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Koalitionspoker: Gabriel liegt voll im Plan

Koalitionspoker

Gabriel liegt voll im Plan

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    SPD-Chef Sigmar Gabriel gilt als Schlüsselfigur im Koalitionspoker.
    SPD-Chef Sigmar Gabriel gilt als Schlüsselfigur im Koalitionspoker. Foto: Tobias Kleinschmidt, dpa

    Als Sozialdemokrat ist Sigmar Gabriel Kummer gewohnt. Dass in seiner Partei schon vor dem ersten Gespräch mit der Union über die sozialdemokratischen Minister in einer Großen Koalition spekuliert wird, kommt für den SPD-Chef allerdings zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Formell darf er mit Angela Merkel und Horst Seehofer ja noch nicht einmal über eine gemeinsame Regierung verhandeln, sondern lediglich ausloten, ob sich hinreichend viele Gemeinsamkeiten für ein solches Bündnis finden lassen.

    Die Basis der SPD entscheidet per Mitgliedervotum

    Mit nur fünf Gegenstimmen hat der sogenannte Parteikonvent, eine Art kleiner Parteitag, genau dafür den Weg frei gemacht – vor dem nächsten Schritt, der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, müsste Gabriel noch einmal den Segen der 200 Delegierten einholen. Am Ende würde dann die Parteibasis per Mitgliedervotum entscheiden, ob es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt.

    Einige Spitzengenossen allerdings sind offenbar schon einen Schritt weiter: Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung will die SPD in einer Regierung mit der Union sechs Ministerien beanspruchen – unter anderem das für Finanzen, in das Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann einziehen solle, und das für Arbeit und Soziales, das danach für Gabriel selbst reserviert wäre. Darüber hinaus gilt die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig als erste Anwärterin auf das Familienministerin – auch auf die Gefahr hin, dort genau das Betreuungsgeld vertreten zu müssen, das sie seit Jahren erbittert bekämpft.

    Dass es der SPD gelingt, in Koalitionsverhandlungen das von ihr als „Herdprämie“ verspottete Betreuungsgeld wieder zu kippen, wird auch in den eigenen Reihen für eher unwahrscheinlich gehalten – dazu ist das Thema der CSU zu wichtig. Wie die Union sich einen Kompromiss vorstellen kann, hat eines ihrer Regierungsmitglieder im Gespräch mit unserer Zeitung bereits angedeutet: Um das Argument zu entkräften, mit dem Betreuungsgeld fehlten jedes Jahr mehr als zwei Milliarden Euro für den Ausbau von Kindergärten und -krippen, würde die Union einfach die Zuschüsse des Bundes für den Ausbau um ein, zwei Milliarden Euro aufstocken. Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs, der Sprecher des rechten Parteiflügels, hat seiner Partei bereits geraten, das Betreuungsgeld ruhig zu akzeptieren. So falsch „das Ding“ auch sei: „Das ist ja Gesetz.“

    Möglicherweise Kompromiss bei der Reichensteuer

    Auch bei einem zweiten, nicht minder heiklen Thema, deutet sich möglicherweise schon ein Kompromiss an. Nach einem Bericht des Spiegel will Finanzminister Wolfgang Schäuble die SPD mit einer Erhöhung der sogenannten Reichensteuer ködern. Danach soll der Spitzensteuersatz für Einkommen von mehr als 250000 Euro im Jahr von gegenwärtig 45 Prozent auf bis zu 48 Prozent steigen. Im Gegenzug könnte die Steuerprogression für kleine und mittlere Einkommen etwas entschärft werden. In weiten Teilen der Union würde das allerdings als Wortbruch begriffen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich etwa hat bereits angekündigt, er werde im Bundesrat keiner Steuererhöhung zustimmen.

    Für SPD-Chef Sigmar Gabriel läuft dennoch alles nach Plan. Als er am Freitagabend aus dem Parteikonvent kommt, ist er am Ende einer turbulenten Woche erschöpft, aber zufrieden. „Ich war heute außerordentlich stolz darauf, der SPD anzugehören und das Vertrauen als Vorsitzender zu haben“, sagt er. Der Vollständigkeit halber fügt er zwar noch hinzu, dass die SPD weder vor Schwarz-Grün noch vor dem Gang in die Opposition Angst habe. Entscheidend für den Parteichef aber ist etwas anderes: Trotz heftiger Bedenken an der Basis und bei der Parteilinken haben die Delegierten die Tür zu einer Großen Koalition nicht verschlossen, sondern Gabriels Strategie der vorsichtigen Annäherung bestätigt.

    Das Fundament für eine Koalition besteht

    Mit Angela Merkel und Horst Seehofer versteht er sich ohnehin besser, als es nach außen häufig aussieht. Umgekehrt sagt der CSU-Vorsitzende über den SPD-Vorsitzenden, er halte Gabriel für einen „absolut seriösen und inhaltlich kompetenten Gesprächspartner“. Auf ein solches Fundament, sollte man meinen, lässt sich eine Koalition bauen – nur sagen will das in der SPD im Moment noch niemand so laut. Auch Gabriel selbst ist in diesen Tagen deutlich zugeknöpfter als sonst. Er weiß, dass Koalitionsverhandlungen nach den gleichen Regeln gespielt werden wie Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert.

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