Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist angespannt - auch wenn der türkische Staatspräsident Erdogan inzwischen wieder eine Verbesserung sieht.
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel sitzt weiter in Haft. Die Ulmer Journalistin Mesale Tolu kam unter Auflagen frei.
- Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist angespannt - auch wenn der türkische Staatspräsident Erdogan inzwischen wieder eine Verbesserung sieht.
- Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel sitzt weiter in Haft. Die Ulmer Journalistin Mesale Tolu kam unter Auflagen frei.
10. Januar: Erdogan: Türkei ist Vorreiter in Sachen Pressefreiheit
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat sein Land als Vorreiter der Pressefreiheit gefeiert. Zum türkischen "Tag der arbeitenden Journalisten", der am Mittwoch begangen wurde, erklärte Erdogan: "In Sachen Pressefreiheit, neueste Kommunikationstechnologien, soziale Medien und Internetjournalismus ist die Türkei heute eines der führenden Länder der Welt."
Die Öffentlichkeit habe das Recht auf "schnelle, richtige und unparteiische Nachrichten" und es sei die Notwendigkeit der Demokratie, dass Medienorganisationen über alle Teile des Landes berichteten, "ohne irgendeiner Einschränkung" ausgesetzt zu sein. Eine weltoffene Gesellschaft sei nur mit "freien, transparenten und gerechten Medienorganisationen" möglich.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" (ROG) steht die Türkei auf Platz 155 von 180. Nach unterschiedlichen Angaben von Nichtregierungsorganisationen sitzen zwischen 39 und 151 Journalisten in türkischen Gefängnissen. Darunter ist der deutsch-türkische "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel.
Türkischer Außenminister: "Keine Geduld mehr" beim Thema EU-Beitritt
Der schleppende EU-Beitrittsprozess zehrt nach Ansicht des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu an der Geduld von Regierung und Bevölkerung. "Es sollen nicht noch weitere 50 Jahre gewartet werden.", sagte Cavusoglu am Mittwoch in einem Gespräch mit der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu."Wir haben keine Geduld mehr, und unser Volk hat auch keine Geduld mehr."
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte vergangene Woche bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron schon den schleppenden Beitrittsprozess kritisiert. Er sagte, das Volk sei "ermüdet". Macron hatte als Alternative zum EU-Beitritt eine andere Form der Partnerschaft ins Spiel gebracht.
Inhaftierter HDP-Chef Demirtas will in Türkei nicht wieder zu Wahlen antreten
Der inhaftierte HDP-Chef Selahattin Demirtas will in der Türkei nicht mehr zu Wahlen antreten. "Ich strebe nicht nach einer politischen Karriere. Mein einziges Ziel ist es, für Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und Frieden zu kämpfen", sagte Demirtas. "Daher habe ich keine Pläne, Abgeordneter, Parteichef oder Präsidentschaftskandidat zu werden", sagte er.
Demirtas hat angekündigt, bei dem anstehenden Parteitag seiner Demokratischen Partei der Völker (HDP) am 11. Februar nicht erneut für den Vorsitz zu kandidieren. Der 44-Jährige war Anfang November 2016 zusammen mit elf anderen HDP-Abgeordneten unter dem Vorwurf festgenommen worden, die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterstützen, die in der Türkei wie der EU als Terrororganisation verboten ist.
Große Hoffnung auf eine politische Lösung des Konflikts mit der PKK hat Demirtas nicht. Seit dem Zusammenbruch einer mehrjährigen Waffenruhe im Sommer 2015 verfolge die Regierung eine Politik "der Gewalt und des Krieges" gegenüber der kurdischen Bevölkerung im Südosten, sagte Demirtas. Eine politische Lösung, wie seine Partei sie stets befürwortet hat, erscheine heute "sehr kompliziert".
9. Januar: Karlsruhe untersagt Abschiebung von türkischem Extremisten in die Türkei
Das Bundesverfassungsgericht hat die Abschiebung eines türkischen Islamisten in die Türkei vorerst gestoppt. Wegen der "politischen Situation" in der Türkei müsse das zuständige Gericht zuvor dort drohende Foltergefahren aufklären und die Zusicherung der türkischen Behörden einholen, dass dem Mann keine Folter oder unmenschliche Haftbedingungen drohten, heißt es in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichtem Beschluss. (Az. 2 BvR2259/17)
Der hier geborene und aufgewachsene Türke war in Berlin 2015 wegen Unterstützung der islamistischen Organisation Dschunud al-Scham zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte der Organisation in Syrien größere Geldmengen überlassen.
Die Ausländerbehörde ordnete 2016 die Ausweisung an, gegen die sich der Mann bis vor das Bundesverfassungsgericht wehrte. Der Betroffene verwies unter anderem auf ein Papier von Amnesty International (AI), wonach ein Terrorverdächtiger in der türkischen Haft schwer geschlagen und gefoltert worden sei.
Die Verfassungshüter entschieden nun mit Blick auf das AI-Schreiben, dass das zuständige Gericht sich bei solchen "ernsthaften Anhaltspunkten" für drohende Foltergefahren noch vor einer Rückführung über die Verhältnisse im Zielstaat informieren und von den dortigen Behörden die Zusicherung einholen müsse, dass dem Betroffenen keine Menschenrechtsverletzungen drohten.
8. Januar: Ausnahmezustand in der Türkei soll zum sechsten Mal verlängert werden
Der Ausnahmezustand in der Türkei soll zum sechsten Mal seit dem Putschversuch vom Juli 2016 verlängert werden. Das Kabinett habe am Montag eine erneute Verlängerung empfohlen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Bekir Bozdag in der Hauptstadt Ankara. Das Parlament muss noch zustimmen. Dort hat die islamisch-konservative Regierungspartei AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eine Mehrheit.
Während eines Ausnahmezustandes sind die Grundrechte eingeschränkt. Erdogan hatte den Notstand nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 ausgerufen und kann seitdem weitestgehend per Dekret regieren. Die Notstandsdekrete sind nicht vor dem Verfassungsgericht anfechtbar.
Über die Dauer der Verlängerung gab es zunächst keine Angaben. Sie betrug bislang stets drei Monate. Ohne Verlängerung würde der Ausnahmezustand am 19. Januar auslaufen.
Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Sie geht seitdem gegen mutmaßliche Anhänger, aber auch gegen Oppositionelle vor. Zehntausende Menschen sitzen wegen angeblicher Gülen-Verbindungen in Untersuchungshaft. Mehr als 150.000 Menschen wurden vom Dienst suspendiert oder entlassen.
Oppositionspartei MHP will Erdogan bei Wahl 2019 unterstützen
Die ultranationalistische Oppositionspartei MHP will bei der für November 2019 geplanten Präsidentschaftswahl in der Türkei Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan unterstützen. "Die MHP wird keinen Kandidaten für die Präsidentschaft aufstellen", kündigte Parteichef Devlet Bahceli nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Montag in Ankara an. Seine Partei werde stattdessen rechtzeitig vor der Wahl eine Entscheidung zur Unterstützung Erdogans treffen. Unter den vier im Parlament in Ankara vertretenen Parteien ist die MHP die kleinste. Obwohl sie im Prinzip zu den Oppositionsparteien zählt, hat Bahceli Erdogan in der Vergangenheit bei wichtigen Vorhaben unterstützt
Erneut kein Urteil im Prozess um Anschlag auf Deutsche in Istanbul
Zwei Jahre nach dem Selbstmordanschlag auf deutsche Touristen im Istanbuler Stadtteil Sultanahmet am Montag doch kein Urteil in dem Prozess gefällt worden. Der Grund für die unerwartete Fortsetzung des Verfahrens ist der Austausch der Richter und seiner Beisitzer, wie aus dem Protokoll der Verhandlung am Montag hervorging. Unklar blieb, warum die Richter kurz vor Abschluss des Verfahrens ausgewechselt wurden. Der Prozess soll nun am 24. Januar fortgesetzt werden. Die türkische Regierung macht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für den Anschlag verantwortlich, bei dem im Januar 2016 zwölf Deutsche getötet worden waren.
Die vier Hauptbeschuldigten, die den Selbstmordattentäter bei der Vorbereitung für den Anschlag unterstützt haben sollen, bleiben in Untersuchungshaft. Sie hatten zum Auftakt des Prozesstages am Montag alle Vorwürfe zurückgewiesen und ihren Freispruch gefordert. Die Staatsanwaltschaft fordert für drei syrische Angeklagte lebenslange Haft, für einen irakischen Beschuldigten bis zu 15 Jahre Gefängnis. Bereits im November war ein Urteil in dem Fall erwartet worden.
Attentat auf Deutsche: Helfer in Istanbul vor Gericht
Fast zwei Jahre nach einem Selbstmordanschlag in Istanbul mit zwölf deutschen Todesopfern wird am Montag im Prozess gegen 26 Angeklagte ein Urteil erwartet. Die Staatsanwaltschaft fordert für drei der Beschuldigten lebenslange Haft, für einen weiteren bis zu 15 Jahre Gefängnis. Die Männer sollen dabei geholfen haben, den Anschlag vorzubereiten. Für die restlichen Angeklagten - die meisten davon Syrer - werden Freisprüche erwartet. Die türkische Regierung macht die Terrormiliz IS für den Anschlag verantwortlich.
Am vergangenen Verhandlungstag im November war schon ein Urteil erwartet worden. Allerdings hatte das Gericht die Entscheidung vertagt, weil die inhaftierten Angeklagten aus logistischen Gründen nicht zum Gericht gebracht werden konnten.
7. Januar: Erdogan kritisiert USA scharf Schuldspruch gegen türkischen Banker
Nach dem Schuldspruch gegen den türkischen Banker Hakan Atilla wegen Verstoßes gegen US-Sanktionen hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan rechtliche Schritte gegen die USA ins Spiel gebracht. Im Fall Hakan Atilla werde die Türkei "wenn nötig auch die USA verklagen", sagte Erdogan nach Angaben der Zeitung Hürriyet (Sonntag) türkischen Journalisten auf dem Rückflug von Paris.
Atilla war früher Vizechef der staatlichen türkischen Halkbank. Eine Jury in New York hatte ihn am Mittwoch unter anderem wegen Bankbetrugs und der Verschwörung zur Geldwäsche und zur Umgehung von Sanktionen gegen den Iran schuldig gesprochen. Das Strafmaß soll im April verkündet werden.
"Das beschmutzt den Namen unserer Bank auf internationaler Ebene", sagte Erdogan. Die Halkbank habe das Recht, Klage zu erheben. Er warf den USA zudem erneut vor, dem islamischen Prediger Fethullah Gülen, der in den USA lebt, Schutz zu bieten. Die türkische Führung sieht Gülen als Drahtzieher des Putschversuchs vom 15. Juli 2016 und fordert seine Auslieferung.
6. Januar: Gabriel trifft türkischen Außenminister Cavusoglu in Goslar
Deutschland und die Türkei wollen ihre Zusammenarbeit trotz der anhaltenden Spannungen wieder verstärken. Man wolle den Wirtschaftsministern empfehlen, die bilaterale Wirtschaftskommission nach längerer Pause wieder einzuberufen, sagte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Samstag bei einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Goslar.
Die Treffen waren 2016 nach der Ausrufung des Ausnahmezustands in der Türkei von deutscher Seite ausgesetzt worden. Auch der strategische Dialog der Außenministerien, der noch länger auf Eis liegt, soll nach seinen Worten wieder aufgenommen werden.
Gabriel kündigte zudem an, er wolle das Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen der Deutschen Schule Istanbul zum Anlass für einen Besuch nehmen. Nach dem Treffen verlautete aus Delegationskreisen, die Minister hätten auch über eine mögliche Teilnahme Gabriels an einer Syrien-Konferenz in der Türkei gesprochen. Bei der Beurteilung des Konflikts im Jemen, wo sich die humanitäre Krise zuletzt dramatisch zugespitzt hatte, fanden Gabriel und sein türkischer Gast demnach Gemeinsamkeiten. Für ihren Wunsch nach einer Modernisierung der Zollunion mit der EU kann die türkische Regierung aber den Angaben zufolge vorerst keine deutsche Rückendeckung erwarten.
Gabriel hatte Cavusoglu am Vormittag zunächst in seinem Privathaus in Goslar empfangen. Auf die Frage, ob es bei dem Vier-Augen-Gespräch auch um den Fall des in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel gegangen sei, sagte Gabriel anschließend im Beisein von Cavusoglu: "Da können Sie sicher sein."
5. Januar: Besuch bei Gabriel: Cavusoglu wünscht sich "Neustart" der Beziehungen
Vor seinem Besuch bei seinem Amtskollegen Sigmar Gabriel hat der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu für einen "Neustart" im schwer belasteten Verhältnis zu Deutschland geworben. Deutschland und die Türkei sollten ihre Beziehungen, "wie schon seit 300 Jahren, in Freundschaft und Zusammenarbeit" fortführen, schrieb Cavusoglu in einem Gastbeitrag für die Funke-Mediengruppe am Freitag. "Das geht jedoch nur, wenn wir die gegenwärtige Krisenspirale in unserem Verhältnis durchbrechen."
Deniz Yücel: "Werde seit fast einem Jahr ohne Anklage als Geisel gehalten"
Der seit mehr als zehn Monaten ohne Anklage in der Türkei inhaftierte Welt-Korrespondent Deniz Yücel hat sich selber als "Geisel" bezeichnet. In einer schriftlichen Erklärung aus dem Gefängnis in Silivri, die seine Anwälte der Deutschen Presse-Agentur zukommen ließen, reagierte Yücel auf Aussagen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu. Cavusoglu hatte in einem an Neujahr veröffentlichten dpa-Interview zum Fall Yücel gesagt, er sei "nicht sehr glücklich darüber, dass es noch immer keine Anklage gibt".
Yücel teilte in seiner in einem ironischen Ton gehaltenen Replik mit: "Das hat mich sehr bekümmert. Schließlich möchte ich nicht, dass er meinetwegen unglücklich ist. Aber ich kann ihn trösten: Wenn ich mich daran gewöhnt habe, seit fast einem Jahr ohne Anklage als Geisel gehalten zu werden, dann schafft er das auch."
Zur Aussage Cavusoglus, die Vorwürfe gegen ihn seien "sehr ernst", meinte Yücel, es sei beruhigend, dass "wenigstens die türkische Regierung den genauen Durchblick" habe. "Schließlich unterliegen die Ermittlungsakten weiterhin der Geheimhaltung, sodass meine Anwälte und ich immer noch nicht wissen, woran wir sind." Die Untersuchungshaft für Yücel hatte ein Gericht im Februar mit Vorwürfen der Terrorpropaganda und Volksverhetzung begründet.
Cavusoglu hatte zudem gesagt, Yücel sei "seit 2015 nicht in der Türkei als Journalist akkreditiert" gewesen und daher auch nicht wegen Journalismus inhaftiert worden. Der Korrespondent verwies darauf, dass er Cavusoglu im November 2016 in Ankara bei einer Pressekonferenz mit dessen damaligen Amtskollegen und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier persönlich gesehen habe.
Yücel äußerte sich außerdem zu einem neuen Notstandsdekret, wonach männliche Putsch- oder Terrorverdächtige künftig in braunen beziehungsweise grauen Overalls vor Gericht erscheinen müssen. Der Korrespondent machte deutlich, dass er solche Einheitskleidung nicht tragen werde. "Jungs, eure Uniform passt mir nicht. Niemals."
Cavusoglu wird am Samstag zu einem Besuch bei Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in dessen Heimatort Goslar erwartet. Vor dem Besuch hatte der türkische Minister deutlich gemacht, dass Ankara die Krise mit Deutschland überwinden möchte. Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Normalisierung der Beziehungen allerdings ausgeschlossen, solange Yücel ohne Anklage in Untersuchungshaft sitzt.
Erdogan besucht am Freitag Paris
Vor seinem Besuch bei seinem Amtskollegen Emmanuel Macron in Paris hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die "starke Partnerschaft" mit Frankreich gelobt. "Frankreich ist ein Land, dessen Ansichten und Haltungen zu regionalen und globalen Herausforderungen größtenteils mit unseren übereinstimmen", sagte Erdogan am Freitag vor seinem Abflug in Istanbul.
Erdogan wird zu einem Gespräch und einem Mittagessen im Élyséepalast erwartet; anschließend ist eine gemeinsame Pressekonferenz mit Macron angekündigt. Macron will dabei nach eigener Aussage auch die Lage von in der Türkei inhaftierten Journalisten ansprechen. Nach Angaben aus Paris soll es zudem um den Bürgerkrieg in Syrien und den Nahostkonflikt gehen. Erdogan nannte eine ganze Reihe von Themen, die er mit Macron bereden wolle, darunter die Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union.
4. Januar: Vor Cavusoglu-Besuch bei Gabriel: Bewegung im Fall Deniz Yücel
Vor dem Besuch des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu bei seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel kommt Bewegung in den Fall Deniz Yücel: Die Regierung in Ankara hat nach neun Monaten ihre Stellungnahme beim türkischen Verfassungsgericht zur Beschwerde des Welt-Korrespondenten gegen dessen Untersuchungshaft eingereicht, wie die Welt berichtete. Die darin erhobenen Vorwürfe gingen nicht über die hinaus, die die Regierung in einer früheren Stellungnahme zur Beschwerde Yücels beim Europäischen Gerichtshof (EGMR) in Straßburg eingereicht hatte.
Die Welt berichtete, in der neuen Stellungnahme würden Yücel weiterhin Terrorpropaganda und Volksverhetzung auf Grundlage seiner Artikel vorgeworfen. Das Verfassungsgericht habe Yücel und dessen Anwälten eine Frist von zwei Wochen für eine Reaktion eingeräumt. Danach könnte das höchste türkische Gericht darüber entscheiden, ob Yücel bis zu einem Urteil in einem Verfahren auf freien Fuß gesetzt wird oder ob er in Haft bleiben muss. Die Türkei könnte mit einer Entscheidung durch das eigene Verfassungsgericht einem Urteil des EGMR zuvorkommen, das erst im Frühjahr erwartet wird. Auch Yücels Arbeitgeber, die WeltN24 GmbH, klagt vor dem EGMR wegen der Verletzung der Pressefreiheit durch die Inhaftierung.
Seit Ende Oktober hatten türkische Gerichte bei mehreren Deutschen ein Ende der Untersuchungshaft oder ein Aufheben der Ausreisesperre angeordnet. Die Entscheidungen waren in Berlin als Zeichen der Entspannung aufgenommen worden. Am Samstag wird Cavusoglu bei Gabriel in dessen Heimatort Goslar erwartet. Der Fall Yücel ist der größte Streitpunkt in den bilateralen Beziehungen. Cavusoglu hatte sich kürzlich zuversichtlich gezeigt, dass sich das Verhältnis nach der schweren Krise im vergangenen Jahr wieder normalisiert. Aus Sicht der Bundesregierung ist das ausgeschlossen, solange Yücel ohne Anklage in U-Haft sitzt.
Weil trotz der seit Februar andauernden Untersuchungshaft immer noch keine Anklageschrift gegen Yücel vorliegt, ist der Beginn eines Prozesses nicht absehbar. Ende März hatte Yücel Beschwerde beim Verfassungsgericht in Ankara gegen die U-Haft eingelegt, Anfang April beim EGMR in Straßburg. Dort hatte die türkische Regierung ihre Stellungnahme im November eingereicht und darauf verwiesen, dass der Rechtsweg in der Türkei noch nicht ausgeschöpft sei.
Urteil gegen türkischen Banker in USA erzürnt Ankara: "Rechtsschande"
Die Türkei hat den Schuldspruch gegen den türkischen Banker Hakan Atilla wegen Verstoßes gegen US-Sanktionen scharf verurteilt. Die in New York gefällte Entscheidung sei eine "ungerechte und unglückliche Entwicklung", erklärte das Außenministerium in Ankara am Donnerstag. "Unser größter Wunsch ist, dass dieses Urteil, das in dieser Form zu einer Rechtsschande geworden ist, korrigiert wird."
Das Außenministerium bezichtigte die US-Anklage, sich auf "gefälschte Beweise" gestützt zu haben, die man politisch missbrauchen könne. Anhänger des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen hätten das Gerichtsverfahren zudem beeinflusst. Die Türkei sieht Gülen als Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016 und fordert von den USA die Auslieferung des Predigers.
Die Halkbank betonte am Donnerstag in einer Erklärung, die Bank selbst sei nicht Teil des New Yorker Prozesses und es sei auch kein Urteil gegen die Bank verhängt worden. Die Halkbank halte sich an alle nationalen und internationalen Regelungen und setze auch weiter auf "Transparenz".
Türkischer Banker Atilla in New York schuldig gesprochen
Der türkische Banker Mehmet Hakan Atilla, der dem Iran illegale Geschäfte unter Verstoß gegen US-Sanktionen ermöglichte, ist im New Yorker Prozess schuldig gesprochen worden. Die Jury befand den früheren Vizechef der staatlichen türkischen Halkbank am Mittwoch in fünf von sechs Anklagepunkten für schuldig, bestätigte eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur.
Das Strafmaß soll laut einem Bericht des Wall Street Journal am 11. April verkündet werden. Dem 47-Jährigen drohen demnach Jahrzehnte im Gefängnis. "Wir sind enttäuscht über das Urteil und haben vor, Berufung einzulegen", sagte Atillas Anwältin Cathy Fleming. Die zwölfköpfige Jury kam am vierten Tag ihrer Beratungen zu dem Urteil, nachdem sie seit Ende Dezember über die Feiertage beurlaubt waren. Sie befand Atilla unter anderem des Bankbetrugs und der Verschwörung zur Geldwäsche und der Umgehung von Sanktionen für schuldig.
Im Prozess hatte eigentlich der türkisch-iranische Goldhändler Reza Zarrab auf der Anklagebank sitzen sollen. Er bekannte sich dann aber überraschend für schuldig und trat als Belastungszeuge auf. Im Verfahren sagte er aus, dass der türkische Präsident und damalige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den illegalen Geschäften 2012 zustimmte, an denen demnach auch zwei weitere türkische Banken beteiligt waren. Über sieben Tage beschrieb Zarrab Medienberichten zufolge, wie Attila dem Iran half, entgegen bestehender Sanktionen Öl-Geschäfte in Milliardenhöhe abzuwickeln.
Der Prozess hat das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei verschlechtert, das im Streit um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen ohnehin belastet ist. Erdogan macht ihn für den Putschversuch im Juli 2016 in der Türkei verantwortlich, die USA verweigern unterdessen seine Auslieferung. Erdogan bestreitet, gegen Sanktionen verstoßen zu haben. Die türkische Justiz ordnete zudem an, Zarrabs Vermögen beschlagnahmen lassen.
3. Januar: Türkischer Außenminister reist am Samstag zu Gabriel nach Goslar
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu reist am Samstag zu Außenminister Sigmar Gabriel nach Goslar. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin bestätigte zwar, dass ein Gegenbesuch Cavusoglus in Goslar geplant sei. Den genauen Termin wollte das Auswärtige Amt aber nicht nennen. Gabriel war am 4. November zu einem informellen Treffen mit Cavusoglu in dessen Wahlkreis im südtürkischen Antalya gereist, wobei sie eine Fortsetzung der Gespräche vereinbart hatten.
Es gehe darum, "in solchen Zeiten erstmal überhaupt wieder in vernünftige Gespräche zu kommen", sagte Gabriel damals. Die deutsch-türkischen Beziehungen waren 2017 auf einen historischen Tiefpunkt gesunken und Gabriel und Cavusoglu hatten sich heftige Wortgefechte geliefert. Zuletzt deutete sich aber ein Kurswechsel des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an.
So äußerte Erdogan jüngst die Hoffnung, die Beziehungen mit den EU-Staaten zu verbessern. "Wir haben keine Probleme mit Deutschland, den Niederlanden oder Belgien", versicherte er, nachdem er den drei Staaten im Streit um Wahlkampfauftritte "Nazi-Methoden" vorgeworfen hatte. Am Freitag will er zudem zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Paris reisen.
Das Verhältnis der Türkei zur EU und Deutschland war vor allem durch das harte Vorgehen Erdogans nach dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 belastet worden. Zehntausende wurden inhaftiert oder vom Staatsdienst suspendiert, darunter kritische Journalisten und Oppositionelle. Auch eine Verfassungsreform, mit der Erdogans Macht weiter gestärkt wurde, stieß in der EU auf Kritik.
Zudem belastet die Inhaftierung mehrerer Deutscher das Verhältnis, allerdings deutete sich in dieser Frage zuletzt eine Entspannung an. So kamen seit Oktober der Menschenrechtler Peter Steudtner, die Journalistin Mesale Tolu und der Pilger David Britsch frei. Vergangene Woche wurde zudem ein weiterer Deutscher mit türkischen Wurzeln freigelassen.
Die Türkei wirft ihrerseits Berlin vor, Mitgliedern der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen Zuflucht zu gewähren, die sie für den Putschversuch verantwortlich macht. Zudem beschuldigt sie Deutschland, nicht hart genug gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorzugehen, die in Deutschland über ein großes Unterstützernetzwerk verfügt.
2. Januar: Türkei zeigt sich besorgt über Unruhen im Iran
Die Unruhen im Iran weiten sich aus. Bei den Protesten gab es nach Angaben des staatlichen Fernsehens Irib weitere neun Tote, darunter erstmals ein Revolutionswächter. Die Revolutionswächter sind Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden, einer paramilitärischen Organisation zum Schutz des Systems.
Präsident Hassan Ruhani räumte ein, dass die Regierung die Lage nicht mehr völlig kontrolliere. Die USA und Israel unterstützten die Proteste und äußerten ihre Hoffnung auf einen politischen Umsturz in Teheran. Die EU, Großbritannien und Deutschland appellierten an die Regierung des Irans, eine öffentliche Debatte zuzulassen.
Die Türkei hat sich besorgt über die Eskalation der gewaltsamen Proteste im Nachbarland Iran gezeigt und zugleich vor einer Einmischung durch ausländische Kräfte gewarnt. Syrien hat die Proteste im Iran als Verschwörung der USA und Israels kritisiert. Der Iran zählt im syrischen Bürgerkrieg zu den wichtigsten Verbündeten der Regierung.
CSU-Europapolitiker fordert Taten statt Worte in der Türkei
Der führende CSU-Europapolitiker Manfred Weber fordert nach den jüngsten Entspannungssignalen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu konkrete Schritte. "Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass der türkische Außenminister ankündigt, seine Regierung wolle zur Partnerschaft zurückkehren. Jedoch sind Taten gefragt, nicht Worte", sagte der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament am Dienstag.
"Das vergangene Jahr war von Attacken der türkischen Regierung gegen die Rechtstaatlichkeit und Meinungsfreiheit im eigenen Land sowie gegen die EU geprägt. Gerade in den letzten Wochen gab es noch zu viele Beispiele, die nicht für die Unabhängigkeit der türkischen Justiz sprechen", sagte Weber weiter.
Cavusoglu hatte zuvor in einem dpa-Interview unter anderem gesagt, er rechne im neuen Jahr mit einer deutlichen Entspannung im Streit mit Deutschland. "Ich denke, dass beide Seiten bereit dazu sind, die Beziehungen zu normalisieren."
Der größte Streitpunkt zwischen Deutschland und der Türkei ist nach wie vor die seit mehr als zehn Monaten andauernde Untersuchungshaft des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel.
1. Januar: Türkei will Beziehungen zu Deutschland normalisieren
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu rechnet im neuen Jahr mit einer deutlichen Entspannung im Streit mit Deutschland und will noch im Januar in die Bundesrepublik kommen. "Ich denke, dass beide Seiten bereit dazu sind, die Beziehungen zu normalisieren", sagte Cavusoglu der Deutschen Presse-Agentur in Ankara. "Ich erwarte also ein viel besseres Jahr 2018." Er warnte Deutschland allerdings zugleich vor Drohungen gegen sein Land. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich kürzlich optimistisch über eine Verbesserung des Verhältnisses zu Deutschland geäußert.
Cavusoglu lobte besonders den "guten Dialog" mit seinem deutschen Amtskollegen Sigmar Gabriel, der ihn für Januar in dessen Heimatort Goslar eingeladen habe. Gabriel sei ein "persönlicher Freund", mit dem er deswegen aber nicht immer einer Meinung sein müsse. Gabriel hatte Cavusoglu im November in dessen Wahlkreis in Antalya besucht.
Cavusoglu sagte, aus Sicht Ankaras gebe es keine Krise mit Berlin. "Die Türkei hat kein Problem mit Deutschland. Aber Deutschland hat ein Problem mit der Türkei, und Deutschland lässt keine Gelegenheit aus, die Türkei anzugreifen." Seine Regierung erwarte von Deutschland, "die Türkei als gleichwertigen Partner zu betrachten". Cavusoglu kündigte an: "Wenn Deutschland sich einen Schritt auf uns zubewegt, geht die Türkei zwei Schritte auf Deutschland zu. Das ist keine Schwäche, das kommt von Herzen. Aber wenn Deutschland die Türkei bedroht, wird die Türkei zurückschlagen."
Cavusoglu sagte, die von ihm und Erdogan im Frühjahr angestellten Nazi-Vergleiche wegen der Auftrittsverbote für türkische Regierungsvertreter in Deutschland und anderen EU-Staaten bereue er nicht. "Was an diesen Tagen geschehen ist, erinnerte uns an das, was während der Nazi-Zeit geschah. Vielleicht ist es nicht einmal während der Nazi-Zeit geschehen. Ich glaube nicht, dass das Nazi-Regime solche Besuche oder Veranstaltungen stoppte."
Die türkische Regierung hofft laut Cavusoglu zudem auf ein baldiges Verfahren gegen den seit mehr als zehn Monaten inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel. "Auch ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass es noch immer keine Anklage gibt", sagte Cavusoglu der Deutschen Presse-Agentur in Ankara. "Aber wir können die Justiz nur dazu ermutigen, den Prozess zu beschleunigen. Das haben wir bereits getan. Aber sie sagen uns, dass es eine sehr komplexe Situation ist und dass die Ermittlungen noch andauern. Deswegen dauert es einige Zeit. Aber das ist nichts Persönliches." Die Vorwürfe gegen Yücel seien "sehr ernst".
31. Dezember: Türkische Behörden nehmen erneut dutzende IS-Verdächtige fest
Kurz vor Silvester hat die Polizei in der Türkei mindestens 25 mutmaßliche Mitglieder der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) festgenommen. Unter den Verdächtigen seien 20 Ausländer, berichteten türkische Nachrichtenagenturen. In Istanbul hatte ein IS-Attentäter an Silvester 2016 in einem bekannten Nachtclub 39 Menschen erschossen.
In Istanbul wurden am Sonntagmorgen 20 IS-Verdächtige festgenommen, darunter 15 Ausländer, wie die die Nachrichtenagentur Dogan berichtete. Sie sollen sich offenbar zuvor in den Konfliktgebieten in Syrien oder im Irak aufgehalten haben. Fünf weitere IS-Verdächtige - drei Syrer, ein Iraker und ein russischer Tschetschene - wurden in Ankara festgenommen, wie die amtliche Agentur Anadolu meldete.
In den vergangenen Tagen waren in der Türkei laut Medienberichten rund 200 mutmaßliche Dschihadisten festgenommen worden, allein 75 Festnahmen gab es am Freitag in Istanbul und Ankara. Berichten zufolge wurden mehrere der Festgenommenen verdächtigt, Anschläge auf die Silvesterfeiern vorbereitet zu haben.
Aus Angst vor neuen Anschlägen wurden die Sicherheitsvorkehrungen für die diesjährigen Silvesterfeiern in Istanbul deutlich verschärft. Mehr als 40.000 Sicherheitskräfte sollen im Einsatz sein. In beliebten Ausgehvierteln wie Beyoglu, Besiktas und Sisli wurden Feiern in der Öffentlichkeit untersagt. Das Stadtzentrum ist bis Montag für den Schwerlastverkehr gesperrt.
30. Dezember: Erdogan kündigt Frankreichreise an
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat für die kommenden Woche einen Besuch in Frankreich angekündigt. "Am Freitag reise ich nach Frankreich", sagte Erdogan am Samstag vor AKP-Anhängern in der Schwarzmeerstadt Sinop. Dort werde man die türkisch-französischen Beziehungen besprechen.
Nach einem Jahr erbitterter Wortgefechte zwischen der Türkei und mehreren EU-Staaten hatte sich Erdogan vor drei Tagen für eine Verbesserung der diplomatischen Beziehungen ausgesprochen. Die Zahl der Freunde der Türkei müsse erhöht werden, sagte Erdogan am Donnerstag.
Frankreich steht unter anderem wegen der Lage in Syrien und der Sicherheitspolitik in der Region in engem Kontakt mit Ankara. Zuletzt hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wegen der Jerusalemkrise mit Erdogan telefoniert.
29. Dezember: Mesale Tolu: Keine Entspannung zwischen Deutschland und Türkei
Trotz der Freilassung mehrerer Deutscher aus türkischer Haft glaubt die deutsche Journalistin Mesale Tolu nicht daran, dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei kurzfristig entspannen werden. "Erdogan hat am vergangenen Mittwoch moderate Töne angeschlagen. Aber lösen sich die Probleme bloß, weil man Journalisten freilässt?", sagte Tolu der Tageszeitung taz. Die Journalistin aus Neu-Ulm war Mitte Dezember aus der Untersuchungshaft in Istanbul entlassen worden. Ausreisen konnte sie jedoch nicht. Der Prozess gegen sie wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation soll im April fortgesetzt werden.
"Die beiden Seiten fassen einander jetzt zwar sanfter an", sagte Tolu. Doch es gebe noch immer andere inhaftierte und viele weitere Deutsche, die die Türkei nicht verlassen dürften. Erdogan hatte am Donnerstag von einer Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen gesprochen.
"Die Bundesregierung hat mich die ganze Zeit über unterstützt, und ich denke, wenn der Botschafter sich am Abend meiner Haftentlassung nicht so beharrlich bemüht hätte, wäre ich sicher für ein paar Tage in irgendeiner Polizeizelle gelandet", sagte Tolu der taz. Vor ein paar Tagen sei per Dekret die Einheitskleidung für politische Gefangene beschlossen worden. Damit werde den Inhaftierten ihre Identität und ihre Würde genommen. "Politisch gesehen ist also nichts sanfter und moderater geworden, im Gegenteil."
45-Jähriger aus Türkei kehrt nach Freilassung nach Hessen zurück
Nach seiner Freilassung aus türkischer Haft wird ein 45-jähriger Mann aus Hessen voraussichtlich innerhalb der nächsten Tage nach Deutschland zurückreisen. Das sagte die hessische Landtagsabgeordnete Handan Özgüven am Freitagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Die SPD-Politikerin und Rechtsanwältin hatte den Mann nach eigenen Angaben während der monatelangen Haft unterstützt.
Der 45-Jährige aus Stadtallendorf ist deutscher Staatsbürger und war am 10. September offenbar wegen politischer Vorwürfe bei der Einreise am Istanbuler Flughafen festgenommen worden. Nun habe ein türkisches Gericht in Sivas östlich von Ankara den Haftbefehl aufgehoben. "Er ist befreit, glücklich und erleichtert", sagte Özgüven.
Berlin pocht auf die Freilassung der verbleibenden Bundesbürger in türkischen Gefängnissen. "Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Lösung der verbliebenen Haftfälle eine wichtige Aufgabe zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. In diesem Zusammenhang nehme man auch die Nachricht, dass ein Mann aus Hessen freigekommen sei, "positiv zur Kenntnis".
28. Dezember: US-Vertretungen in der Türkei vergeben wieder Visa
Nach fast drei Monaten Pause vergeben die US-Vertretungen in der Türkei wieder Visa für türkische Staatsbürger. Das teilte die US-Botschaft in Ankara am Donnerstag via Twitter mit. Die USA hatten am 8. Oktober nach der Inhaftierung von zwei einheimischen Mitarbeitern von US-Konsulaten in der Türkei die Vergabe von Visa in ihren Vertretungen in dem Land ausgesetzt. Die türkische Regierung reagierte, indem sie ihrerseits die Visavergabe an US-Staatsbürger stoppte.
Als Grund für die Wiederaufnahme nannte die US-Botschaft nun, die türkische Regierung habe zugesichert, dass es keine Ermittlungen gegen weitere lokale Mitarbeiter von US-Vertretungen im Land gebe. Außerdem wolle die Türkei die US-Behörden in Zukunft über eventuell bevorstehende ähnliche Festnahmen informieren. Im November hatte sich der Konflikt bereits etwas entspannt und beide Seiten hatten wieder Visavergaben in begrenztem Umfang zugelassen.
Trotz der Beilegung des Visa-Streits bleiben die Beziehungen zwischen Ankara und Washington angespannt. Erdogan kritisiert etwa die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, Jerusalem als die Hauptstadt Israels anzuerkennen. Washington missfällt der türkische Kauf russischer Flugabwehrraketen. Die US-Regierung hat zudem die syrischen Kurdenmilizen der YPG mit Waffen ausgerüstet, die für die Türkei eine Terrororganisation ist. Bei der YPG handelt es sich um den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Organisation steht in der Türkei, der EU, aber auch den USA auf der Liste der Terrororganisationen. Die US-Regierung fordert - ähnlich wie die Bundesregierung - zudem die Freilassung von in der Türkei inhaftierten US-Staatsbürgern.
Erdogan hält deutsch-türkische Beziehungen für besser
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sieht eine Verbesserung in den deutsch-türkischen Beziehungen. "Es gab Probleme, aber unsere letzten Gespräche waren überaus gut", sagte Erdogan auf dem Rückflug von einer mehrtägigen Afrikareise nach Angaben der Zeitung Hürriyet vom Donnerstag vor mitreisenden Journalisten.
Auch das Verhältnis zu anderen europäischen Staaten bewertete Erdogan als gut. "Wir haben weder ein Problem mit Deutschland noch mit Holland noch mit Belgien", sagte er. "Wir wollen natürlich, dass unsere Beziehungen zu der EU, zu den Ländern der EU, gut sind."
Eine Reise nach Deutschland oder Holland schloss Erdogan, von Journalisten darauf angesprochen, nicht aus. Vor dem Verfassungsreferendum im April 2017 in der Türkei hatte es unter anderem Ärger um geplante Wahlkampfauftritte Erdogans in Holland und Deutschland gegeben. Die Beziehungen wurden stark belastet.
Deutschland kritisiert außerdem die Inhaftierung von noch acht Deutschen in der Türkei aus politischen Gründen. Namentlich bekannt ist davon nur der Welt-Korrespondent Deniz Yücel. Die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu war am 18. Dezember aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Sie darf das Land jedoch nicht verlassen. Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner war Ende Oktober aus der U-Haft entlassen worden.
27. Dezember: Erdogan bezeichnet Assad als Terrorist
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat Syriens Machthaber Baschar al-Assad als "Terroristen" bezeichnet, der einen Frieden in dem Bürgerkriegsland verhindere. "Es ist absolut unmöglich, in Syrien mit Assad voranzukommen", sagte Erdogan bei einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit dem tunesischen Staatschef Béji Caid Essebsi in Tunis.
Wenn Assads Verbleib im Amt akzeptiert werde, sei dies "ungerecht" gegenüber den vielen Todesopfern des syrischen Bürgerkriegs. Seit Ausbruch des Konflikts vor fast sieben Jahren hat die Türkei sich immer wieder gegen Assad positioniert und syrische Rebellen bei ihren Versuchen unterstützt, den langjährigen Machthaber zu stürzen.
Allerdings näherte sich Erdogan in letzter Zeit Russland an, das Assad militärisch unterstützt. Für die Türkei schien die Priorität in Syrien zuletzt nicht mehr auf dem Sturz Assads, sondern auf einem Zurückdrängen der Kurden zu liegen. Am Freitag vereinbarte die Türkei mit Russland und dem Iran für Ende Januar einen "Kongress des nationalen Dialogs" für eine Friedenslösung in Syrien.
Die Türkei steht seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 auf der Seite der Rebellen. Russland und der Iran sind Verbündete Assads. Die drei Länder hatten sich auf einen Termin Ende Januar für den sogenannten Kongress der Völker Syriens geeinigt, auf dem Vertreter syrischer Gruppen eine Nachkriegsordnung für das Bürgerkriegsland verhandeln sollen. Die vom Westen unterstützte syrische Opposition lehnt die von Russland initiierte Syrienkonferenz jedoch ab. Sie befürchtet unter anderem, dass Russland die Bedingungen diktieren will.
27. Dezember: Russland beliefert Türkei ab 2020 mit Luftabwehrsystem S-400
Russland wird im März 2020 mit der vereinbarten Lieferung des Luftabwehrsystems S-400 an die Türkei beginnen. Das sagte Sergej Tschemesow, Leiter des staatlichen russischen Technologiekonzerns Rostec, in einem Interview der Zeitung Kommersant vom Mittwoch. Der Kaufpreis für vier Batterien liege bei 2,5 Milliarden US-Dollar (2,1 Milliarden Euro). "Sie leisten 45 Prozent der Vertragssumme als Anzahlung. 55 Prozent sind ein russischer Kredit", sagte Tschemesow.
Die Türkei kauft diese leistungsstarke Waffe als erstes Nato-Land und hat damit Befürchtungen über eine Abkehr vom westlichen Bündnis ausgelöst. Die Raketen des Systems S-400 (Russisch: Triumf, Nato-Code: SA-21 Growler) können auf 400 Kilometer Reichweite Flugzeuge und ballistische Raketen abfangen. In der russischen Armee gehören zu einer Batterie ein Radar und zwölf Lastwagen mit je vier Raketenabschussrohren.
25. Dezember: Vier "Cumhuriyet"-Mitarbeiter bleiben bis März in Untersuchungshaft
Vier Mitarbeiter der regierungskritischen türkischen Zeitung Cumhuriyet bleiben bis zur Fortsetzung ihres Strafprozesses wegen Terrorpropaganda bis mindestens März in Untersuchungshaft. Dies hat am Montag ein Gericht in Istanbul entschieden. Während der Anhörung wurde Investigativjournalist Ahmet Sik von Sicherheitskräften aus dem Saal gebracht, nachdem er von einem politischen Verfahren und einem "diktatorischen Regime" in der Türkei gesprochen hatte. Sein Mitangeklagter, Chefredakteur Murat Sabuncu, weigerte sich dann aus Protest, mit dem Gericht zu sprechen.
Ende November war der Chefredakteur des Online-Auftritts der "Cumhuriyet" wegen Terrorpropaganda zu drei Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Das Gericht befand Oguz Güven für schuldig, Propaganda für die Gülen-Bewegung gemacht und Erklärungen von Terrororganisationen veröffentlicht zu haben.
Neue Anhörung in "Cumhuriyet"-Prozess
In Istanbul hat eine neue Anhörung im umstrittenen Prozess gegen 17 Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet begonnen. Vor dem Istanbuler Justizpalast Caglayan versammelten sich am Montag dutzende Unterstützer und forderten auf Plakaten unter anderem "Gerechtigkeit für alle Journalisten". Einige hielten die Titelseite der aktuellen Cumhuriyet hoch, auf der steht: "Gerechtigkeit sofort".
"Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu, der Herausgeber Akin Atalay und weitere Mitarbeiter waren im Oktober 2016 festgenommen worden. Später wurden der Investigativjournalist Ahmet Sik und der Buchhalter der Zeitung, Yusuf Emre Iper, festgenommen. Während die meisten Mitarbeiter bei den ersten Anhörungen für die Dauer des Prozesses freigelassen wurden, sitzen Sabuncu, Atalay, Sik und Iper weiter in Haft.
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Türkei will im öffentlichen Dienst 110.000 neue Mitarbeiter einstellen
Nach den Massenentlassungen in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 hat die Regierung 110.000 Neueinstellungen im öffentlichen Dienst angekündigt. Im kommenden Jahr sollten unter anderem 20.000 Lehrer, 36.000 Mitarbeiter im Gesundheitssektor und 15.000 Mitarbeiter für das Justizministerium neu eingestellt werden, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Sonntag. Damit werde es in den Ministerien und Behörden keinen Personalmangel geben.
Zuvor waren wegen des Putschversuchs vom Juli 2016 mehr als 2750 weitere Staatsangestellte entlassen worden. Ihnen werden Verbindungen zu "Terrororganisationen" vorgeworfen.
Seit dem gescheiterten Militärputsch wurden in der Türkei bereits mehr als 140.000 Menschen aus dem Staatsdienst entlassen oder suspendiert, darunter Richter, Lehrer und Wissenschaftler. Mehr als 55.000 Menschen wurden inhaftiert, darunter zahlreiche Journalisten, Oppositionelle und Wissenschaftler.
Kritiker werfen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, den Putschversuch und den danach verhängten Ausnahmezustand als Vorwand zu missbrauchen, um sämtliche Regierungskritiker aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen und auch gegen kurdische Oppositionelle, kritische Journalisten, unabhängige Wissenschaftler und andere Gegner Erdogans vorzugehen.
(AZ, dpa, afp)
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