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Kommentar: Trump verspricht Versöhnung – doch seine Politik spaltet

Kommentar

Trump verspricht Versöhnung – doch seine Politik spaltet

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    Geballte Faust: US-Präsident Donald Trump nach seiner ersten Rede zur Lage der Nation.
    Geballte Faust: US-Präsident Donald Trump nach seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Foto: Win Mcnamee, Pool Getty Images, dpa

    Stellen wir uns für einen Moment vor, der Präsident, der seine Rede an die Nation 82 Minuten lang vom Teleprompter ablas, sei der wahre Donald Trump gewesen. Ein Mann, der darauf verzichtet, andere Länder als „Dreckslöcher“, Einwanderer als „Vergewaltiger“ und den Oppositionsführer im Senat als „Schreibaby“ zu denunzieren.

    Stellen wir uns darüber hinaus vor, dieser Präsident Trump sei lediglich ein Politiker, der darum bemüht ist, seine Politik in günstigem Licht erscheinen zu lassen. Nicht einer, dem die Faktenprüfer der Washington Post im zurückliegenden Jahr mehr als 2000 Halbwahrheiten, Falschaussagen und glatte Lügen nachgewiesen haben.

    Stellen wir uns schließlich vor, der Führer der Vereinigten Staaten sei, wie etwa Abraham Lincoln, wirklich daran interessiert, eine zerrissene Nation zusammenzubringen. Ein Präsident, der nicht Religion, Rasse oder Herkunft bewusst ins Spiel bringt, um die Gräben in der Gesellschaft zu vertiefen.

    Träfe all dies zu, hätte Trump vor dem Kongress eine halbwegs passable Rede gehalten. Ein Auftritt, der ohne allzu offenkundige Beleidigungen, Stammtischgehabe und erhobener Stimme auskam. Fast „präsidial“, wie ein paar Beobachter anmerkten. Doch Stilkritik ist im Fall des 45. Präsidenten der USA ein absurder Maßstab.

    Trump-Rede ging an der Realität vorbei

    Der echte Trump ist der ohne Teleprompter, der morgens im Bademantel aus dem Bett Gift an seine Twitter-Gemeinde versprüht. Ein Präsident, der als Versöhnung versteht, unter den rassistischen Fackelträgern von Charlottesville anständige Leute auszumachen. Oder denkt, Amerika werde wieder großartig, indem er aus dem Pariser Klimaabkommen ausschert, mit einem Atomschlag kokettiert, den Nahen Osten weiter destabilisiert.

    Nur wenig von dem, was er zum Besten gab, entspricht den Realitäten. Angefangen bei den angeblichen wirtschaftlichen Erfolgen seiner Präsidentschaft. Vom Wachstum über die Vollbeschäftigung verdankt er vieles den Reformen Barack Obamas, der 2008 von George W. Bush eine Wirtschaft im freien Fall ererbt hatte, mit Finanzmärkten, die in den Abgrund starrten.

    Die einzige Reform von Bedeutung, die Trump selbst durchsetzte, ist die Steuerreform. Deren langfristigen Konsequenzen werden sich allerdings erst über die kommenden Jahre zeigen. Abenteuerlich ist die Behauptung Trumps, er habe als Präsident das Vertrauen der Bürger in ihren Staat wiederhergestellt. Das Gegenteil ist richtig.

    Donald Trump schürt Unfrieden in den USA

    Trump schürt Unfrieden, wenn er die allgemeine Krankenversicherung Obamas als „desaströs“ bezeichnet, wenn er mit Blick auf die schwarzen Sportler-Proteste sagt, wahre Amerikaner „stehen stolz bei der Nationalhymne“, oder die Demokraten damit provoziert, Richter benannt zu haben, „die die Verfassung wörtlich auslegen“.

    Dass Trump nicht viel mehr als ein Viertel seiner Rede der Außenpolitik widmete, unterstreicht seine nationale Agenda. Trump sucht nicht den Ausgleich, sondern Konflikt. Von Iran über Jerusalem bis Nordkorea. Völlig überflüssigerweise unterschrieb er vor seiner Rede ein Dekret, das die Militärs anweist, Guantanamo wieder mit Gefangenen zu füllen.

    Dass dies ein „neuer amerikanischer Moment“ ist, mögen Trumps Anhänger so sehen. Die wirkliche Lage der Nation ist so schwach wie selten zuvor. Daheim sind die Amerikaner gespaltener denn je. Im Ausland haben die USA an Respekt verloren.

    Und über all dem präsidiert eine Person, die über 82 Minuten versucht, staatsmännisch zu sein, aber bereits nach einem Jahr im Amt ziemlich jede Glaubwürdigkeit verloren hat.

    Neuigkeiten zu Donald Trump lesen Sie auch in unserem News-Blog.

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