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Masken-Affäre: Claudia Roth: "Georg Nüßlein muss jetzt sofort zurücktreten"

Masken-Affäre

Claudia Roth: "Georg Nüßlein muss jetzt sofort zurücktreten"

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    Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth  fürchtet durch die Fälle Georg Nüßlein und Nikolaus Löbel einen massiven Schaden für das Vertrauen in Politik.
    Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth fürchtet durch die Fälle Georg Nüßlein und Nikolaus Löbel einen massiven Schaden für das Vertrauen in Politik. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein hat am Freitag erste Konsequenzen aus seinen Verwicklungen in ein dubioses Maskengeschäft gezogen. Er wird im September nicht mehr für das Parlament kandidieren. Für Bundestagsvizepräsidentin Claudiia Roth ist das nicht genug.

    Frau Roth, was denken Sie, wenn Sie hören, dass Abgeordnete aus der Corona-Pandemie persönlichen wirtschaftlichen Profit schlagen?
    Claudia Roth: Mich erfüllt das mit tiefer Sorge. Es geht in der Causa Nüßlein um die politische Kultur in unserem Land, es geht um Anstand und Moral. Und ja, es geht mir auch um die Würde des Deutschen Bundestags.

    Einige Unionsleute betonen die Unschuldsvermutung bis zum Abschluss der Ermittlungen. Gilt die aus Ihrer Sicht nicht?
    Roth: Völlig unabhängig vom Ausgang des Verfahrens hat Herr Nüßlein mit seinen Gebaren vor allem dem Ansehen der Politik und der Würde des Bundestages massiven Schaden zugefügt. In einer Krise als erstes an den eigenen Geldbeutel zu denken, ist ein Skandal. Das führt natürlich zu einem dramatischen Vertrauensverlust in Politikerinnen und Politiker - ausgerechnet in Zeiten, in denen Vertrauen so enorm wichtig ist.

    Gegen den 51-Jährigen CSU-Politiker Georg Nüßlein wird unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit  ermittelt.
    Gegen den 51-Jährigen CSU-Politiker Georg Nüßlein wird unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Nüßlein lässt die Vorwürfe gegen sich zurückweisen, verzichtet aber auf eine weitere Kandidatur für den Bundestag. Der CDU-Abgeordneten Nikolas Löbel, der ebenfalls eine Provision für die Vermittlung eines Masken-Geschäfts kassiert will Ende August sein Mandat niederlegen. Reicht Ihnen diese Konsequenz?
    Roth: Dass Herr Nüßlein von haltlosen Vorwürfen spricht, zeigt doch nur, dass ihm die nötige Haltung fehlt und er die Dimension seines eklatanten Fehlverhaltens überhaupt nicht erkennt. Der Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur für das Parlament ist doch nichts anderes als ein Aussitzen dieses Skandals. Sowohl Georg Nüßlein als auch Nikolaus Löbel müssen jetzt sofort ihre Mandate als Bundestagsabgeordnete zurückgeben. Es kommt ja nicht oft vor, dass ich mit dem Vorsitzenden der Jungen Union einer Meinung bin, aber in diesem Punkt hat Tilman Kuban vollkommen Recht: Solche Abgeordneten gehören nicht ins Parlament.

    Die Spitze der Unionsfraktion hat sich inzwischen klar vom Verhalten ihrer Abgeordneten distanziert.
    Roth: Das geht aber nicht weit genug. Ich finde das laute Schweigen von CSU-Chef Markus Söder in der Causa Nüßlein bemerkenswert. Das zeigt, wie tief verwoben die Partei mit schwarzem Filz noch immer ist. Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Die Kollegen wissen gar nicht, was sie damit für einen Schaden anrichten. Denn wir haben es in unseren Parlamenten doch ohnehin schon mit Demokratiefeinden zu tun, die versuchen werden, aus diesem Skandal Profit zu schlagen. Deswegen müssen die demokratischen Parteien noch viel stärker darauf achten, politisch wie persönlich mit Anstand zu agieren und den Unterschied zu den Rechtsstaatsverächtern ganz klar zu machen.

    Sie meinen, dass die Fälle der AfD neuen Rückenwind geben könnten?
    Roth: Denken Sie mal daran, was solche Nachrichten mit den Menschen machen. Mit denen, die in der Krise ihren Job verloren haben oder darum bangen. Mit denen, die seit Monaten nicht arbeiten dürfen, die unter dieser Pandemie psychisch leiden und dann lesen, dass Politiker an der Krise horrende Summen verdienen. Leute wie Nüßlein und Löbel richten hier einen gigantischen Schaden an, aus dem die AfD Profit im Bundestagswahlkampf schlagen will.

    Halten Sie auch eine Nachschärfung der Gesetze für notwendig?
    Roth: Wir sollten unbedingt prüfen, welche Formen von Nebentätigkeiten wir zulassen. Der Bereich der Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte von Abgeordneten muss völlig transparent werden. Denn klar ist doch, dass man zwischen dem Politiker und dem Geschäftsmann gar nicht so klar unterscheiden kann. Politiker, die privat Geschäfte machen, nutzen doch auch dafür ihre Netzwerke, die sie als Abgeordnete geknüpft haben.

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