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Karlsruhe: Kein Maulkorb für Ministerin: Schwesig darf NPD kritisieren

Karlsruhe

Kein Maulkorb für Ministerin: Schwesig darf NPD kritisieren

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    Kein Maulkorb für Ministerin: Schwesig darf NPD kritisieren
    Kein Maulkorb für Ministerin: Schwesig darf NPD kritisieren

    Dürfen sich Bundesminister im Wahlkampf abfällig über die NPD äußern? Bundesfamilienminsterin Manuela Schwesig (SPD) hatte m Landtagswahlkampf in Thüringen gesagt, dass es "Ziel Nummer eins" sein müsse, dass die

    Im Juni war bereits eine Klage der NPD gegen Bundespräsident Gauck gescheitert

    Die NPD hatte ihre Klage als politischen "Torpedobezeichnet - nun wurde sie erneut zum Rohrkrepierer. (Az. 2 BvE 2/14) Im Juni war bereits eine erste Klage der NPD gegen Bundespräsident Joachim Gauck gescheitert, der Anhänger der Partei als "Spinner" bezeichnet hatte. Nun scheiterte auch das Verfahren gegen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig.

    Nach den Kriterien des Gerichts kommt es für die Zulässigkeit solch kritischer Äußerungen darauf an, in welcher Rolle Politiker sprechen: Äußern sie sich als Bundesminister und damit als "Staatsorgan", sind sie zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet. Kritisieren sie andere Parteien nicht in ihrer "amtlichen Funktion" sondern als Parteipolitiker, dürfen sie aber durchaus "Partei ergreifen" und im politischen Meinungskampf vor Wahlen Stellung für oder gegen eine Partei beziehen.

    Die SPD-Minister in der neuen großen Koalition

    WIRTSCHAFTS- UND ENERGIEMINISTERIUM, VIZEKANZLER: SIGMAR GABRIEL: 2009 wurde er jüngster Parteichef seit Willy Brandt. Der gelernte Lehrer war zudem mit 40 Jahren in Niedersachsen jüngster deutscher Ministerpräsident (1999-2003). Von 2005 bis 2009 erwarb er sich als Bundesumweltminister Ansehen und Expertise im Bereich erneuerbare Energien. Ein politisches Naturtalent und begabter Redner, der aber auch als launisch gilt. Kommt aus sogenannten schwierigen Verhältnissen, das hat ihn tief geprägt. Der Vater war überzeugter Nazi, Gabriel musste gegen seinen Willen nach der Trennung der Eltern zeitweise beim Vater leben. Lebt mit seiner zweiten Frau, einen Zahnärztin, und seiner kleinen Tochter in Goslar.

    AUSSENMINISTERIUM: FRANK-WALTER STEINMEIER: Kanzleramtschef zu rot-grünen Zeiten, strickte für Gerhard Schröder an der «Agenda 2010» mit. Dann wurde der Jurist geachteter Außenminister (2005 bis 2009). Er ist stets exzellent vorbereitet, bürgernah, humorvoll. Seitdem der Westfale und Schalke-04-Fan in Brandenburg seinen Wahlkreis hat, ist die Region seine zweite Heimat geworden. Bei der Bundestagswahl gewann er das einzige Direktmandat der SPD im Osten. Steinmeier ist verheiratet mit einer Verwaltungsrichterin, der er eine Niere spendete, beide haben eine Tochter.

    JUSTIZMINISTERIUM: HEIKO MAASS: Der ehemalige Zögling des früheren SPD-Chefs Oskar Lafontaine ist die größte Überraschung bei der Neuverteilung der Posten auf SPD-Seite. Bislang war der Marathonläufer und Triathlet in der Landespolitik aktiv - seit anderthalb Jahren auch mit Erfahrung in einer großen Koalition. Seit Mai 2012 ist er Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister. Zuvor war er an der Saar schon einmal Umweltminister - damals als jüngster Minister Deutschlands überhaupt. Für sein neues Amt kann Maaß ein abgeschlossenes Jurastudium vorweisen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

    UMWELTMINISTERIUM: BARBARA HENDRICKS: Wacht seit 2007 über die Finanzen der Sozialdemokraten, oft unterschätzt. Sie sitzt seit 1994 im Bundestag und war Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium von 1998 bis 2007. Mit 20 Jahren in die SPD eingetreten, studierte Hendricks Geschichte und Sozialwissenschaften, mit Staatsexamen für das Lehramt. Sie liebt ihre Heimat, den Niederrhein, promovierte über «Die Entwicklung der Margarine-Industrie am unteren Niederrhein». Hendricks würde die NRW-SPD im Kabinett vertreten.

    ARBEITS- UND SOZIALMINISTERIUM: ANDREA NAHLES: Die Literaturwissenschaftlerin ist seit 2009 Generalsekretärin. Sie hat erst den Wahlkampf organisiert, dann die Koalitionsverhandlungen, schließlich den Mitgliederentscheid über die große Koalition. Zeit für ihre kleine Tochter Ella Maria und ihren Mann daheim auf einem Hof in der Eifel hat sie zurzeit wenig. «Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so zufrieden», sagte sie nach ihrer Elternzeit. Die frühere Juso-Chefin zählt längst nicht mehr zu den Parteilinken. Intern ist sie nicht unumstritten, wurde zuletzt mit schlechtem Ergebnis wiedergewählt. Hat vehement für den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gekämpft.

    FAMILIENMINISTERIUM: MANUELA SCHWESIG: Sie ist das «Gesicht» der ostdeutschen SPD mit einer Blitzkarriere seit ihrem Parteieintritt 2003. Die gebürtige Brandenburgerin studierte Steuerrecht und folgte ihrem Mann, mit dem sie einen Sohn hat, nach Schwerin. 2002 bis 2008 arbeitete sie dort im Finanzministerium. 2008 übertrug Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) der damals 34-Jährigen Diplom-Finanzwirtin das Sozialressort. Seit 2009 ist sie auch SPD-Vize. Als Ministerin könnte Schwesig auch für das von der SPD heftig bekämpfte Betreuungsgeld zuständig sein.

    Den Verfassungshütern zufolge könnten Minister wegen all der personellen, medialen und finanziellen staatlichen Macht, die sie haben, erheblich auf die öffentliche Meinung einwirken und damit den Wettbewerb politischer Parteien verzerren. Doch dies verbiete ihnen das Grundgesetz: Wahlen seien nur dann demokratisch, wenn die Chancengleichheit der Parteien gewahrt werde und Wähler in einem "freien, offenen Prozess" ihre Meinung bilden können. Deshalb hätten "Vertreter des Staates als solche allen zu dienen" und dürften vor Wahlen die Willensbildung des Volkes nicht beeinflussen, um damit ihre "Herrschaftsmacht zu erhalten", heißt es im Urteil.

    Manuela Schwesig begrüßt das Urteil

    Ob sich ein Bundesminister nicht als Staatsorgan, sondern als Parteipolitiker äußert, kann dem Gericht zufolge im Einzelfall an verschiedenen Kriterien erkannt werden. So dürfe er seine Äußerungen nicht "mit der Autorität des Regierungsamtes untermauern" und könne sie auch nicht in Form von Pressemeldungen mit Staatssymbolen oder Hoheitszeichen veröffentlichen. Bei Interviews oder Talkrunden müsse ein Minister darauf achten, ob er bei den Fragen jeweils als Regierungsmitglied, Parteipolitiker oder Privatperson angesprochen wird. Im ersten Fall müsse er das Neutralitätsgebot beachten, könne aber ansonsten durchaus am politischen Meinungskampf teilhaben.

    Und der Bundespräsident? Gauck ist im Staatsgefüge vergleichsweise machtlos und hat wegen seiner mehr repräsentativen Sonderrolle laut Gericht die größte Redefreiheit. Der Bundespräsident stehe weder mit Parteien in direktem Wettbewerb um politischen Einfluss, noch habe er die Mittel der Bundesregierung oder ihrer Vertreter, um mit einer "ausgreifenden Informationspolitik" auf die Meinungsbildung des Volkes einzuwirken, befand das Gericht. Gauck bleibe deshalb nur die Macht des Wortes und er entscheide selbst, wie er seine Aufgaben mit Leben erfüllt.

    Schwesig begrüßte das Urteil. Es mache deutlich, dass es "unser Recht ist, unsere Demokratie zu verteidigen gegen diejenigen, die sie abschaffen wollen", erklärte die Ministerin. Auch die Grünen-Fraktion im Bundestag freute sich: Nun sei klar, dass eine Ministerin ihre "Urteilsfähigkeit und Menschenrechtsorientierung nicht an der Garderobe des Ministeriums abgeben" muss. afp

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