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Porträt: Alexander Dobrindt: Der Maut-Macher

Porträt

Alexander Dobrindt: Der Maut-Macher

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    Auftritt Dobrindt: Der CSU-Politiker steigt am Rand der Verkehrsministerkonferenz mit verschränkten Armen im neuen Leipziger City-Tunnel aus einem Regionalzug aus. Er wirkt ein wenig zögerlich. Das soll sich ändern.
    Auftritt Dobrindt: Der CSU-Politiker steigt am Rand der Verkehrsministerkonferenz mit verschränkten Armen im neuen Leipziger City-Tunnel aus einem Regionalzug aus. Er wirkt ein wenig zögerlich. Das soll sich ändern. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Ganz abgelegt hat er den Generalsekretär noch nicht. „Erinnern Sie sich“, fragt Alexander Dobrindt, als das Gespräch sich allmählich dem Ende zuneigt. „Aus der letzten Großen Koalition ist die CSU nicht so gut herausgekommen.“ Magere 42,5 Prozent holte sie damals in Bayern – das schlechteste Ergebnis seit 60 Jahren. Deshalb, vor allem, klingt der neue Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur plötzlich wieder wie der alte Generalsekretär, wenn er sich mit der SPD wegen des Falles Edathy anlegt und die etwas konfliktscheue Art seiner Parteifreundin Gerda Hasselfeldt en passant gleich mit zum Thema macht. „Die

    Alexander Dobrindt tauchte nach seiner Vereidigung im Dezember regelrecht ab

    Mit seiner eigenen Erkennbarkeit allerdings war das zuletzt auch so eine Sache. Der neue Minister komme nicht in die Gänge, klagte die Frankfurter Allgemeine, Verbandsfunktionäre lästerten, der Nachfolger des umtriebigen Peter Ramsauer interessiere sich nicht für den Zustand von Straßen, Brücken oder Schienen, sondern nur noch für die Bedürfnisse der digitalen Welt – und während die frühere SPD-Generalin Andrea Nahles als Ministerin einen Gesetzentwurf nach dem anderen produzierte, tauchte ihr langjähriger Kollege Dobrindt nach seiner Vereidigung im Dezember regelrecht ab. Ein paar Grußworte, kaum ein Interview, nichts Neues zur Maut: Für einen, der früher keiner Kamera und keinem Mikrofon aus dem Weg ging, saß der selbst ernannte Minister für Modernität und Mobilität ziemlich lange ziemlich alleine in seinem Büro über seinen Akten.

    Die Erwartungen an Dobrindt sind groß

    Mittlerweile hat sich der 43-jährige Peißenberger freigeschwommen. „Es ist sehr viel, was da am Anfang auf einen einströmt“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Ja, die Erwartungen an ihn seien hoch, und das nicht nur wegen der Maut – aber in einem Ressort, das über den höchsten Investitionsetat im Kabinett gebietet und mit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur noch ein schwieriges Thema dazubekommen hat, braucht offenbar auch ein politischer Vollprofi wie er seine Zeit.

    Alexander Dobrindt hat sie, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, in lange Verhandlungen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble investiert, für deren Ergebnisse ihm seine Nachfolger noch dankbar sein dürften: Die Milliarden, die der Bund aus dem Verkauf von Frequenzen erlöst, fließen in Zukunft direkt in den Ausbau der Breitbandnetze, anstatt irgendwo im Haushalt zu versickern – und die Mittel, die Dobrindt in einem Jahr nicht verbauen kann, verfallen jetzt nicht mehr am Jahresende. „Das ist ein großer Fortschritt“, sagt ein einflussreicher Verkehrslobbyist. Der neue Minister arbeite „leise, aber erfolgreich“.

    Im Frühsommer soll das Maut-Konzept vorgestellt werden

    Mit einem Auftritt vor dem Deutschen Verkehrsforum, einer Art Dachverband der Mobilitätswirtschaft, hat der Neue in der vergangenen Woche viele Zweifler überzeugt. „Er hat einen guten Eindruck hinterlassen“, erzählt ein Teilnehmer. Für Dobrindt selbst war es so etwas wie der erste Härtetest als Minister, eine Art Regierungserklärung – nur länger und vor anspruchsvollerem Publikum. Wie die neue Pkw-Maut für ausländische Autofahrer denn aussehen soll, die die CSU versprochen hat, verriet ihr Miterfinder zwar auch bei dieser Gelegenheit nicht. Dass er am Ende aber vor allem an ihr gemessen wird, weiß Dobrindt natürlich.

    „Das Konzept steht“, beteuert er. Ehe er es im Frühsommer vorstellen könne, sei allerdings noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten, beim Koalitionspartner, bei den Verbänden, in Brüssel. „Den Boden bereiten“ nennt Dobrindt das. „Die Diskussion ist ja sehr ideologisch geführt worden.“ Im Prinzip gilt für die Pkw-Maut dabei genau das Gleiche, was der Verkehrsminister auch von Hartmut Mehdorn am Berliner Pannenflughafen verlangt: „Der nächste Aufschlag muss sitzen.“

    Auf den Finanzminister kann er sich verlassen

    Alexander Dobrindt ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie leicht sich schon ein flüchtiger Eindruck verfestigen kann. Dass ausgerechnet er, der als Generalsekretär immer so schlagfertig war, plötzlich als großer Schweiger porträtiert wird, als Eigenbrötler gar, hat er aufmerksam registriert – und mit der Reform der Lkw-Maut, die auf weitere 1000 Kilometer Bundesstraße und auf kleinere Fahrzeuge ausgedehnt wird, zum ersten Mal Farbe bekannt. Auch hier musste er hart mit Schäuble verhandeln, weil ihm wegen der reduzierten Mautsätze womöglich eine Milliarde Euro im Jahr fehlen wird. „Das war eine der schwierigsten Operationen“, sagt er. Auf Schäuble allerdings kann sich Dobrindt bisher verlassen: Sollte es am Ende eng werden in seinem Etat, schließt der Finanzminister die Lücke. Wegen schwindender Mauteinnahmen muss der Verkehrsminister keine Brückensanierung abblasen und keine Zusage für eine Ortsumgehung zurückziehen. Auch das, sagt er stolz, sei „alles andere als selbstverständlich“.

    Für seine Arbeit hat Dobrindt die griffige Formel „Deutschland modernisieren“ gefunden, von der Landstraße bis zur Datenautobahn. Nach dieser Großen Koalition soll die CSU nicht noch einmal bei 42,5 Prozent landen – ein Ergebnis, ganz nebenbei, das damals auch der neue Generalsekretär zu verantworten hatte. Er hieß Alexander Dobrindt.

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