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Kommentar: Warum (fast) die ganze Welt gegen den IS kämpft

Kommentar

Warum (fast) die ganze Welt gegen den IS kämpft

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    Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande gedenken am Pariser Platz der Republik den Opfern der IS-Anschläge.
    Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande gedenken am Pariser Platz der Republik den Opfern der IS-Anschläge. Foto: Etienne Laurent (dpa)

    Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit dieser Frage, in der die Antwort bereits enthalten ist, hat es der britische Premier Cameron auf den Punkt gebracht: Der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die im Irak und in Syrien groß geworden, aber weltweit aktiv ist, muss jetzt geführt werden. Sonst wird noch mehr Leid über die Welt kommen.

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    Die verheerenden Anschläge von Paris haben bereits die internationale Politik verändert. Vier Jahre lang haben Russland und China im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen jede Syrien-Resolution verhindert. Jetzt stimmten sie zu: Alle Staaten der Welt wurden aufgefordert, „alle nötigen Maßnahmen“ im Kampf gegen den IS im Irak und in Syrien zu ergreifen.

    Internationaler Kampf gegen den IS gleicht UN-Mandat

    Das kommt einem UN-Mandat nahe. Frankreichs Präsident François Hollande präsentiert sich als Vollstrecker des Willens der Völkergemeinschaft. Er sprach in den vergangenen Tagen mit Merkel, Cameron, Obama und Putin. Gelingt es, alle von der Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen den IS zu überzeugen?

    Vor einigen Monaten hätte man noch gesagt: aussichtslos. In Syrien stehen sich verschiedene Interessen diametral gegenüber. Russland und der Iran halten zu Präsident Assad. Die USA hingegen wollen den Machthaber stürzen und helfen der gemäßigten sunnitischen Opposition auch mit Luftschlägen. Aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten dagegen wird der radikal-sunnitische IS finanziell unterstützt. Auch das Verhältnis der Türkei zu den Terroristen war zumindest zeitweise ambivalent.

    Doch dann hat der russische Präsident Putin die Lage verändert, indem er mit seiner Luftwaffe in den Bürgerkrieg eingriff. Seine Rückkehr auf die Weltbühne verband er mit einer diplomatischen Initiative. Noch vor den Anschlägen von Paris forderte er ein weltweites Bündnis gegen den IS. Zwischen Worten und Taten klaffte freilich eine Lücke: Statt den IS zu bekämpfen, versuchten seine Militärs bisher vor allem, Assads geschrumpften Herrschaftsbereich zu sichern.

    Mit den feigen Attentaten in Frankreich und, nicht zu vergessen, mit dem heimtückischen Anschlag auf den russischen Urlauberjet in Ägypten wurde sichtbar, dass die Terrormiliz IS der ganzen Welt den Krieg erklärt hat. Dies war der Wendepunkt. Immer mehr Staatsführer verstehen seither, dass die Gefahr umfassend und nachhaltig ist: Weil der IS keine Grenzen für seine terroristischen Aktivitäten kennt. Weil er finanziell potent ist dank mächtiger Unterstützer in der arabischen Welt und dank eigener Steuereinnahmen und Ölverkäufen aus seinem Staatsgebiet. Und weil es dem IS mit einer perfiden Propaganda gelingt, im Westen, aber auch in Russland Kämpfer und Attentäter zu rekrutieren.

    Deutschland muss militärischen Beitrag leisten

    Deswegen besteht jetzt die Chance, eine fast weltweite Koalition gegen die Terroristen und für ein Ende des syrischen Bürgerkriegs zu schmieden. Auch Deutschland muss einen militärischen Beitrag leisten. Die Vorschläge der Regierung, Tornado-Aufklärer und eine Fregatte zu schicken, sind sachgerecht und maßvoll. Auch wir profitieren, wenn die Terrorgefahr gemindert werden kann.

    Mit Luftschlägen alleine wird der IS nicht zu besiegen sein. Entscheidend wird sein, dass zudem Bodentruppen gegen den IS eingesetzt werden. Dafür kommen – obwohl sie sich derzeit noch gegenseitig bekämpfen – auch die Kräfte des Assad-Regimes und die gemäßigten Rebellen in Frage.

    Wichtig bleibt daher das diplomatische Engagement. Zwischen den moderaten Kräften muss ein Waffenstillstand vermittelt werden. Die Gunst der Stunde muss genutzt werden. Wenn nicht jetzt, wann dann?

    Deutschlands Beitrag ist sachgerecht und maßvoll

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