worden. Allerdings zeigten diese Einzelfälle, wie sehr die betroffenen Schweizer Banken vor diesen Verfahren Respekt hätten.
So sei in einem Fall gegen acht Mitarbeiter eines in Deutschland ansässigen Schweizer Kreditinstituts wegen dieses Beihilfe-Delikts ermittelt worden. Gabriel: "Die Bank war daraufhin bereit, die gigantische Summe von 150 Millionen Euro zu zahlen, um das Verfahren zu beenden. Da kann man sich vorstellen, dass Schweizer Banken kein Interesse an einer systematischen Bekämpfung der Steuerhinterziehung haben." Der SPD-Chef schlägt deswegen die Gründung einer Sonderstaatsanwaltschaft vor. (dpa)
Finanzministerium zum Ergänzungsprotokoll
Finanzministerium zum Abkommen
Schweizer Finanzministerium zu Abkommen
Erklärung Schweizerische Bankiervereinigung
Erläuterung durch Schweizer Banken