Eine Überraschung ist das nicht, in den vergangenen Wochen war überdeutlich geworden, dass auch seine parteiinternen Widersacher aus dem linken SPD-Spektrum nur Scholz zutrauen, die Partei zu einem einigermaßen passablen Abschneiden bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr zu führen. Anders gesagt: Scholz soll auch die Karrieren linker Genossen wie dem Spitzenduo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken oder die von Jungstar Kevin Kühnert retten.
Die sehr frühzeitige Nominierung zielt darauf, Einigkeit zu demonstrieren, doch in Wirklichkeit bleibt die SPD tief zerrissen. Scholz steht für eine Politik der Mitte und er verkörpert die Große Koalition, die der linke Teil der SPD so vehement abgelehnt hat und dies bis heute tut. Darum gelingt es der weit nach links gerückten SPD auch nicht, von den Erfolgen der Groko zu profitieren.
Das spricht für Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat
Während die Zustimmungswerte der SPD tief im Keller bleiben, ist Scholz im Zuge der Corona-Krise in seiner Rolle als tatkräftiger Bundesfinanzminister zu einem der beliebtesten Politiker der Nation geworden. Es wird nun extrem schwierig, die Popularität der Person Scholz auf die Partei zu übertragen. Zwingt die SPD den Vizekanzler, seine Kampagne entgegen der eigenen Überzeugung mit einem linken Programm zu bestreiten und gar mit einem Linksbündnis zu werben, ist das Scheitern vorprogrammiert. Doch wenn die Partei sich wieder an breitere Bevölkerungsschichten wendet und dies in einem klugen, auf Scholz zugeschnittenen Wahlprogramm zum Ausdruck bringt, kann eine Überraschung gelingen.
Müsste Scholz gegen Amtsinhaberin Angela Merkel antreten, hätte er wohl kaum eine Chance. Doch die tritt ab, die Karten werden also völlig neu gemischt. Wer für die Union ins Rennen geht, ist unklar. Die CDU hat noch nicht einmal ihren Vorsitz geklärt, keiner der drei Bewerber scheint übermächtig. Ob Armin Laschet, Friedrich Merz oder Norbert Röttgen – keiner von ihnen dürfte den Konkurrenten Scholz unterschätzen.
Bundestagswahl 2021: Hat Olaf Scholz eine Chance?
In der Corona-Krise konnten bislang nur CSU-Chef Markus Söder und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ihre Ausgangsposition verbessen. Bei der Kanzlerfrage zählt für viele Wähler die Person mehr als die Partei. Scholz ist ein Kandidat, den die Bürger schon lange kennen, er ist eine „Marke“, die für Verlässlichkeit steht. Aber steht die SPD auch wirklich hinter Scholz? Es ist fraglich, ob es ihr gelingen kann, den Deutschen zu erklären, warum der Mann, den sie als Parteivorsitzenden für falsch hielt, nun doch der richtige Kanzler sein soll.
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