Es gibt kluge und weniger kluge Sätze in der Politik, wahre und weniger wahre. Der Satz, bei der Ostseepipeline Nord Stream 2 handele es sich um ein rein privatwirtschaftliches Vorhaben, erfüllt gleich beide negativen Kategorien: Er ist unklug und unwahr. Der Gedanke, ein so gewaltiges Geschäft mit einem Unternehmen, das auf einen einzigen Mann im Kreml hört, habe keine politische Auswirkung, ist ebenso unvorstellbar wie naiv.
Dennoch ist dieser Satz lange gesagt worden, auch von Kanzlerin Angela Merkel. Sie revidiert diesen nun etwas, wohl aus Frust, wie unantastbar sich Wladimir Putin fühlt. Einen Stopp der Pipeline oder Ähnliches mag Merkel nicht mehr ausschließen.
Merkel lässt Russland Zeit für Ablenkungsmanöver
Dennoch wirkt selbst dies halbherzig. Denn indem die Bundesregierung Erklärungen aus Moskau fordert, lässt sie dem Kreml wieder Raum für Ablenkungsmanöver.
Ohnehin wissen die Russen: Ihr Gas bleibt sehr gefragt, etwa jeder zweite deutsche Haushalt heizt damit. Auch diese Abhängigkeit zu mindern, wurde bei uns verschlafen. Kremlkritiker Nawalny ist zum Glück endlich aufgewacht. Gilt das ebenso für Gestalter deutscher Russlandpolitik?
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