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Recht auf Asyl: Blüm über Merz: "Spiel mit der Flüchtlingspolitik halte ich für dumm"

Recht auf Asyl

Blüm über Merz: "Spiel mit der Flüchtlingspolitik halte ich für dumm"

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    Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm.
    Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm. Foto: Oliver Berg, dpa

    Der Kampf um den CDU-Vorsitz wird immer mehr zu einem Konflikt um die Flüchtlingspolitik. Mit seinem Vorschlag, das deutsche Asylrecht kritisch zu überprüfen, grenzt sich der frühere Fraktionschef Friedrich Merz deutlich von seinen Kontrahenten Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn ab.

    Beide wiesen seine Kritik, die Bundesrepublik habe als einziges Land der Welt ein individuelles Recht auf Asyl in ihrer Verfassung verankert, am Donnerstag scharf zurück. "Die Abschaffung des Grundrechts auf

    Merz: "Stelle Grundrecht auf Asyl nicht in Frage"

    Bei einer CDU-Veranstaltung in Thüringen hatte Merz gesagt, er sei schon lange der Meinung, "dass wir bereit sein müssten, über dieses Asylgrundrecht offen zu reden, ob es in dieser Form fortbestehen kann, wenn wir ernsthaft eine europäische Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik wollen". Später bemühte er sich, die parteiübergreifende Aufregung über seinem Vorstoß zu dämpfen. "Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht in Frage", betonte er.

    Angesichts einer Anerkennungsquote bei den Asylanträgen von deutlich weniger als zehn Prozent sei es jedoch erforderlich, "dass wir uns mit der Frage beschäftigen, wie das Grundrecht auf Asyl und ein europäischer Lösungsansatz gemeinsam wirken können".

    Das Grundrecht auf Asyl in Deutschland

    In Deutschland ist das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert. Festgelegt ist dies in Artikel 16a. Dort heißt es in Absatz eins: «Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.» Tatsächlich wird das Asylrecht in der Bundesrepublik damit - anders als in vielen anderen Staaten - nicht allein aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention gewährt, sondern hat Verfassungsrang.

    Mit dem sogenannten Asylkompromiss von 1993 wurde dieses Grundrecht allerdings deutlich eingeschränkt. Unter dem Eindruck stark gestiegener Asylbewerberzahlen vor allem aus dem damaligen Jugoslawien setzten Union, FDP und SPD damals eine Grundgesetzänderung durch. Eine Folge: Wer über einen sicheren Drittstaat einreist, konnte sich seither nicht mehr auf das Asylgrundrecht berufen.

    In der Praxis bekommen Menschen, die heute vor Krieg und Krisen nach Deutschland fliehen, nur selten eine Asylberechtigung nach Artikel 16a des Grundgesetzes. Die meisten erhalten Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten (subsidiären) Schutz. Das gilt für Menschen, die nicht als politisch verfolgt gelten, aber trotzdem bleiben dürfen, weil ihnen in der Heimat «ernsthafter Schaden» droht - wie Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt.

    Wie Merz argumentiert auch der Bezirksvorsitzende der schwäbischen CSU, der Europaabgeordnete Markus Ferber: Merz stelle ja nicht das Grundrecht auf Asyl infrage, sondern das individuelle Grundrecht, sagte er. "Wenn wir zu einer europäischen Lösung kommen, würde es zum Beispiel bedeuten, dass bei einer Drittstaatenregelung keine individuelle Prüfung mehr stattfinden kann."

    Deutschland sei momentan mit der Hinderungsgrund, zu europäischen Lösungen zu kommen. Nach deutschem Recht kann auch ein abgelehnter Asylbewerber aus einem sicheren Drittland wie Serbien, Bosnien oder Ghana noch gegen einen entsprechenden Bescheid klagen.

    Der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich betonte ebenfalls: "Das individuelle Grundrecht auf Asyl steht nicht zur Disposition." Überdies sei das deutsche Asylrecht bereits europäisch geprägt.

    Blüm: "Wer die AfD kopiert, macht einen großen Fehler"

    Der langjährige CDU-Spitzenpolitiker Norbert Blüm kritisierte den Merz-Vorstoß scharf. "Das Spiel mit der Flüchtlingspolitik halte ich für dumm", sagte Blüm unserer Redaktion. Der 83-Jährige, der unter Helmut Kohl 16 Jahre Bundesarbeitsminister war, warnte seine Partei: "Wer die AfD kopiert, macht einen großen Fehler, denn am Ende profitiert davon immer das Original."

    Der Konstanzer Völkerrechtler Lukas Mitsch betonte gegenüber unserer Redaktion: "Man darf auch nicht vergessen, dass das Asylgrundrecht bereits 1993 bis zur Unkenntlichkeit eingeschränkt worden ist und heute daher kaum noch praktische Relevanz besitzt."

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