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Kommentar: Ein Jahr Trump im Weißen Haus: Der Präsident lebt seine Launen aus

Kommentar

Ein Jahr Trump im Weißen Haus: Der Präsident lebt seine Launen aus

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    US-Präsident Donald Trump konnte viele seiner Projekte bisher nicht umsetzen.
    US-Präsident Donald Trump konnte viele seiner Projekte bisher nicht umsetzen. Foto: Evan Vucci, dpa (Archiv)

    Wahrscheinlich wird dem Privatleben Donald Trumps in jüngster Zeit zu viel Aufmerksamkeit gewidmet. Doch ein Jahr nach der Amtseinführung des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist es an der Zeit, seine Politik zu bilanzieren. Dabei zeigt sich: Trump konnte die meisten Ankündigungen, die purem Populismus entsprangen, bisher nicht verwirklichen. Nahezu alle, an die seine Drohungen gerichtet waren, können aufatmen: Hurra, wir leben noch!

    Donald Trump ein Reality-TV-Star geblieben

    Aber ist es ein Qualitätsmerkmal für einen US-Präsidenten, dass alles nicht so schlimm gekommen ist? Nein, ganz bestimmt nicht. Von ihm wird erwartet, der Anführer der freien Welt zu sein. Diesen Anspruch erfüllt Trump nicht. Schlimmer noch: Er bemüht sich nicht einmal, den von vielen Vorgängern in diesem Amt gesetzten hohen Anforderungen gerecht zu werden.

    Trump macht sein eigenes Ding. Der 71-Jährige ist im Kern ein tricksender Geschäftsmann und ein Reality-TV-Star geblieben. Das größte Vorhaben, das ihm zum Ende seines ersten Amtsjahres gelungen ist, die Steuerreform, macht ihn und seine Familie um hunderte Millionen Dollar reicher. Dem Staat werden Einnahmen entzogen, aber die großen Unternehmen und die Wohlhabenden profitieren – das ist Politik àla Trump. Gleichzeitig bringt er es fertig, sich als Robin Hood zu inszenieren, der den kleinen Leuten ihre Jobs zurückgibt. Obwohl nur heiße Luft dahintersteckt: Es funktioniert. Trumps Wähler, die seinen populistischen Parolen Glauben schenkten, stehen weiter zu ihm.

    Der US-Präsident droht gerne mal über Twitter

    Dazu ist Trump der erste Staatenlenker, der soziale Netzwerke im Internet nahezu täglich nutzt, um Mitteilungen und Kommentare ungefiltert durch Berater und Medien hinauszuposaunen. Dabei pfeift er auf jede Diplomatie. Dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un, der Atomraketen entwickeln lässt, droht er über Twitter mit „Fire and Fury“ (Feuer und Zorn). Die Welt fragt sich besorgt, ob Trump einen Atomkrieg vom Zaun brechen will. Dann sagt er plötzlich, er habe „ein gutes Verhältnis“ zu Kim. Alles doch nicht so schlimm?

    Man kann und darf Trump nicht beim Wort nehmen. Er redet heute so, morgen so. Unstetigkeit und Unberechenbarkeit sind auch im Präsidentenamt die Markenzeichen dieses eitlen Mannes geblieben. Sicherlich hat er im Laufe seines ersten Jahres im Weißen Haus dazugelernt. Deswegen nimmt er auch vieles wieder zurück. So nennt er Jerusalem die Hauptstadt Israels, was weltweit Empörung auslöst – verschiebt dann aber doch den Umzug der US-Botschaft dorthin. Trump reagiert durchaus auf seine Umwelt. Er folgt aber vor allem seinem Instinkt und lässt seinen Launen freien Lauf.

    Viele seiner Projekte konnte er bisher nicht umsetzen. Teils wurden sie von Gerichten kassiert, teils folgten ihm nicht einmal die Parteifreunde, teils verlor er selbst die Lust daran. So ist von der Mauer an der Grenze zu Mexiko bisher nichts zu sehen, es gibt in den USA weiter die Krankenversicherung „Obamacare“, Importzölle auf ausländische Produkte wurden nicht auf breiter Front eingeführt, und die USA haben auch die Nato nicht verlassen, obwohl viele Mitgliedstaaten keine Anstalten machen, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Doch vom Tisch ist das alles nicht – Trump kann jederzeit darauf zurückkommen.

    Vielleicht durchschauen mit der Zeit immer mehr Amerikaner den Blender im Weißen Haus, der bereits an eine Wiederwahl im Jahr 2020 denkt. Ein Zeichen der Hoffnung ist, dass die Demokraten neuerdings wieder Gouverneurswahlen gewinnen. Trump reloaded? Bitte nicht!

    Alle News zum US-Präsidenten lesen Sie auch laufend aktuell hier in unserem Newsblog.

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