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Kommentar: Jens Spahns Villa wird zum Politikum

Kommentar

Jens Spahns Villa wird zum Politikum

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    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, kauft sich mit seinem Mann eine Millionen-Villa in Dahlem.
    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, kauft sich mit seinem Mann eine Millionen-Villa in Dahlem. Foto: Tobias Schwarz, dpa

    Ja darf der das, wie kann der bloß? Der Boulevard und die nicht ganz so sozialen Medien haben ein neues Lieblingsthema: Jens Spahn und seine künftige Bleibe. Einen Millionenbetrag soll die Villa angeblich kosten, in die der CDU-Politiker Berichten zufolge bald zusammen mit seinem Ehemann Daniel Funke einzieht. Vorher muss das offenbar im Berliner Nobelviertel Dahlem gelegene Objekt aus den 1920er Jahren demnach aber noch renoviert werden.

    Der Bundesgesundheitsminister als Schlüsselfigur in der Corona-Krise, so der Tenor vieler Reaktionen im Internet, verliere die Bodenhaftung, während gerade Millionen von Bürgern um ihre Existenz bangen müssten. Schon rechnen selbsternannte Experten öffentlich durch, ob sich das prominente Paar seinen Wohntraum überhaupt leisten kann. Ergebnis: Ja, eigentlich schon, auch auf Kredit. Spahn, gelernter Bankkaufmann, bezieht als Minister und Abgeordneter ein Einkommen von deutlich mehr als 20.000 Euro. Zudem hat Ehemann Daniel Funke einen mutmaßlich gut dotierten Posten beim Burda-Verlag, nicht ausgeschlossen, dass er sogar den Löwenanteil des Hauskaufs schultert. Vielleicht, spekuliert unterdessen die Klatschpresse, braucht das homosexuelle Vorzeigepaar ja dringend mehr Platz, weil es die Adoption eines Kindes plant.

    Die Leistung zählt, nicht die Wohnsituation

    Bei Politikern zählt die Leistung und nicht die Wohnsituation. Ob ein Mandatsträger in einem WG-Zimmer oder einem Schloss lebt, hat rein gar nichts damit zu tun, wie gut er seine Aufgabe erledigt. Spahn wird sich aber durchaus bewusst gewesen sein, dass der geplante Umzug auch starke Emotionen auslösen kann. Er ist ein absoluter Profi im Umgang mit der Öffentlichkeit und weiß in der Regel genau, was er tut. In der Corona-Krise steht der 40-Jährige im Fokus der Öffentlichkeit wie kaum ein anderes Mitglied der Bundesregierung. Ihm werden zudem Restchancen auf CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur eingeräumt – obwohl er erklärt hat, seine Ambitionen zugunsten von Armin Laschet zurückzustellen.

    Neiddebatten und Diskussionen über ihre persönlichen Vermögensverhältnisse fürchten deutsche Politiker in der Regel wie der Teufel das Weihwasser. Kaum ein Amtsträger, der nicht für sich in Anspruch nähme, so zu wohnen, essen und urlauben, wie der Durchschnittsbürger. Wer aus der Reihe tanzt, muss mit heftigen Reaktionen rechnen. Was ist nicht schon alles geschrieben worden über den Porsche von FDP-Chef Christian Lindner, wie leidenschaftlich wurde diskutiert, ob sich die Berliner SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli eine Rolex ums Handgelenk schnallen darf. Fotos von Gerhard Schröder im Maßanzug als "Brioni-Kanzler" sorgten wochenlang für Aufregung. Friedrich Merz, Bewerber um den CDU-Vorsitz, ließ aufhorchen, als er sich in der Mitte der Gesellschaft einsortierte, obwohl er einen Zweitwohnsitz am Starnberger See und ein Privatflugzeug besitzt. Spahn selbst erntete einen Sturm der Entrüstung, als er sagte, Hartz IV reiche zum Leben.

    Wer sich über Spahn ärgert, muss ihn selbstverständlich nicht wählen

    Showstars, Fußballprofis oder Wirtschaftslenkern gönnen die Deutschen Wohlstand deutlich mehr als ihren Regierenden. Es ist aber auch vollkommen richtig, dass Wähler sich dafür interessieren, wie ein Kandidat mit Geld umgeht, fragen, woher etwaiger Reichtum stammt. Das ist das Wunderbare an der Demokratie: Wer sich ärgert, dass ein Hauskauf angesichts explodierter Immobilienpreise für ihn nicht mehr in Frage kommt oder Villenbesitzer ganz generell unsympathisch findet, muss selbstverständlich keinen wählen. Genauso selbstverständlich darf Spahn eine Villa kaufen, wenn er sich das leisten kann. Damit sollten es die Empörten bewenden und den Minister in Ruhe in sein neues Domizil ziehen lassen.

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