Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Parteien: Friedrich Merz nimmt den dritten Anlauf an die CDU-Spitze

Parteien

Friedrich Merz nimmt den dritten Anlauf an die CDU-Spitze

    • |
    Einer dieser drei Politiker könnte der neue CDU-Parteichef werden: Friedrich Merz, Norbert Röttgen oder Helge Braun?
    Einer dieser drei Politiker könnte der neue CDU-Parteichef werden: Friedrich Merz, Norbert Röttgen oder Helge Braun? Foto: dpa, Montage: AZ

    Friedrich Merz versucht ein drittes Mal, in Deutschland CDU-Chef zu werden. Am Montagabend nominierte ihn der Vorstand seines Kreisverbands Hochsauerland einstimmig. Vor Ablauf der Bewerbungsfrist an diesem Mittwochbedeutet das mindestens einen Dreikampf um den Parteivorsitz zwischen dem Wirtschaftsexperten Merz, dem Außenpolitiker Norbert Röttgen, 56, und Helge Braun, 49, derzeit noch Amtschef der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nach der Bundestagswahl, die mit 24,1 Prozent das schlechteste Unionsergebnis in der Geschichte der Republik brachte, hatte Merz die CDU als „insolvenzgefährdeten politischen Sanierungsfall“ bezeichnet. Den will der 66-Jährige jetzt für die Zukunft beheben: Merz bewirbt sich um die Nachfolge von Armin Laschet, der sich nach seinem Scheitern als Kanzlerkandidat von der Parteispitze zurückzieht.

    Friedrich Merz, ehemaliger Unionsfraktionschef, will für den CDU-Vorsitz kandidieren.
    Friedrich Merz, ehemaliger Unionsfraktionschef, will für den CDU-Vorsitz kandidieren. Foto: Christoph Soeder/dpa

    Merz hätte die CDU und die Unionsschwester CSU selbst gern in den Wahlkampf geführt. Dazu hätte er zunächst Parteichef werden müssen. Doch im Januar war er im parteiinternen Dreikampf hinter Laschet gelandet – aber vor Röttgen, der es auf dem Parteitag nicht in die Stichwahl schaffte. Zum ersten Mal hatte Merz bereits 2018 für den Parteivorsitz kandidiert. Damals war es Annegret Kramp-Karrenbauer, die das Rennen machte. Merz konnte aber immerhin Gesundheitsminister Jens Spahn hinter sich lassen, der kürzlich erklärte, dass er sich nun nicht um die Laschet-Nachfolge bewerben wird.

    Jetzt sprechen die rund 400.000 CDU-Mitglieder

    Es sind außergewöhnliche Vorzeichen, unter denen diese Vorsitzendenwahl stattfindet. Bisher hatten stets die Delegierten auf Bundesparteitagen das Wort, Funktionärinnen und Funktionäre der Partei also, die in den vergangenen 16 Jahren zumindest in der Tendenz eher Angela Merkel zuneigten. Niemand wollte es sich schließlich mit der mächtigen Kanzlerin verderben, aus Angst um Posten, Listenplätze, die weitere Karriere. So konnte Merkel 2018 ihre Vertraute Kramp-Karrenbauer als ihre Nachfolgerin durchsetzen. Die in ihrer Ausrichtung deutlich konservativeren Mitbewerber Merz und Spahn hatten das Nachsehen. Als Kramp-Karrenbauer 2020 im Zusammenhang mit der Regierungskrise in Thüringen zurücktrat, machte mit Armin Laschet abermals ein gemäßigter CDU-Kopf das Rennen.

    Jetzt könnte die Stunde des Friedrich Merz schlagen, der dem konservativen und wirtschaftsnahen Flügel der CDU entstammt. Denn erstmals in der Geschichte der Christdemokratischen Union Deutschlands haben die Mitglieder das Wort. An der Basis, wo zum Teil noch der Ärger darüber schwelt, dass die CDU unter Merkel weit nach links gerückt ist, hat der 1,98 Meter-Mann viele Anhänger. Gerade im Osten der Republik, wo die CDU bei der Wahl besonders schlecht abgeschnitten hat, genießt er großen Rückhalt. Und verkörpert die Hoffnung, zur AfD abgewanderte Wähler zurückzugewinnen. Merz-Fans in großer Zahl finden sich auch in der Jungen Union – der Parteinachwuchs tickt deutlich konservativer als die Gesamtpartei.

    Einst war Merz Hoffnungsträger, dann wurde er von Merkel ausgebremst

    Merz, der in Brilon geborene Jurist, avancierte nach der Abwahl Helmut Kohls als Bundeskanzler 1998 zum Hoffnungsträger seiner Partei. Zunächst als Fraktionsvize und dann ab 2000 als Nachfolger von Wolfgang Schäuble als Unionsfraktionschef brillierte er mit Wortgewalt in der Opposition. Doch als die Wahl 2002 abermals für die Union verloren ging, bestand Parteichefin Angela Merkel darauf, Oppositionsführerin zu werden. Frustriert musste sich Merz beugen, an Merkel war fortan kein Vorbeikommen mehr. Der Wirtschaftsanwalt konzentrierte sich immer stärker auf sein berufliches Fortkommen, 2009 zog er sich schließlich ganz aus dem Bundestag zurück. Als Lobbyist, Unternehmensberater und Mitglied zahlreicher Bei-, Aufsichts- und Verwaltungsräte verdiente er ein geschätztes Millionenvermögen. Etwa bei der Commerzbank, dem Versicherer Axa und dem Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund.

    Von 2016 bis 2020 war Merz zudem Aufsichtsratschef und Interessenvertreter für das deutsche Geschäft von BlackRock, den größten Vermögensverwalter der Welt. Bei der jüngsten Bundestagswahl ist der Hobbypilot, der zwei Privatflugzeuge besitzt, wieder ins Parlament gewählt worden. Mit seiner Kandidatur gegen Röttgen und Braun um den Parteivorsitz will er nun seine einst von Merkel jäh gestoppte Politkarriere krönen.

    Patrick Sensburg (l) folgte Friedrich Merz (r) einst in den Bundestag nach, vor der jüngsten Wahl musste er die Direktkandidatur Merz überlassen.
    Patrick Sensburg (l) folgte Friedrich Merz (r) einst in den Bundestag nach, vor der jüngsten Wahl musste er die Direktkandidatur Merz überlassen. Foto: Christophe Gateau

    Abstimmung für CDU-Vorsitz läuft online und per Brief

    Nach CDU-Angaben wird es vor Beginn der Abstimmung, die per Brief und online erfolgen kann, mindestens ein öffentliches Aufeinandertreffen der Kandidaten geben. Vom 4. bis zum 16. Dezember haben dann die rund 400 000 Mitglieder das Wort. Nötig ist eine absolute Mehrheit. Erhält keiner der Bewerber auf Anhieb mehr als die Hälfte der Stimmen, kommt es zur Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten. Für die Mitglieder heißt das dann vom 29. Dezember dieses Jahres bis zum 12. Januar 2022 ein zweites Mal abstimmen. Das Ergebnis wird am 14. Januar verkündet. Den Sieger der Stichwahl schlägt dann der Bundesvorstand auf dem Parteitag, der am 21. und 22. Januar in Hannover stattfindet, als neuen Vorsitzenden vor.

    Bestätigen die Delegierten das Mitgliedervotum – das gilt als reine Formsache – hat die CDU einen neuen Chef. Oder eine Chefin, denn noch bis zu diesem Mittwoch um 18 Uhr können sich weitere Bewerberinnen oder Bewerber melden. Partei-Insider rechneten am Montag zwar damit, dass es wohl beim Dreikampf zwischen Norbert Röttgen, Helge Braun und Friedrich Merz bleiben würde. Doch Überraschungen, so hieß es, seien gerade in der derzeit besonders unübersichtlichen Situation nicht ausgeschlossen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden