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SPD-Vorsitz: Gesucht: Ein Retter der Sozialdemokratie

SPD-Vorsitz

Gesucht: Ein Retter der Sozialdemokratie

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    Alles auf Hochglanz, alles auf Erneuerung: die SPD vor dem außerordentlichen Bundesparteitag.
    Alles auf Hochglanz, alles auf Erneuerung: die SPD vor dem außerordentlichen Bundesparteitag. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa (Symbolbild)

    Wer kann die SPD jetzt noch retten? Nach dem Abgang von Andrea Nahles als Partei- und Fraktionschefin beschäftigt keine Frage die Genossen stärker. Ob in den Reihen der Bundestagsfraktion oder im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale in Berlin-Kreuzberg, allen ist klar: Angesichts der Schlappe bei der Europawahl, dem Verlust der früheren Hochburg Bremen und unterirdischer Umfragewerte geht es ums nackte Überleben.

    Fürs Erste führt ein dreiköpfiger Not-Vorstand die Partei. Doch sowohl die beiden Ministerpräsidentinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, als auch der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel haben angekündigt, nicht für den regulären Vorsitz zur Verfügung zu stehen.

    Ganz raus ist Manuela Schwesig nicht

    Manuela Schwesig aber hätten sich viele Genossen auf Dauer an der Spitze vorstellen können. Dass sie sich jetzt in schwierigen Zeiten in den Dienst der Partei stellt, ohne auf die persönliche Karriere zu schielen, steigert ihren Marktwert in der Partei nur noch.

    Wenn sie jetzt ihre Sache im kommissarischen Trio gut macht, heißt es, könne der Druck auf Schwesig, länger in der Verantwortung zu bleiben, so weit steigen, dass sie sich nicht mehr verweigern kann. Als Frau aus dem Osten könne sie die SPD in den neuen Bundesländern wieder auf Kurs bringen. Mit 45 Jahren ist für sie jedenfalls noch alles möglich.

    Hat sich Finanzminister Scholz ins Aus geschossen?

    Dass Olaf Scholz in der Stunde der Not mit Verweis auf seine Auslastung als Bundesfinanzminister eine Übernahme des Parteivorsitzes abgelehnt hat, sorgt bei etlichen Genossen hinter vorgehaltener Hand für erhebliches Murren. Einige Parteifreunde sehen sein Nein als taktisches Manöver: Scholz wolle nur nicht in Verlegenheit geraten, die voraussichtlich schlechten Ergebnisse bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen verantworten zu müssen.

     Innerparteilich ist Scholz, der aus seinen Kanzler-Ambitionen keinen Hehl macht, ohnehin nicht gerade beliebt. Beim Bundesparteitag in Berlin Ende 2017 wurde er mit nur 59,2 Prozent zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Zudem steht Scholz wie kein zweiter Genosse für die Große Koalition, von der ein wachsender Teil der SPD genug hat.

    Stephan Weil nehmen die Genossen dagegen sein Nein zum Parteivorsitz zu diesem Zeitpunkt nicht übel. Der beliebte Ministerpräsident von Niedersachsen gilt seit Jahren als einer der größten Hoffnungsträger seiner Partei, viele wünschen sich den 60-Jährigen als nächsten Kanzlerkandidaten. Sollte die Partei allerdings einen radikalen Linksruck samt Bruch der Großen Koalition anstreben, dürfte Weil dafür kaum die geeignete Galionsfigur sein. In Hannover führt er selbst eine Koalition mit der CDU an.

    Kommt Kevin Kühnert in einer Doppelspitze?

    Den rebellischen Juso-Chef Kevin Kühnert als alleinigen Parteivorsitzenden können sich selbst seine Sympathisanten vom linken SPD-Flügel kaum vorstellen. Doch im Gespräch ist ja nun auch eine Doppelspitze nach dem Vorbild der Grünen. In einem solchen Modell könnte Kühnert durchaus zum Zuge kommen. Denkbar scheint dies allerdings nur bei einem GroKo-Ausstieg der SPD.

    Würde die SPD exakt dem Beispiel der Grünen folgen und eine Doppelspitze aus einer Frau und einem Mann bilden, bräuchte es einen weiblichen Gegenpart für Kühnert. Der leutseligen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hätten viele mittelfristig die Rolle eines Stimmen-magnets an der Parteispitze zugetraut. Doch die ehemalige Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln steht derzeit im Mittelpunkt einer Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit – mit ungewissem Ausgang. Sicher ist hingegen, dass Katarina Barley nach Brüssel geht.

    Außenminister Maas spielt momentan keine Rolle

    Zu einer heimlichen Hoffnung mausert sich in der SPD offenbar die anfangs eher blasse Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Sie habe im Mega-Thema Klimaschutz an Profil gewonnen und den Unionsministern Paroli geboten, heißt es in der Fraktion. Dass das schon für den Sprung an die Parteispitze reicht, gilt als fraglich. Obwohl er ein wichtiges Amt hat, das als Sprungbrett zu noch höheren Weihen gilt, spielt Heiko Maas in der aktuellen Diskussion kaum eine Rolle. Ähnliches gilt für Arbeitsminister Hubertus Heil und Generalsekretär Lars Klingbeil.

    Eine Welle der Begeisterung auszulösen, die die SPD wieder zu alter Größe tragen könnte, dazu scheinen sie kaum in der Lage. Dass es allerdings für populärere Ex-Parteigranden wie Sigmar Gabriel oder Martin Schulz ein Comeback an der Spitze geben könnte, gilt ebenfalls als nahezu ausgeschlossen.

    Einig sind sich die Politiker der SPD derzeit nur in einem Punkt: Ein Fehlgriff bei der Auswahl der nächsten Führung würde ihre 156 Jahre alte Partei ziemlich in die absolute Bedeutungslosigkeit stürzen lassen.

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