Dieser Fall um die brisanten Nebentätigkeiten des CDU-Nachwuchsstars Philipp Amthor macht einmal mehr deutlich: Die deutsche Politik muss sich im Bereich des Lobbyismus strengere Regeln geben. Und zwar rasch, denn es geht um nichts weniger als das Ansehen der Volksvertreter. Amthors Engagement für die rätselhafte US-Firma „Augustus Intelligence“ und eine große Anwaltskanzlei hat leider alle Zutaten, um gefährliche Klischeevorstellungen über Politiker weiter zu verstärken.
Dass Ex-Funktionäre später ihre Expertise vergolden, ist nichts Neues
Da ist ein 27-Jähriger, der sich Medien und Wählern gegenüber geschickt inszeniert: als bodenständig-konservativer Anwalt der kleinen Leute aus der mecklenburgischen Provinz und im ganzen Land. Der aber offenbar schnell den Verlockungen schillernder Unternehmer erlegen ist. Da sind die luxuriösen Reisen, die diese Verbindung mit sich bringt, nach New York, Korsika oder ins schweizerische Nobelbergdorf St. Moritz. Über die Amthor auf den sozialen Medien, auf denen er sonst mächtig aktiv ist, schweigt.
Bezahlt hat die Trips, wie Amthor inzwischen zugegeben haben soll, natürlich Augustus. Eine Firma, die sich mit einem illustren Netzwerk konservativer Männer umgibt, die früher einmal in Deutschland wichtig waren: Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) etwa, oder die Ex-Chefs von Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst, Hans-Georg Maaßen und August Hanning. Dass Ex-Funktionäre später ihre Expertise und Kontakte vergolden, daran hat sich die Öffentlichkeit ja schon gewöhnt.
Optionen können ein Vermögen wert sein
Doch Philipp Amthor ist kein Mann der Vergangenheit, er schien eine glänzende Zukunft vor sich zu haben. Ausgerechnet er riskierte seine Karriere für eine Firma, von der gar nicht klar ist, was sie eigentlich ist: Vielversprechendes Start-up für Künstliche Intelligenz? Im Entstehen begriffene, gefährliche Datenkrake? Oder vielleicht auch nur eine Luftnummer, ein potemkinsches Dorf, das Investoren anlocken soll? Für dieses Unternehmen jedenfalls verfasste „Merkels Junge“, wie Amthor schon mal genannt wurde, einen Werbebrief. Der offenbar erfolgreich die Türen zum Wirtschaftsministerium seines Parteifreundes Peter Altmaier geöffnet hat. Später gab es dann einen Direktorenposten und Aktienoptionen. Weil damit also streng genommen noch kein Geld geflossen ist, waren die Papiere noch nicht einmal anzeigepflichtig.
Hier besteht ein gewaltiges Regulierungsdefizit. Denn später einmal hätten die Optionen ein Vermögen wert sein können, wenn die Firma floriert, zum Beispiel durch Staatsaufträge öder Fördergelder. So steigt der Anreiz für den Politiker, sich so richtig für die Firma ins Zeug zu legen.
Amthor muss versuchen, im Bundestag verlorenes Vertrauen gutzumachen
Philipp Amthor hat seiner Partei und der gesamten Politikerzunft damit einen Bärendienst erwiesen. Seine Zukunft ist offen. Ob er die Regeln für Abgeordnete verletzt hat, muss die Bundestagsverwaltung klären, ob er Gesetze gebrochen hat, die Staatsanwaltschaft. Für welche Posten er künftig noch aufgestellt wird, entscheidet seine Partei, ob er auch gewählt wird, die Wähler. Amthor hat gut daran getan, auf den Griff nach höheren Ämtern vorerst zu verzichten.
Abgeordneter will er bleiben. Im Bundestag muss er nun versuchen, verlorenes Vertrauen gutzumachen. Gelingen könnte das, wenn er sich jetzt für mehr Transparenz in Sachen Lobbyismus starkmachen würde: für ein Lobbyregister, für eine Pflicht, bei jedem Gesetzesvorhaben die „Lobby-Fußspur“ darzulegen, und für verbesserte Offenlegungspflichten von Nebeneinkünften. Denn Lobbyismus – eigentlich wichtige und legitime Interessenvertretung im Gesetzgebungsprozess – muss klaren, transparenten Regeln folgen.
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