Woran man erkenne, dass ein Treffen zwischen Präsident und Opposition im Weißen Haus eher ungewöhnlich verlaufen sei, fragte die New York Times am Donnerstag. Die Antwort: Wenn sich beide Seiten im Anschluss nicht einigen könnten, wer wen wie beleidigt habe.
Pelosi steht für so ziemlich alles, was Trump hasst
Das klingt allerdings wie eine gewöhnliche Beschreibung der Ära Donald Trump. Als dieser am Mittwoch – widerwillig, wie er ihnen gleich eröffnete – Vertreter aus dem Kongress empfing, traf er auch auf Nancy Pelosi, als "Speaker" des Repräsentantenhauses die Nummer drei im US-Machtgefüge. Und ob er diese nun "drittklassige" Politikerin genannt hat oder eine "Politikerin in der dritten Klasse", darüber streiten seither die Gazetten.
Es ging aber in jedem Fall hoch her, das bestätigen alle Teilnehmer. Denn auch Pelosi hat dem Präsidenten ordentlich eingeschenkt – etwa als sie ihm vorhielt, alle seine Verhaltensweisen im Syrienkonflikt spielten Russlands Präsidenten Wladimir Putin in die Hände.
Es war ein Streit mit Ansage, Pelosi und Trump sind schon mehrfach aneinandergerasselt. Seit Pelosis Demokraten die Prüfung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten eingeleitet haben, ist das Verhältnis noch schlechter.
Trump hat sich auf Pelosi eingeschossen
Pelosi steht für so ziemlich alles, was Trump hasst: äußerst selbstbewusst, eine Vertreterin der liberalen Westküste, eine Kämpferin für Frauenrechte und Umweltschutz.
Trump hat sich auf sie eingeschossen – und knüpft so an eine Tradition an, denn schon als "Speaker" unter Barack Obama war Pelosi Zielscheibe der Republikaner. Diese unterstellten ihr exzessive Botox-Kuren und nannten sie eine "Salonsozialistin". Als Pelosi für Obama die Gesundheitsreform durchbrachte, werteten sie dies als persönliche Niederlage.
Das zeigt aber auch, wie lange sie schon dabei ist. Denn in Zähigkeit und Machtwillen steht die Demokratin Trump kaum nach. Viele ihrer Parteifreunde wollten dieses Jahr einen Neuanfang im Amt des "Speaker" – und sahen die mehrfache Großmutter Pelosi nicht mehr als Idealbesetzung. Doch diese verwahrte sich geschickt gegen "Ageism", also Altersdiskriminierung. Sie versprach zudem, nur noch vier Jahr im Amt zu bleiben, und sicherte sich so die Wiederwahl.
Zugleich erinnert Pelosi gerne an ihre eindrucksvolle politische Biografie. Als jüngstes von sieben Kindern italienischer Einwanderer erlebte sie mit, wie ihr Vater zum Bürgermeister von Baltimore aufstieg (jener armen Metropole nahe Washington, die Trump vor einiger Zeit als "Rattennest" bezeichnet hat). Später heiratete sie und bekam binnen sechs Jahren fünf Kinder, darunter eine provokant-umstrittene Dokumentarfilmerin. Dann stieg sie in San Francisco in die Politik ein. Das konnte sie sich auch leisten, denn ihr Mann ist ein höchst erfolgreicher Immobilieninvestor, Pelosi also eine der reichsten Abgeordneten. Aber das stachelt den Zorn von Donald Trump auf sie vermutlich nur an.
In unserem Blog lesen Sie immer aktuelle News zu Donald Trump.
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier