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Migration: In Österreich kocht der Asylstreit wieder hoch

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In Österreich kocht der Asylstreit wieder hoch

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    Marschieren sie getrennt oder miteinander? Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vor seinem Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP).
    Marschieren sie getrennt oder miteinander? Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vor seinem Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Foto: imago

    Österreichs neuer Kanzler Christian Kern (SPÖ) mag als charismatische Persönlichkeit und als sehr guter Redner die Bürger überzeugen. Die schwarz-rote Koalition funktioniert alleine deswegen aber nicht besser. Offenbar sieht der noch nicht einmal 30 Jahre alte konservative Hoffnungsträger, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), sein Profil durch Kern gefährdet. Mit steilen Vorschlägen zur Asylpolitik faszinierte er zu Beginn der Woche die Medien und verstörte die Koalition. Ankommende Flüchtlinge sollten nach australischem Modell auf Inseln im Mittelmeer interniert werden, forderte er. Die EU müsse „klar festlegen: Wer illegal versucht, nach Europa durchzukommen, soll seinen Anspruch auf Asyl verwirken“, so Kurz.

    Ein solches Verfahren verstoße gegen die europäische Rechtslage, wenden Experten ein. Diese garantiert Flüchtlingen die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Sie dürfen nicht einfach zurückgebracht oder auf Inseln interniert werden.

    Auch die EU-Kommission hat Kurz’ Vorschlag umgehend abgelehnt. Sie setzt auf „positive und negative Anreize“ für Partnerländer, aus denen Flüchtlinge kommen oder die sie wieder verlassen wollen. Angestrebt werden Migrationspartnerschaften mit afrikanischen und arabischen Staaten, etwa Jordanien, Libanon, Tunesien, Nigeria, Senegal, Mali, Niger, Äthiopien und Libyen.

    Solche Abkommen strebt Kurz ebenfalls an. Er fordert aber außerdem, dass die EU stärker auf „Resettlement-Programme“ setzt, nach denen die aufnehmenden Staaten ihre neuen Bürger selbst aussuchen können. Dann könne er sich eine Größenordnung von 10000 bis 15000 Menschen pro Jahr für die Alpenrepublik vorstellen, sagte der Außenminister.

    Österreichs Kanzler Kern zu Politik bei Flüchtlingen: "Australien kein Vorbild"

    Kanzler Christian Kern behandelt den Dissens in der Koalition in Managermanier: Kurz und die SPÖ-Staatssekretärin Munar Druzda sollen binnen zwei Wochen ein Integrationspaket vorlegen. Und von Sebastian Kurz erwartet der Kanzler ein umsetzbares Konzept zur Rückführung von Flüchtlingen zum Beispiel nach Ungarn und Griechenland. „Australien ist für uns bestimmt kein Vorbild“, fügte Kanzler Kern hinzu.

    Der österreichische Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner meinte, solange die EU-Außengrenzen nicht wirksam geschützt werden, dürfe es „keine Denkverbote“ geben. Alle Minister der ÖVP stünden „ganz klar“ hinter dem Vorstoß ihres Außenministers. Wenn man dessen Ideen um die Worte „australisches Modell“ bereinige, dann zeige sich, dass auch der EU-Türkei-Vertrag das von Kurz angesprochene Resettlement beinhalte. Wenig Erfolg hat Österreich allerdings mit dem Versuch, Flüchtlinge nach Ungarn als sicherem Drittland zurückzuschicken. Ungarn weigert sich, sie aufzunehmen.

    Im Spätsommer ist die Obergrenze in Österreich erreicht

    Der Streit um Flüchtlingszahlen scheint in der Koalition dagegen schon wieder zu Ende zu sein. Kanzler Kern hat zugegeben, dass er in der Vorwoche fälschlich viel zu niedrige Zahlen genannt hatte. Nach kurzer Verwirrung gelten nun die Zahlen des zuständigen Innenministers Sobotka (ÖVP). Danach sind 2016 bisher knapp 19000 Asylanträge in Österreich registriert worden. Die Obergrenze von 37500 dürfte somit im Spätsommer erreicht werden. Sobotka möchte indes bereits zuvor eine schon beschlossene Notstandsverordnung umsetzten, die es Flüchtlingen erschweren soll, einen Asylantrag zu stellen. Doch ungeklärt ist, was mit den Asylbewerbern geschieht, die nicht mehr ins Land hineingelassen werden. Der neue Kanzler hat da ein gewaltiges Problem vor der Brust.

    Doch der „Arbeiterversteher“ Kern, so ein Wiener Chefredakteur, begibt sich vorläufig lieber auf vertrautes Terrain und forderte beim Kärntner SPÖ-Landesparteitag eine „Maschinensteuer“, genauer gesagt eine Wertschöpfungsabgabe. Die Debatte darüber gibt es seit Jahrzehnten. Gemeint ist eine höhere Besteuerung von Unternehmen, die für ihre automatisierte Produktion nur wenige Mitarbeiter benötigen. Die Einnahmen aus der Steuer sollen zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden, die in Österreich überdurchschnittlich hoch sind. Doch diese Forderung stieß bei Vizekanzler Mitterlehner umgehend auf Ablehnung.

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