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Reparationen: Griechenland fordert Reparationen: Doch muss Deutschland zahlen?

Reparationen

Griechenland fordert Reparationen: Doch muss Deutschland zahlen?

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    Griechenland fordert noch immer Reparationen, als eine Entschädigung für das Unrecht während des Krieges. Deutschland sieht Griechenlands Ansprüche verwirkt.
    Griechenland fordert noch immer Reparationen, als eine Entschädigung für das Unrecht während des Krieges. Deutschland sieht Griechenlands Ansprüche verwirkt. Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Der griechische Präsident wusste, wovon er sprach. Karolos Papoulias hatte als junger Partisan noch gegen die Deutschen gekämpft, an diesem Nachmittag im September vergangenen Jahres aber wollte er nicht über das heikle Thema Reparationen reden. „Es gibt vieles, was uns belastet“, sagte der 85-Jährige zu Bundespräsident Joachim Gauck. „Aber es gibt auch Positives, und das wollen wir hervorheben.“ Als er wenig später zurück nach Athen flog, waren die deutsch-griechischen Beziehungen um zwei Projekte reicher: Ein neues Jugendwerk soll gemeinsame Theater- und Musikprojekte genauso bezuschussen wie den Schüleraustausch – und ein Zukunftsfonds mit einer Million Euro im Jahr die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte fördern.

    Griechenland fordert Reparationen für Kriegsschäden

    Zwar hat auch Papoulias die Forderung nach einer Entschädigung für das während des Krieges erlittene Unrecht bis zum Ende seiner Amtszeit vor wenigen Tagen nicht aufgegeben. So fern wie im Moment jedoch waren sich das politische Berlin und das politische Athen lange nicht mehr. „Sie werden die griechischen Schulden nicht durch wie immer zu konstruierende deutsche Verpflichtungen aus dem Zweiten Weltkrieg bezahlt bekommen“, wehrt Finanzminister Wolfgang Schäuble alle Begehrlichkeiten ab – und holt seinerseits zum Rundumschlag gegen Ministerpräsident Alexis Tsipras und seinen Finanzminister Gianis Varoufakis aus. Regelrecht belogen habe die neue griechische Regierung ihr Volk, Absprachen gebrochen und damit „alles Vertrauen zerstört“. Was ist dran an Griechenlands Reparations-Forderungen an Deutschland?

    SPD zeigt Verständnis für Reparations-Forderungen

    Bei allem Ärger über die Provokationen mischt sich in die deutsche Debatte mittlerweile jedoch auch ein Schuss Verständnis für die Forderungen aus Athen – und zwar nicht nur unter den Abgeordneten der Opposition, sondern auch in Teilen der SPD. Gesine Schwan, ihre ehemalige Präsidentschaftskandidatin, plädiert offen für weitere Zahlungen: „Wir sollten auf die Opfer und deren Angehörige finanziell zugehen. Es geht darum, anzuerkennen, dass wir in Griechenland schlimmes Unrecht begangen haben.“ Ähnlich argumentiert Parteivize Ralf Stegner: „Es gibt noch zu lösende völkerrechtliche Fragen.“ CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, sonst von eher zurückhaltendem Naturell, spricht dagegen von einem „billigen Ablenkungsmanöver“ der Griechen. Und fügt scharf hinzu: „Eine Hand, die einen füttert, beißt man nicht.“

    Bundesregierung: Griechenland hat Ansprüche verwirkt

    Aus Sicht der Bundesregierung hat Griechenland mit den Anfang der sechziger Jahre erhaltenen 115 Millionen D-Mark und der Anerkennung des Zwei-plus-vier-Vertrages über die Neuordnung Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhanges alle Ansprüche verwirkt. Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag haben diese Sicht im Prinzip bestätigt. Die Frage der Reparationen sei „politisch und juristisch abgeschlossen“, sagt der SPD-Mann Michael Roth, der sich als Staatsminister im Auswärtigen Amt auch um die deutsch-griechischen Beziehungen kümmert.

    Deutschland steht in der Verantwortung

    Mit dem Zukunftsfonds, dem Jugendwerk und der Unterstützung für jüdische Gemeinden in Griechenland zeige Deutschland jedoch, dass es weiter zu seiner Schuld und seiner Verantwortung stehe. Anton Hofreiter wiederum, der Fraktionschef der Grünen, plädiert für „eine gütliche Lösung“ zwischen Berlin und Athen. Deutschland könne die Forderungen, die mal mit fünf Milliarden, mal mit mehr als 300 Milliarden Euro beziffert werden, „nicht einfach vom Tisch wischen“.

    Der neue griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos pocht unter anderem auf die Rückzahlung einer Zwangsanleihe über 476 Millionen Reichsmark aus dem Jahr 1942, die nach griechischen Berechnungen heute etwa elf Milliarden Euro wert sein soll. Würde die Bundesregierung sich auf solche Nachverhandlungen einlassen, würde sie nach Einschätzung des Münchner Historikers Hans Günter Hockerts einen teuren Präzedenzfall schaffen. „Schließlich waren rund 60 Staaten Kriegsgegner des Deutschen Reiches“, betont Hockerts in der Welt. Wenn Berlin auch nur einen solchen Anspruch anerkenne, „kann eine Kettenreaktion in Gang kommen“.

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