Christian Wulff ist von dem Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten. Und dennoch steht Wulff weiter im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Dabei geht es nicht nur um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die auch sein Haus in Großburgwedel durchsuchen ließ und nun auch die Anstellung seiner Ex-Frau Christiane Wulff unter die Lupe nimmt. Kritik aus der Politik, vom Bund der Steuerzahler und auch von Bürgern gibt es an den Privilegien, die Christian Wulff nach seinem Rücktritt kassiert.
Diskussion um Wulffs Großen Zapfenstreich
So hat das Bundespräsidialamt entschieden, dass Christian Wulff der Ehrensold von knapp 200.000 Euro im Jahr zusteht. Die Regelung löste eine heftige Debatte über eine Reform der Ruhestandsbezüge für Ex-Präsidenten aus. Zusätzlich soll Christian Wulff noch ein Büro mit Mitarbeitern bekommen. Das habe das Präsidialamt nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel für Christian Wulff beantragt. Ein weiterer Aufreger für viele: Christian Wulff mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden.
Unverständnis über Großen Zapfenstreich für Wulff
Chronologie der Affäre Wulff
25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.
18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.
12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.
13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.
14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.
15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.
19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.
20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.
22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.
2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.
4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.
19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.
16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.
17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.
18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.
29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.
9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.
9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.
9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.
12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.
14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.
9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.
19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.
27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)
Die geplante Verabschiedung Wulffs wird sogar in der CDU kritisiert. CDU-Politikerin Vera Lengsfeld sieht darin ein Zeichen der Arroganz der Macht. Gegenüber Handelsblatt Online sagt die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin, dass die militärischen Ehren vorgeben sollen, dass Christian Wulff nicht wegen seiner Verfehlungen, sondern wegen einer Kampagne zurücktreten musste. Auch der Bund der Steuerzahler und SPD-Politiker äußern Unverständnis, dass Wulff mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden soll. Der Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, sagte gegenüber dem Handelsblatt, er halte den Großen Zapfenstreich für Wulff für unangemessen. Kahrs weiter in dem Interview: "Das brüskiert all jene, die redlich und gesetzestreu ihre Arbeit machen und die das Gefühl haben müssen, dass die Antikorruptionsrichtlinien für Politiker nicht gelten sollen."
Horst Köhler nimmt Ehrensold nicht in Anspruch
Wütender Wulff: Wegen diesen Fragen rief er bei "Bild" an
Warum haben Sie dem Landtag verschwiegen, dass eine "geschäftliche Beziehung" zwischen Ihnen und der mit Egon Geerkens in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Edith durch einen im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag über 500 000 Euro besteht?
Teilen Sie die Auffassung, dass Sie den Landtag in diesem Zusammenhang bewusst getäuscht haben?
Wie haben Sie die 500 000 Euro erhalten? Per Überweisung aus Deutschland, der Schweiz, der USA - oder bar? Oder auf welche andere Weise?
Warum haben Sie den im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag wenige Wochen nach der parlamentarischen Anfrage gekündigt und durch einen Darlehensvertrag mit der BW-Bank abgelöst - obwohl der Darlehensvertrag noch bis November 2013 lief?
Wann und in welcher Form haben Sie das Darlehen zurückgezahlt?
Gab es vor dem Jahr 2000 geschäftliche Beziehungen zwischen Ihnen, dem CDU-Kreisverband Osnabrück, dem CDU-Landesverband Niedersachsen bzw. dem Land Niedersachsen und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens als Gesellschafter beteiligt waren?
Nach Informationen derBild am Sonntag nimmt der 2010 zurückgetretene Horst Köhler seinen Ehrensold nicht in Anspruch. Offenkundig habe er nach seinem freiwilligen Ausscheiden Doppelbezüge vermeiden wollen, hieß es. Denn der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds IWF und Ex-Präsident des Sparkassenverbands habe Pensionsansprüche erworben, die den Ehrensold übersteigen könnten.
Ehrensold für Wulff rückwirkend gekürzt?
Der frühere Bundespräsident Christian Wulff muss einem Zeitungsbericht zufolge mit einer rückwirkenden Kürzung des Ehrensolds rechnen. Wie die Bild-Zeitung in ihrer Montagausgabe berichtete, herrscht zunehmend Unmut im Haushaltsausschuss des Bundestages unter Unionsabgeordneten über die Dauer und Höhe der Bezüge für Wulff. Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Brackmann sagte der Bild, das Gesetz über den Ehrensold des Bundespräsidenten gehöre "grundsätzlich auf den Prüfstand." So sei zu fragen, ob der Ehrensold nicht wie die Pensionen von Ministern und Abgeordneten "erst ab 65 Jahre gezahlt werden sollte".
Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hat Ex-Bundespräsident Christian Wulff vorgeworfen, dem Amt des Staatsoberhaupts "schweren Schaden" zugefügt zu haben. "Er hat gleich die gesamte politische Klasse mit beschädigt", sagte Schmidt der Bild-Zeitung (Montag). Der Ex-Bundespräsident sei kein Opfer der Medien geworden: "Nee, er ist ein Opfer seiner selbst", erklärte Schmidt. Wulff sei nicht nur als Ministerpräsident von Niedersachsen zu jung gewesen, sondern auch für das höchste Staatsamt "zehn Jahre zu jung". afp/dpa/AZ