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Nach Rücktritt: Wulffs Nachfolgekandidaten - Wer wird Bundespräsident?

Nach Rücktritt

Wulffs Nachfolgekandidaten - Wer wird Bundespräsident?

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich mit SPD und Grünen über die Wulff-Nachfolge beraten. Wer wird Nachfolger von Christian Wulff? Foto: Sebastian Kahnert dpa
    Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich mit SPD und Grünen über die Wulff-Nachfolge beraten. Wer wird Nachfolger von Christian Wulff? Foto: Sebastian Kahnert dpa

    Angela Merkel hat ihre Lektion offensichtlich gelernt. Eine satte Mehrheit von 20 Stimmen hatten CDU, CSU und FDP vor knapp 20 Monaten, am 30. Juni 2010, in der Bundesversammlung. Die Wahl von Christian Wulff, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten, zum zehnten Bundespräsidenten der Bundesrepublik schien nach dem überraschenden Rücktritt von Horst Köhler eine reine Selbstverständlichkeit zu sein, ein Spaziergang. Doch dann geschah das Unvorstellbare: Zwei Mal fiel der Kandidat der schwarz-gelben Koalition durch, zwei Mal gab es so viele Abweichler aus den eigenen Reihen, dass Wulff die notwendige absolute Mehrheit klar verfehlte. Erst im dritten Wahlgang brachte die Regierung ihren Mann ins Schloss Bellevue.

    Ein solches Drama soll sich nach dem Willen der CDU-Chefin und Bundeskanzlerin dieses Mal nicht wiederholen, zumal der Vorsprung von Schwarz-Gelb in der Bundesversammlung, die nach dem Rücktritt von Christian Wulff spätestens am Sonntag, den 18. März, seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin wählen muss, zwischenzeitlich auf magere zwei bis vier Stimmen geschrumpft ist.

    Wer wird Nachfolger von Christian Wulff als Bundespräsident?

    Das Risiko ist groß, dass ein Kandidat von Union und FDP in einer Kampfabstimmung durchfallen könnte. Daher reicht sie unmittelbar nach dem Rücktritt des Präsidenten den Oppositionsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen demonstrativ die Hand. Die Regierungsparteien würden „sich nun beraten“, sagt sie in einer kurzen Erklärung im Bundeskanzleramt – „und anschließend unmittelbar auf die Sozialdemokraten und

    SPD und Grüne begrüßen das Angebot Merkels. „Die SPD steht bereit für einen Neuanfang“, sagt Parteichef Sigmar Gabriel. Merkel dürfe nicht zum dritten Mal in Folge einen Kandidaten in ihrer Koalition durchboxen, um anschließend „Scheingespräche“ mit der Opposition zu führen. Man wolle eine Persönlichkeit, „die dem schwer angeschlagenen Amt des Staatsoberhaupts angemessenen Respekt und Würde zurückgibt“.

    Ähnlich argumentieren auch die Grünen, die von einem „Lernprozess“ bei Merkel sprachen. „Nachdem nun innerhalb von zwei Jahren zwei Bundespräsidenten ihre Amtszeit durch vorzeitigen Rücktritt beendeten, liegt es im Interesse aller demokratischen Parteien, dem besorgniserregenden Ansehensverlust des höchsten Amts im Staat entgegenzuwirken“, erklären die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin.

    Gauck, de Maizière oder von der Leyen?

    Doch wer soll es werden? Ein Konsenskandidat ohne Parteibuch, etwa der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle? Oder der frühere DDR-Bürgerrechtler und erste Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, den SPD und Grüne im Jahr 2010 gegen Christian Wulff aufgestellt und den schon damals viele als den besseren Präsidenten betrachtet haben? Oder angesehene Christdemokraten wie der frühere Umweltminister und Chef der UN-Umweltbehörde, Klaus Töpfer, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Finanzminister Wolfgang Schäuble oder Verteidigungsminister Thomas de Maizière? Oder zum ersten Mal eine Frau, beispielsweise Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen, die schon das letzte Mal als potenzielle Kandidatin im Gespräch war?

    Leicht dürfte diese Suche nicht werden, denn beide Seiten legen noch am Freitag schon einmal die Latte hoch. „Es muss der Anspruch der Regierungspartei CDU sein, einen eigenen Kandidaten zu nominieren“, sagt ein Mitglied des Bundesvorstands zu unserer Zeitung, es könne nicht sein, dass die Opposition der Koalition ihre Bedingungen diktiere. Auch die FDP pocht auf einen eigenen Vorschlag der schwarz-gelben Koalition.

    Dagegen fordern Sozialdemokraten und Grüne ein sichtbares Entgegenkommen der Union. Selbst in Unionskreisen werden aktiven Kabinettsmitgliedern nur geringe Chancen eingeräumt, einerseits seien sie der Opposition nicht vermittelbar, andererseits könne Merkel, so die Einschätzung in der Fraktion, weder auf Schäuble noch auf de Maizière und von der Leyen verzichten.

    „Präsidentenwahlen waren immer wieder auch Richtungswahlen“

    Nach den Erfahrungen mit Christian Wulff spreche vielmehr viel für einen „Älteren“, der nicht mehr in der Tagespolitik aktiv sei und breiten Respekt genieße – Kriterien, die Gauck und Töpfer wie auf den Leib geschnitten sind. Gleichwohl ist es offen, ob sich Union und FDP ausgerechnet auf Gauck verständigen können, den sie vor 20 Monaten noch verhindert haben. Diese radikale Kehrtwende um 180 Grad könnte viele in den eigenen Reihen überfordern.

    Zudem wissen die Strategen aller Parteien, dass die Wahl des neuen Bundespräsidenten ein starkes Signal für die Bundestagswahl im kommenden Jahr ist. Geht Merkel auf die SPD zu, könnte dies interpretiert werden, dass sie mit einer Großen Koalition liebäugelt, ein Kandidat wie Klaus Töpfer könnte hingegen eher wie ein Vorbote einer schwarz-grünen Regierung gedeutet werden.

    „Präsidentenwahlen waren immer wieder auch Richtungswahlen“, weiß ein prominenter Christdemokrat aus dem Südwesten. Die Kanzlerin werde dies „mit Sicherheit“ berücksichtigen. „Merkel hat noch nie etwas gemacht, ohne die möglichen Folgen ins Kalkül zu ziehen.“

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