Die politische Debatte um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags im vergangenen Jahr war eine Farce. In berechtigte Kritik am Finanzierungsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mischten sich Populismus und Polemik.
Mutwillig wurde die unabhängige Sachverständigenkommission, die KEF, beschädigt. Sie hatte in einem bewährten Verfahren die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro monatlich pro Haushalt vorgeschlagen und die Anstalten zugleich weiter zum Sparen aufgefordert.
Fahrlässig wurde auch an der Unabhängigkeit von ARD,ZDF undDeutschlandradiogekratzt – durch den Versuch politischer Einflussnahme, durch offensichtliche Drohungen. Staatsfern sollen die Sender sein – aber bitteschön das berichten, was in die eigene politische Agenda passt!
In einer Zeit von Fake-News und gesellschaftlichen Spaltungen wurde Medienverdrossenheit geschürt
Als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff in einem Brief an die Intendanten „die Schaffung oder Verlagerung einer programmbezogenen Gemeinschaftseinrichtung in Halle (Saale)“ forderte, musste das als politischer Kuhhandel oder gar Erpressungsversuch aufgefasst werden.
So wurde in einer Zeit erhitzter Debatten, um sich greifender Fake-News und gesellschaftlicher Spaltungen vor allem eines: Medien- und Politikverdrossenheit geschürt. Am Ende blockierte Sachsen-Anhalt – als einziges Bundesland – die Beitragserhöhung.
Das Bundesverfassungsgericht sieht darin in seinem dankenswert unmissverständlichen Beschluss eine Verletzung der grundgesetzlich garantierten Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Es stellt ganz klar fest, dass Abgeordnete in Sachsen-Anhalt – getrieben von der AfD, muss man hinzufügen – schlicht verantwortungslos gehandelt haben. Das ist ein Machtwort.
Der Beschluss der obersten deutschen Richter stärkt die Unabhängigkeit der Öffentlich-Rechtlichen und den unabhängigen Journalismus. Er lenkt die Debatte um ARD, ZDF und Deutschlandradio hoffentlich wieder in vernünftigere Bahnen.
Der Reformbedarf ist groß und bleibt - jetzt muss vernünftig über die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio diskutiert werden
Finanzierung, Struktur und Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen sind reformbedürftig. Das bezweifeln nicht einmal ARD, ZDF und Deutschlandradio. Was die Finanzierung angeht, gibt es seit langem Ideen, über die nun nochmals und ernsthafter diskutiert werden muss. Dazu zählt das – politisch eigentlich schon tote – Indexmodell, bei dem die Höhe des Rundfunkbeitrags an einen Index gekoppelt würde, der sich zum Beispiel an der Inflationsrate orientiert. Es ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür, dieses Modell und andere Überlegungen aus den Schubladen zu holen.
Bei der Gelegenheit: Auch die Medienpolitik ist dringend reformbedürftig. Aber es ist eben leichter für Politikerinnen und Politiker, insbesondere in Wahlkampfzeiten, auf ARD, ZDFund Deutschlandradio zu schimpfen und dafür Zustimmung zu bekommen, als sich selbst zu hinterfragen.