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Kommentar: Nach "Schwarzem Montag": Nun muss die Politik die Nerven beruhigen

Kommentar

Nach "Schwarzem Montag": Nun muss die Politik die Nerven beruhigen

Stefan Stahl
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    Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist jetzt gefragt. Nach dem "Schwarzen Montag" muss die Regierung die Nerven beruhigen.
    Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist jetzt gefragt. Nach dem "Schwarzen Montag" muss die Regierung die Nerven beruhigen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

    Auf Angst folgt Hoffnung. So ist der Mensch, schwankend in seinen Gefühlen und leicht zu beeinflussen. Letztlich sehnt er sich danach, alles möge gut werden – zumindest irgendwann. Nach dem „Schwarzen Montag“ an den Börsen und am Ölmarkt, als Angst noch mehr Angst erzeugte, sich zu Panik aufschaukelte und die Aktienmärkte kollabieren ließ, stabilisierte sich die Lage am Dienstag. Anleger, die sich am Montag noch in Pessimismus überboten hatten und einen Crash auslösten, sprachen sich nun wieder gut zu. Das Verhaltensmuster ist von vielen Einbrüchen am Aktienmarkt bekannt.

    Was die Börsianer dabei vor einer Fortsetzung des Gemetzels erst einmal abhielt, ist der zumindest vorübergehende Glaube an die Macht der Politik und der Zentralbanken. Strafen Finanzmenschen Regierungsvertreter sonst gerne mit kapitalistischer Überheblichkeit, umgarnen sie nun die Mächtigen in den Hauptstädten. Politiker und Zentralbanker sollen es wieder mal richten und verhindern, dass Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, was Arbeitsplätze kostet, die Konjunktur einbrechen lässt und letztlich in einer fatalen Abwärtsspirale namens Rezession endet.

    Wenn kein Wunder passiert, verzeichnen Länder massive Wachstumseinbußen

    Politiker wissen, was zu tun ist, um die nervösen Nerven der Märkte zu streicheln. Der wahlkämpfende US-Präsident Donald Trump wird alles unternehmen, um Rezessionsgeister zu verscheuchen. Ob ihm das gelingt, ist angesichts der Krisen-Wucht fraglich. Wenn nicht ein Wunder passiert, verzeichnen Länder reihenweise massive Wachstumseinbußen. An den Aktienmärkten wird nach Phasen der Beruhigung und – was psychologisch verständlich ist – auch kräftigen Verdrängung die Angst immer wieder einmal Oberhand gewinnen. Angst ist für Anleger ein gefährlicher Einflüsterer.

    Das Gefühl kann den Verstand vernebeln und zum Nichtstun verleiten. Dabei bieten sich gerade, wenn die Virus-Kanonen donnern, Chancen, gute Aktien und damit Sachwerte zu endlichen angemessenen Preisen zu erwerben. In Null- und Negativzinszeiten kommt, wer für das Alter Geld anlegen will, am fleißigen Aktiensparen nicht vorbei. Doch aus nachvollziehbarer Angst, alles könne vielleicht noch schlimmer werden, nutzen viele Menschen die Chancen nicht, die sich ihnen am Aktienmarkt bieten.

    Coronavirus: Realistische Vergleiche ziehen

    Dabei gibt es in quälenden Corona-Zeiten auch für fortgeschrittene Hypochonder Strategien, zu einer neuen Sachlichkeit zu finden. Gerd Gigerenzer, Psychologe und Max-Planck-Forscher, rät dazu, die durch den Coronavirus ausgelösten Risiken durch Vergleiche realistischer einzuschätzen. So seien allein im Straßenverkehr in Deutschland 2019 mehr als 3000 Menschen ums Leben gekommen, also etwa so viele wie durch das Coronavirus im Riesenreich China. Und Menschen würden wohl hierzulande häufiger an einer normalen Grippe als am Coronavirus sterben. Doch es dauert lange in solch erregten Zeiten, ehe sich Rationalität an den Börsen durchsetzt, gerade wenn Großveranstaltungen abgesagt werden. Das gibt der Angst zusätzliche Nahrung.

    Wenn immer neue negative Nachrichten Menschen verunsichern, wirkt vor allem ein Medikament gegen Furcht: Mario Draghi, einstiger Präsident der Europäischen Zentralbank, hat es erfolgreich zu Eurokrisen-Zeiten getestet. Seine drei magischen Worte lauteten im Jahr 2012: „Whatever it takes“. Der EZB-Chef signalisierte damit seine Bereitschaft, alles zu tun, um den Euro zu erhalten. Der Draghi-Effekt funktionierte. Ähnlich eindeutige Signale sind auch heute gefragt. Fatal ist nur, dass die EZB anders als die US-Notenbank ihr Zinspulver verschossen hat.

    Das kann sich in der Krise und der drohenden Rezession rächen.

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