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Präimplantationsdiagnostik: PID-Gewissensfrage: Wie stimmen unsere Abgeordneten heute ab?

Präimplantationsdiagnostik

PID-Gewissensfrage: Wie stimmen unsere Abgeordneten heute ab?

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    Mikroskopische Aufnahme einer menschliche Eizelle, in die zu Demonstrationszwecken eine Injektionsnadel eingeführt wird. (Archivbild) dpa
    Mikroskopische Aufnahme einer menschliche Eizelle, in die zu Demonstrationszwecken eine Injektionsnadel eingeführt wird. (Archivbild) dpa

    Für begrenzte Zulassung:

    Klaus Breil, FDP,

    „Es ist richtig, dass bei einer so schwer wiegenden Entscheidung eine Beratung notwendig ist und eine ethische Kommission sich damit befasst. Andererseits muss man sehen, was es für die Betroffenen bedeutet, wenn eine genetische Schädigung vorliegt und welch hohes Risiko damit verbunden ist, dass eine Erbkrankheit zu befürchten ist bzw. die Frucht abstirbt. Das sind für mich ganz schwer wiegende Folgen.“

    Gabriele Fograscher, SPD,

    „Der Staat trägt besondere Verantwortung für ungeborenes und geborenes Leben. Dazu gehört auch der Schutz der Frau vor schweren körperlichen und seelischen Belastungen bei Schwangerschaft und die Vermeidung von Spätabbrüchen. Die PID darf nur bei der Veranlagung zu schwerwiegenden Erbkrankheiten bei einem oder beiden Elternteilen oder wenn eine Tot- oder Fehlgeburt sehr wahrscheinlich ist, zulässig sein. Dazu gehört eine verpflichtende Beratung und Aufklärung sowie ein positives Votum einer interdisziplinären Ethik-Kommission.“

    Miriam Gruß, FDP,

    „Die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht, schwerste Gen-Defekte von Embryonen vor der Einpflanzung in die Gebärmutter zu erkennen. Es geht dabei nicht um eugenische Selektion, sondern um die Gesundheit von Mutter und Kind. Im Gegensatz zur PID ist die pränatale Diagnostik (PND), bei der die Untersuchung erst erfolgt, wenn bereits eine Schwangerschaft besteht, in Deutschland erlaubt. Für mich ein absoluter Widerspruch: Der Abbruch einer bereits bestehenden Schwangerschaft ist mit erheblich höheren gesundheitlichen Risiken sowie größeren seelischen und psychischen Belastungen für die Frau verbunden.“

    Agnes Krumwiede, Grüne,

    „Kaum eine Entscheidung ist mir bisher so schwergefallen wie meine Positionierung zu PID. Ich habe mich gedanklich in die Lebenssituation von Frauen mit Kinderwunsch versetzt, die wiederholt das Trauma von Fehl- und Totgeburten erleben mussten. Schließlich habe ich mich dem Gesetzentwurf von René Röspel angeschlossen, welcher PID in den Fällen straffrei stellen möchte, die künstliche Befruchtungen bei hohem genetischen Risiko für Fehl- und Totgeburten betreffen. Bis zum achten Monat ist unter diesen Umständen ein Abbruch möglich, nicht selten wird dabei der Embryo durch eine Giftspritze getötet, die Geburt wird künstlich eingeleitet. Ein traumatisches Erlebnis für die Frau. Nein, keiner hat ein Recht auf ein gesundes Kind. Aber der Staat hat auch nicht das Recht, Frauen die in anderen Ländern legale Möglichkeit zu verbieten, sich im Fall einer genetischen Vorbelastung für PID zu entscheiden.“

    Erwin Lotter, FDP, Augsburg-Land

    „Ich bin für eine Zulassung der PID in engen Grenzen. Voraussetzung ist, dass eine oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit haben bzw. eine Tot- oder Fehlgeburt droht. Hinzu kommt das Votum einer Ethikkommission. Es ist ein Widerspruch, PID zu verbieten, schwangeren Frauen bei einer entsprechenden Diagnose aber eine Abtreibung zu ermöglichen. Ein Verbot negiert das Grundrecht der Eltern auf eigene Entscheidung über die Fortpflanzung. Mit genetischem Design hat PID nichts zu tun. Niemand macht sich eine solche Entscheidung leicht. Die Politik muss den betroffenen Paaren helfen, statt sie zu bestrafen.“

    Stephan Thomae, FDP,

    „Ich werde für den Antrag von Ulrike Flach stimmen. Er erleichtert Eltern, die sich ohne PID gegen eine Familiengründung entscheiden würden, das Ja zum Kind. Der Widerspruch, dass eine PID verboten, aber der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche oder sogar die Spätabtreibung nach einer PND zulässig ist, lässt sich weder rechtlich noch moralisch auflösen. Seit einem Besuch eines Kinderhospizes bin ich der Überzeugung, dass das Recht erblich vorbelasteter Eltern die Entscheidung erleichtern muss, Ja zu einem Kind sagen zu können. Die PID kann das Leid, ein todkrankes Kind beim Sterben begleiten zu müssen, vermeiden.“

    Für ein striktes Verbot:

    Reinhard Brandl, CSU,

    „In der Debatte um die PID sind mir zahlreiche Leidensgeschichten und Schicksale von Frauen und ganzen Familien begegnet, die mit der Anwendung einer PID wahrscheinlich hätten vermieden oder abgemildert werden können. Meine Anforderung an einen menschlichen Sozialstaat ist, dass wir Wege finden, diesen Menschen zu helfen, ohne dabei an anderen Stellen rote Linien des Lebensschutzes zu überschreiten. Die mit einer PID verbundene Auswahl und damit die Entscheidung über Leben bzw. Nichtleben aufgrund von genetischen Eigenschaften eines Embryos ist für mich eine solche rote Linie. Ich werde deswegen für ein Verbot ohne Ausnahmen stimmen.“

    Eva Bulling-Schröter, Linke, Ingolstadt

    „Ich glaube nicht daran, dass die PID nur für ganz wenige, vorher definierte ,schwere Erbkrankheiten‘ zugelassen werden wird. Der gesellschaftliche Druck zur Untersuchung aller gesundheitlichen ,Probleme‘ wird immer weiter zunehmen. Hier würde der Willkür Tür und Tor geöffnet und der Weg hin zu einem ,Retortenmenschen‘ ist vorprogrammiert. Persönlich lehne ich selektierende Praktiken, die nach ,lebenswert‘ und ,lebensunwert‘ unterscheiden, ab. Wir brauchen endlich Hilfestellungen für betroffene Menschen in dieser Gesellschaft und nicht nur ,warme Sprüche‘.“

    Alexander Dobrindt, CSU,

    „Über die Präimplantationsdiagnostik zu entscheiden heißt, über eine hochkomplexe ethische Konfliktlage zu entscheiden. Der Staat steht in einer besonderen Verantwortung für den Schutz des geborenen und ungeborenen Lebens. Aber wer wollte vor den tragischen Schicksalen die Augen verschließen, wenn die Eltern die Veranlagung zu schweren Erbkrankheiten haben? Und wie ließe sich der Wertungswiderspruch auflösen, dass in diesen Fällen zwar keine PID, aber ein Schwangerschaftsabbruch zugelassen wird? Trotzdem kann man heute nicht abschätzen, wohin wir uns begeben, wenn wir jetzt die Tür zur PID aufstoßen. Zum jetzigen Zeitpunkt komme ich deshalb unter Abwägung zum Ergebnis, keiner Lockerung zur Anwendung der PID zuzustimmen.“

    Ulrich Lange, CSU,

    „Die Abstimmung über den künftigen Umgang mit Gentests an künstlich erzeugten Embryonen ist eine große Gewissensentscheidung, die zu treffen für mich zu einem inneren Konflikt führt. Sowohl im Kreise meiner Familie als auch mit Freunden habe ich viele Gespräche geführt. Ich anerkenne die Angst von genetisch vorbelasteten Paaren. Im Mittelpunkt meiner Überlegung steht aber der Schutz des ungeborenen Kindes. Ich sehe die Gefahr, dass die selektive Auswahl durch die PID im Ergebnis zu einer Qualitätskontrolle menschlichen Lebens führen kann. Nach Würdigung aller vorgetragenen Argumente tendiere ich derzeit für ein striktes Verbot der PID.“

    Gerd Müller, CSU,

    „Die Fortschritte der Medizin und der Forschung sind beeindruckend, erfreulich und können so manches Leid lindern. Es gibt jedoch ethische Gründe und Grenzen, die bei der medizinischen Entwicklung berücksichtigt werden müssen. Eine beschränkte Zulassung entspricht für mich einer Entscheidung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben. Diese Entscheidung obliegt jedoch nicht uns Menschen. Bereits mit der Verschmelzung von Eizelle und Samen beginnt das individuell geprägte Leben, dessen Unantastbarkeit respektiert und geschützt werden muss. Aus diesem Grund stimme ich nach gründlicher Abwägung in dieser Woche für ein umfassendes gesetzliches PID-Verbot.“

    Georg Nüßlein, CSU,

    „Gestützt auf die lebensbejahenden Werte unserer vom Christentum geprägten Gesellschaft spreche ich mich für ein Verbot der PID aus. Die Selektion von ,lebenswertem‘ und ,nicht lebenswertem‘ Leben verletzt die Menschenwürdegarantie nach Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Ich befürchte zudem, dass die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil genannten ,schwerwiegenden genetischen Defekte‘ in der Praxis nicht klar definierbar sind, sodass in vielen Fällen Beliebigkeit waltet. Als Alternative sollten wir Erleichterungen im Adoptionsrecht ermöglichen, um den Kinderwunsch betroffener Eltern erfüllen zu können.“

    Eduard Oswald, CSU, Augsburg-Land

    „Persönlich spreche ich mich für ein Verbot der PID aus. Eine Selektion von Embryonen steht uns nicht zu. Mit der PID werden menschliche Embryonen daraufhin untersucht, ob genetische Anlagen zu entdecken sind, in deren Nachweisfall die Embryonen für eine Schwangerschaft verworfen werden. Sie ist zu verbieten, da ansonsten zwischen lebenswertem und vermeintlich nicht mehr lebenswertem Leben unterschieden würde. Damit käme nicht mehr allen Embryonen der gleiche Schutz des Staates zu. Menschen dürfen sich niemals anmaßen, zwischen ,lebenswert‘ und ,nicht lebenswert‘ zu unterscheiden und menschlichem Leben das Lebensrecht abzusprechen.“

    Heinz Paula, SPD, Augsburg

    „Ich werde in der Abstimmung im Bundestag für ein Verbot der PID stimmen. Die Entscheidung darüber, einen gezielt nach bestimmten Kriterien ausgewählten Embryo einzupflanzen, bedeutet: Der Staat oder beauftragte Dritte entscheiden über den Wert von Leben. Damit verliert nach meiner Meinung unsere Gesellschaft an Menschlichkeit. Dieses Grundproblem bleibt bestehen bei allen Regelungen mit dem Ziel einer beschränkten Zulassung der PID. Internationale Erfahrungen zeigen überdies, dass eine Begrenzung auf medizinische Ausnahmefälle auf Dauer nicht möglich ist.“

    Claudia Roth, Grüne, Augsburg

    „Ich setze mich für ein umfassendes Verbot der PID ein, denn ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der der Staat entscheidet, welches Leben lebenswert ist, sondern in einer Gesellschaft, in der die Vielfalt des menschlichen Lebens anerkannt ist. Embryonen dürfen nicht in Abhängigkeit von ihrer Gesundheit selektiert werden. Auch eine Begrenzung der Zulassung auf einzelne Fälle entgeht nicht diesem Grundproblem und ist deshalb ethisch nicht verantwortbar. Ich bin auch sehr besorgt, dass ohne ein umfassendes Verbot eine fatale Dynamik hin zu immer mehr Ausnahmetatbeständen in Gang kommt.“

    Christian Ruck, CSU, Augsburg

    „Die Selektion nach ,lebenswertem‘ und ,nicht lebenswertem‘ Leben verstößt gegen meinen christlichen Glauben, mein ethisches Grundverständnis und zudem gegen unser aller Garantie der Menschenwürde nach Art. 1 des Grundgesetzes. Eine Gesellschaft, die eine solche Einteilung zulässt, verliert ihre Menschlichkeit. Behinderte und Menschen, die mit Behinderten zusammenleben, die mittels PID aussortiert worden wären, empfinden dieses Verfahren als  Diskriminierung.  Ich  auch! Statt Leben brutal auszusortieren, sollten wir lieber auf den medizinischen Fortschritt vertrauen und darauf hoffen, dass er die Lebenschancen kranker Mitmenschen verbessert.“

    Stephan Stracke, CSU,

    „Ich trete für ein Verbot der PID ein, weil ich einen starken Lebensschutz will. Eine Auswahl, welches Leben gelebt werden darf und welches nicht, lehne ich ab. Das hat auch mit meinem christlichen Verständnis vom Bild des Menschen zu tun. Dabei verkenne ich nicht den Wunsch von Eltern, ein Kind ohne Behinderungen oder Erbkrankheiten zu haben. Menschliches Leben über seine Defizite zu definieren, missachtet aber den Wert und die Würde des Lebens als solches. Ich möchte keine Gesellschaft, in der sich die Eltern für die Geburt eines behinderten Kindes rechtfertigen müssen.“

    Alexander Süßmair, Linke, Augsburg

    „Ich unterstütze den Verbotsantrag. Für mich stellt die Freigabe der PID, auch unter strengen Regeln, einen Türöffner dar. Die Türe wird aufgestoßen hin zu einer Beurteilung von lebenswertem und weniger lebenswertem Leben. Ich befürchte auch eine Entwicklung zur Bewertung von menschlicher Existenz nach wirtschaftlichen Aspekten – also ein gesundes Kind ,kostet‘ die Gesellschaft weniger als eines mit Erkrankungen. Solche Denkweisen möchte ich im Ansatz verhindern. Als Atheist und Humanist steht für mich die Einmaligkeit des Lebens jedes Einzelnen im Vordergrund – es gibt nur dieses eine Leben.“

    Für ein Verbot mit Ausnahmen:

    Ekin Deligöz, Grüne, Neu-Ulm

    „Ich hatte das Glück, zwei schöne Schwangerschaften erleben zu dürfen. Dadurch habe ich eine vage Vorstellung, was es für eine werdende Mutter bedeuten muss, ihr Kind während der Schwangerschaft zu verlieren oder es  tot  zur Welt  zu  bringen.  Ich bin daher dafür, die PID grundsätzlich zu verbieten, in Ausnahmefällen aber für nicht rechtswidrig zu erklären. Eine PID wäre somit zulässig, wenn die erbliche Vorbelastung der Eltern mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schädigung des Embryos erwarten lässt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Tot- oder Fehlgeburt führt. Maßstab wäre also die Lebensfähigkeit des Embryos und nicht sein ,Lebenswert‘.“

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