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Kommentar: Streit um Corona-Bonus: Wahlkampf auf Kosten der Kinder

Kommentar

Streit um Corona-Bonus: Wahlkampf auf Kosten der Kinder

Stefan Lange
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    Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen.
    Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Nach den Künstlern und den Kneipen sind jetzt also die Kinder dran. Finanzminister Olaf Scholz will Eltern pro Kind 300 Euro zahlen. Das Geld soll im Rahmen des noch zu beschließenden Konjunkturpakets fließen, den Konsum anregen und die Konjunkturflaute infolge der Corona-Krise abmildern. Und wo wir schon bei so vielen Wörtern mit einem „K“ sind: Der SPD-Politiker Scholz würde gerne nächster Kanzler in Deutschland werden. Wie auch Armin Laschet, bloß dass der von der CDU ist, deshalb nicht zurückstehen konnte und gleich mal einen Bonus von 600 Euro vorgeschlagen hat.

    Familien-Bonus: Schon jetzt ist unklar, wo das Geld herkommen soll

    Schon jetzt ist unklar, wo die vielen Milliarden Euro herkommen sollen, die Politiker übers Land verteilen wollen. Es ist verantwortungslos, so zu tun, als ob sämtliche Einbußen durch die Corona-Krise mit staatlichen Hilfen ausgeglichen werden können. Meinte auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gerade in einem Interview – und hat völlig recht, wenn er fortfährt: „Für viele Menschen wird diese Krise erhebliche Einschränkungen bringen.“ Anstatt sich ehrlich zu machen, tun Scholz und auch Laschet hingegen so, als ob der Staat jede finanzielle Delle ausbügeln kann.

    Gerade beim Thema Kinderbonus müssten die beiden es außerdem besser wissen. Als die Regierung 2009 das Konjunkturpaket II beschloss, um die Folgen der Finanzkrise abzufedern, gab es pro Kind 100 Euro. Die Maßnahme kostete knapp 1,6 Milliarden Euro und war nach Einschätzung vieler Wirtschaftsinstitute verbranntes Geld, weil sie keine nachhaltigen Konjunktureffekte erzeugte.

    Es wäre sinnvoller, das Geld in Kitas zu investieren

    Scholz’ Kinderbonus orientiert sich an Vorschlägen von Familienministerin Franziska Giffey – die im Herbst 2021 zwar nicht Kanzlerin, aber Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden will – und kostet an die sechs Milliarden Euro. Zum Vergleich: Für das „Gute-Kita-Gesetz“ hat die Bundesregierung 5,5 Milliarden Euro veranschlagt. Und zwar nicht für einen Einmaleffekt wie beim Kinderbonus, sondern für einen Zeitraum von 2019 bis 2022. Würde das für den Bonus notwendige Steuergeld über das „Gute-Kita-Gesetz“ und andere Kanäle den Kommunen zur Verfügung gestellt, könnten diese vor Ort investieren. Was immer noch der beste Weg ist, um die Konjunktur anzukurbeln, wie die Erfahrung aus den letzten Stützprogrammen zeigt.

    Bei Eltern mit Kindern würden sich Scholz, Giffey und die anderen mit einem Kita-Gesamtkonzept deutlich beliebter machen als durch 300 Euro, die sinnlos mit der Gießkanne verteilt werden. Denn die Eltern wissen, dass das Geld verpufft, während die Sorgen um Jobverlust und mangelnde Kinderbetreuung bleiben, wie die Kommunalpolitische Vereinigung von CDU und CSU bereits treffend festgestellt hat.

    Was Eltern gar nicht brauchen: Profilierungssucht

    Was Eltern und ihre Kinder hingegen nicht gebrauchen können, sind Politiker auf dem Profilierungstrip. Deshalb gehört es sich auch nicht, Kita-Öffnungen stimmenheischend auf einem CSU-Parteitag zu verkünden – während das zuständige Staatsministerium entweder von nichts weiß oder des Showeffekts wegen zum Stillhalten verdonnert wird, wie es gerade in Bayern passiert ist.

    Für die Wirtschaft werden nicht nur Milliarden Euro an Hilfen organisiert. Es wird kommende Woche wieder einen Autogipfel geben; ähnliche Zusammenkünfte gab es bereits mit der Lebensmittelindustrie und anderen Branchen. Einen Kindergipfel gab es noch nie, er ist nicht in Sicht. Es wird Zeit, das Thema Kinder und Corona in all seinen Facetten ernster zu nehmen. Freikaufen mit ein paar Hundertern allein reicht da nicht.

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