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Kommentar: Kanzlernachfolge: Die starke schwache CDU

Kommentar

Kanzlernachfolge: Die starke schwache CDU

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    Noch ist die Nachfolge um Kanzlerin Angela Merkel offen. Die Chancen der CDU stehen aber gut.
    Noch ist die Nachfolge um Kanzlerin Angela Merkel offen. Die Chancen der CDU stehen aber gut. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Renate Köcher muss man sich als eine Einflüsterin der deutschen Christdemokraten vorstellen. Seit Jahren misst die Meinungsforscherin Strömungen im konservativen Lager, gestandene CDU-Männer hören sehr genau auf die Frau aus Allensbach. Gerade war Köcher im Fraktionsvorstand von CDU und CSU zu Gast, es ging auch um die große Frage der Union, die Nachfolge von Angela Merkel. Köcher sagte, die Partei dürfe bei allen Umfrage-Höhenflügen eines bloß nicht: sich in einen parteiinternen Machtkampf verstricken. Laut Berichten warnte die Demoskopin: „Sie können sich da richtig ins Knie schießen.“

    Die SPD hat wenig Chancen auf das Kanzleramt, aber einen Kanzlerkandidaten

    Die Entschlossenheit dazu wirkt in der CDU aber erstaunlich groß. Deutschland erlebt die paradoxe Situation, dass die SPD zwar kaum eine Machtoption oder eine Chance auf das Kanzleramt hat, aber schon einen Kanzlerkandidaten. Die CDU hingegen hat so gut wie alle Machtoptionen und eine sehr reale Chance, wieder den Kanzler zu stellen. Doch wie sie die Nachfolge von Merkel regeln will, ist selbst unter den eingeweihtesten Beobachtern völlig offen.

    Der Kampf dreier Männer aus Nordrhein-Westfalen tobt munter weiter. Friedrich Merz hält sich nach wie vor für den Favoriten, auch weil er in aller Regel nur vor ausgesuchtem Publikum auftritt, das schon in Jubel ausbricht, wenn er nur den Mund aufmacht. Merz will (neuerdings) die Jungen beglücken, und zugleich wie ein Wirtschafts–Altmeister nach Corona die Konjunktur ankurbeln. Ein Teamspieler ist er nicht: Merz würde in jedem Fall nicht nur Vorsitzender, sondern auch Kanzlerkandidat werden wollen.

    Norbert Röttgen hingegen, ein kluger außenpolitischer Kopf, würde es reichen, beim Parteitag im Dezember zum CDU-Chef gewählt zu werden. Mit einem anderen Kanzlerkandidaten könnte er leben. Große Chancen hat Röttgen nicht. Doch er wird wohl im Rennen bleiben, schon um sich für eine Anschlussverwendung zu empfehlen, etwa als Bundesminister.

    Armin Laschet ist in der Corona-Krise häufig gestrauchelt

    Armin Laschet wiederum ist zwar in der Corona-Krise häufig gestrauchelt, zeigt aber – wie oft in seiner Karriere – Steherqualitäten. Je größer der Frust über die Corona-Politik wird, desto mehr Menschen erinnern sich wohlwollend an Laschets Werben für weitere Lockerungen. Der NRW-Ministerpräsident sieht sich auch, anders als Merz, als Mann der Mitte – und als Wahrer des Merkel-Erbes, was in der Union jeden Tag attraktiver wird. Zudem hat er Jens Spahn an seine Seite gezogen, ein Argument für junge Christdemokraten. Dass Spahn noch selbst ins Rennen einsteigt, ist eher unwahrscheinlich: Im Virus-Kampf hat er nicht nur geglänzt – und seine Entscheidung, mitten in der für viele Deutsche existenziellen Corona-Krise eine Millionenvilla in Berlin zu erwerben, verblüffte.

    Schließlich ist da natürlich noch CSU-Chef Markus Söder, aktuell der Umfragekönig. Viele trauen ihm das Kanzleramt zu, er sich selbst bestimmt. Welcher Machtpolitiker wäre auch nicht versucht? Allerdings hat Söder, in Bayern derzeit völlig unumstritten, viel zu verlieren. Seine Sorge, dass viele Deutsche nicht von einem

    Aus der CSU ist zu hören, man wolle das Zugriffsrecht jedes neuen CDU-Chefs respektieren. Ein Kanzlerkandidat Söder sei nur denkbar, wenn dieser Vorsitzende zu schwach wirke, um Kanzler zu werden. Aber warum sollte er dann überhaupt erst Vorsitzender werden? Daher heißt es von Christsozialen wie Christdemokraten: Bloß keinen Streit! Dem Satz würde Frau Köcher gewiss zustimmen.

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