Im Falle einer neuen Flüchtlingskrise würde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Grenzen wieder offen halten. Fünf Jahre nach ihrem berühmten Satz „Wir schaffen das“ verteidigte Merkel ihre historische Entscheidung von damals.
Fast eine Million Flüchtlinge kamen nach Deutschland, was die deutsche Gesellschaft spaltete. „Ich würde die wesentlichen Entscheidungen wieder so fällen“, sagte sie am Freitag vor der Hauptstadtpresse. „Wenn Menschen vor der deutsch-österreichischen Grenze stehen, dann muss man sie als Menschen behandeln“.
Pressekonferenz mit Angela Merkel: Bundeskanzlerin zieht positive Bilanz
Kein Wort verlor die CDU-Politikerin mehr darüber, dass der Staat im Herbst 2015 zeitweise die Kontrolle verloren hatte ob der schieren Zahl der Schutzsuchenden, die unregistriert in das Land strömten. Merkel hatte später selbst eingeräumt, dass die Behörden überfordert waren und versprach: Es sei klar, dass sich "das Jahr 2015 nicht wiederholen soll und auch nicht wiederholen wird". Sie schmiedete das umstrittene Flüchtlingsabkommen mit der Türkei.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hält die Grenze nach Europa für Flüchtlinge aus Syrien und anderen arabischen Ländern geschlossen. Die Kanzlerin hatte ihre Politik der offenen Tür stets auch damit begründet, dass sich Grenzen nicht wirksam schließen ließen.
Die Bilanz ihrer Flüchtlingspolitik bewertet Merkel ein gutes Jahr vor dem Ende ihrer Regierungszeit positiv. „Aber egal, wir haben seitdem sehr viel zustande gebracht. Und wenn ich ‚wir‘ sage, dann sind das viele, viele Menschen, die geholfen haben.“ Sie nannte Flüchtlinge, die das Abitur geschafft haben oder studieren, als Beispiele für eine gelungene Integration.
Ihren viel zitierten und kritisierten Satz „Wir schaffen das“ würde sie so nicht mehr sagen. Er sei in einer sehr speziellen Situation gefallen. „Dieser Satz steht für sich.“
Flüchtlingskrise und Arbeitsmarkt: Bewertung der beruflichen Integration fällt gemischt aus
Die berufliche Integration der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt fällt gemischt aus. Mittlerweile haben 40 Prozent oder 360.000 eine sozialversicherungspflichtige Stelle, wie aus einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht. Die Zahlen beziehen sich auf den Stand von Dezember letzten Jahres.
Die Hälfte der Asylbewerber spreche gut oder sehr gut Deutsch. Die meisten Flüchtlinge arbeiten in der Gastronomie, als Sicherheitspersonal, als Putzkräfte oder in der Altenpflege. Wegen der Corona-Krise hat ein Teil von ihnen den Arbeitsplatz verloren. Das IAB schätzt die Zahl auf zehn Prozent, also rund 36.000 Stellen. Durch die schwere Wirtschaftskrise haben es die Flüchtlinge ohne Arbeit derzeit schwer, einen Job zu finden.
Die Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben ebenfalls die Integration der Flüchtlinge untersucht. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Kinder und Jugendliche an Schulen meist gut integriert seien. Sprachlich sind die Kinder dem DIW zufolge ihren Eltern voraus: Nahezu 90 Prozent sprechen mit ihren Freunden Deutsch. Schwerer tun sich ihre Mütter, in Deutschland anzukommen. Weil sie sich stärker um die Erziehung kümmern als die Väter, haben sie Mühe, Arbeit zu finden, wie die Wissenschaftler herausgefunden haben.
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