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Kommentar: Die NRW-Wahl wird Olaf Scholz schaden

Kommentar

Die NRW-Wahl wird Olaf Scholz schaden

Stefan Lange
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    Beide Finanzskandale kommen für Olaf Scholz zu einer Unzeit.
    Beide Finanzskandale kommen für Olaf Scholz zu einer Unzeit. Foto: Kay Nietfeld/dpa

    Vor der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen hatte Olaf Scholz für die SPD schon versucht, die Sache runterzuspielen. Nein, machte er deutlich, das Votum der 14 Millionen Wählerinnen und Wähler habe nichts mit seinen Ambitionen auf die Kanzlerschaft zu tun. Solche Einschätzungen sollen immer eine vorbeugende Versicherung für den Fall sein, dass eine Wahl richtig in die Hose geht. Wenn das Ergebnis schlecht ist, so das Kalkül, waren eben die Gegebenheiten vor Ort daran schuld und nicht die Parteispitze in Berlin. Gestimmt hat das gleichwohl noch nie: Wahlen im Land sind, das zeigen die Umfragen, immer auch eine Abstimmung über die Politik im Bund. Und da hat es Olaf Scholz und die SPD-Spitze am vergangenen Sonntag voll erwischt.

    Die SPD hat sieben Punkte im Vergleich zur vergangenen Wahl verloren

    Etwa sieben Punkte haben die Sozialdemokraten verglichen mit der letzten Wahl abgeben müssen. Das ist ein Debakel und es schadet Scholz. Seine Ankündigung der Kanzlerkandidatur hat den Abstieg der Genossen in Nordrhein-Westfalen nicht aufhalten können. Bitter für eine Partei, die hier in guten Zeiten im Land auch schon mal 50 Prozent der Stimmen und mehr holen konnte. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat ausgerechnet, dass nur noch zwölf von 100 Wahlberechtigten die SPD gewählt haben. Zum Vergleich: Am Ende der Kanzlerschaft von Helmut Kohl waren es 39 von 100.

    Das Ergebnis der Kommunalwahl rührt am Selbstverständnis der SPD, die einst der Kumpel der Kumpel war. Sie hat einige große Städte wie Dortmund oder Bochum gewinnen können, verlor die Fläche aber an die CDU. Scholz muss sich die Frage stellen, ob seine Partei die Arbeiter und Angestellten überhaupt noch erreichen kann. Jenes Klientel also, das ihr früher viele Stimmen brachte.

    Bei den Jüngeren hat die SPD besonders an Rückhalt verloren

    Schwer wiegt auch, dass die SPD bei den Jüngeren nicht punkten konnte. Ihr Stimmanteil unter den 16- bis 24-Jährigen lag bei mageren 16 Prozent. Die CDU kam auf einen Anteil von 22 Prozent. Die Grünen holten sogar ein Drittel ihrer Stimmen aus dieser Altersgruppe. In Dortmund, der viel zitierten Herzkammer der deutschen Sozialdemokratie, kamen die Stimmen für die Roten vor allem von den Älteren. Nur 19 Prozent waren es in der Altersklasse zwischen 16 und 24. Die Grünen kamen hier auf bemerkenswerte 43 Prozent. Den Generationenkompromiss bilden aktuell also CDU und Grüne ab, die in NRW zusammen locker über die 50-Prozent-Marke marschierten. Angesichts solcher Machtverhältnisse dürfte auch Plan B der Sozialdemokraten, ein Bündnis mit den Linken, kaum funktionieren.

    Das positive Fazit von SPD-Vorsitzenden Borjans ist gewagt

    Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans kommentierte die NRW-Pleite in der ARD mit den Worten, die SPD habe „das Tal durchschritten“. Man rieb sich als Zuschauer ob dieser mutigen Umdeutung der Niederlage verwundert Ohren und Augen. Des Rätsels Lösung war, dass sich Walter-Borjans auf die Europawahl im Mai 2019 bezog. Damals hatte die SPD in Nordrhein-Westfalen mit 19,2 Prozent in der Tat noch schlechter abgeschnitten. Der Vergleich ist trotzdem mindestens gewagt.

    Seitdem er gemeinsam mit seiner Co-Vorsitzenden Saskia Esken die Verantwortung trage, sei „ein deutliches Stück Aufwärtstrend zu sehen“, ergänzte Walter-Borjans. Er halte das „schon für eine Trendwende“. Laut den Umfragen hat die SPD seit dem Amtsantritt ihrer neuen Doppelspitze im Dezember ungefähr vier Punkte auf 16 Prozent zugelegt. Es braucht wohl den Mut der Verzweiflung, um eine solche Entwicklung vor dem Hintergrund einer Wahlpleite im größten Bundesland zu einer Trendwende umzudeuten.

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