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Kanzlerkandidatur: Warum Laschet nicht gut auf Söder zu sprechen ist

Kanzlerkandidatur

Warum Laschet nicht gut auf Söder zu sprechen ist

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    Eigentlich verstehen sich Armin Laschet (links) und Markus Söder gut. Doch das Verhältnis der beiden Ministerpräsidenten hat gelitten.
    Eigentlich verstehen sich Armin Laschet (links) und Markus Söder gut. Doch das Verhältnis der beiden Ministerpräsidenten hat gelitten. Foto: Jens Krick, Imago Images

    Die Attacke kommt aus dem Nichts. Und sie hat es in sich. Angesprochen auf Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder und dessen Ambitionen auf das Kanzleramt, platzt dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul der Kragen. „Um Gottes Willen. Heiße Luft und eine Politik, die auf Inszenierungen setzt, bringen die CDU nicht weiter“, poltert er in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Ihm sei unerklärlich, wie überhaupt jemand auf die Idee kommen kann, Söder für einen guten Kanzlerkandidaten zu halten, lästert der CDU-Politiker und sagt auch gleich, wer für diesen Job viel besser geeignet wäre: sein Chef.

    Laschets Minister Reul teilt kräftig gegen Söder aus

    Der heißt Armin Laschet, ist Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und hat gute Chancen, im Dezember CDU-Vorsitzender zu werden. Doch wäre er auch ein guter Bundeskanzler? Da sind sich die Deutschen nicht so sicher. In Umfragen liegt Söder meilenweit vor ihm. Verlieren Laschet und seine Leute deshalb die Nerven? Hat er Reul sogar vorgeschickt, um dem vor Selbstbewusstsein strotzenden Bayern eine vor den Latz zu knallen?

    Offenkundig ist: Es hat sich einiges aufgestaut im Verhältnis der beiden Ministerpräsidenten, die sich eigentlich gut verstehen. Dass sich der CSU-Chef erfolgreich als oberster Corona-Manager neben der Kanzlerin in Szene setzt, könnte man in Düsseldorf vielleicht verschmerzen. Doch die Laschet-Leute haben den Eindruck, Söder stiehlt ihrem Chef ganz gezielt die Schau.

    Der Zwist zwischen Söder und Laschet hat eine Vorgeschichte

    Seinen Anfang nimmt der Zwist im März. Die Ministerpräsidenten und Angela Merkel ringen um Antworten auf die Corona-Krise. Die Diskussionen sind hitzig. Kann man wirklich ein ganzes Land herunterfahren, um das Virus zu bremsen? Söder und Laschet vereinbaren, so heißt es in Düsseldorf, bis zur endgültigen Besprechung mit den anderen Regierungschefs und der Kanzlerin auf Alleingänge zu verzichten.

    Doch der CSU-Chef hält sich nicht daran. Er prescht mit dem Lockdown für Bayern voran – und lässt seinen Kollegen aus Nordrhein-Westfalen wie einen Zauderer dastehen. So erzählt das Laschet-Lager die Geschichte. Das Gegenargument aus München kommt mit Wucht: Wer überzeugt sei, dass es eilt und dass nur mit einem Lockdown die Gesundheit der Bevölkerung wirksam geschützt werden kann, der könne mit dem Vollzug nicht noch ein paar Tage zuwarten, bis sich die Ministerpräsidenten zu einem Gruppenfoto zusammengefunden haben, heißt es aus Söders Umfeld.

    Dass Laschet hinter der Attacke steckt, ist unwahrscheinlich

    Trotz allen Ärgers gilt es als unwahrscheinlich, dass Laschet, der momentan Urlaub macht, seinen Innenminister veranlasst hat, Söder öffentlich derart auf die Füße zu treten. Reul gilt eher als „lose Kanone“, also als ein Mann, der schwer zu bremsen ist und gerne mal einen Spruch raushaut. Dass nun der Eindruck entsteht, Laschet und seine Anhänger werden aufgrund Söders Popularität nervös, kann den Strategen in Düsseldorf nicht gefallen. Mal abgesehen von der Frage, ob Reuls Offensive besonders geschickt war, scheint er aber vielen CDU-Leuten aus der Seele zu sprechen.

    Sie nehmen Söder nicht nur die Aktion im März übel, sondern auch, dass aus Bayern immer wieder Hinweise auf den Karneval als vermeintlichen Corona-Beschleuniger oder den Skandal um den Fleischkonzern Tönnies kommen. Viele rollen schon mit den Augen, wenn sie den Namen Söder nur hören.

    Erst recht seit dem mit großem Brimborium inszenierten Besuch der Kanzlerin auf Schloss Herrenchiemsee. Ganz Deutschland sprach über die Kitsch-Kutsch-Fahrt und kaum jemand interessierte sich dafür, dass Laschet sich zeitgleich in Paris ganz kanzlerhaft mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron traf. „Was Markus Söder da veranstaltet, ist doch eine durchschaubare barocke Inszenierung“, schimpft Reul. Insgeheim ärgern sie sich in Nordrhein-Westfalen aber schon, dass die Münchner das mit der Eigenwerbung irgendwie besser drauf haben.

    „Kein Zeichen von Souveränität“

    Der CSU-Chef kennt die Befindlichkeiten in der großen Schwesterpartei – und schweigt. „Kein Kommentar“, heißt es aus der Parteizentrale, „wir halten uns da völlig zurück.“ Wer genauer nachfragt und seinen Gesprächspartnern in der Strategieabteilung der CSU Anonymität zusichert, der bekommt aber dann doch noch ein paar Antworten: Reuls Schimpftirade sei „kein Zeichen von Souveränität“. Zwischen Schwesterparteien, die kommendes Jahr Seite an Seite in den Bundestagswahlkampf ziehen, könne man nicht derart schwere Geschütze auffahren. Und ob die Attacke auf Laschets Veranlassung geschehen sei oder nicht, das sei „nicht relevant – zugerechnet wird sie ihm so oder anders“.

    Warum die Nerven in der CDU so dünn sind

    Allerdings bemüht man sich in der CSU auch erkennbar darum, von einer Konkurrenz zwischen den beiden Ministerpräsidenten abzulenken. Für Laschet stehe zu Hause viel auf dem Spiel. Mit Friedrich Merz und Norbert Röttgen sitzen ihm zwei weitere Anwärter auf den CDU-Vorsitz im Nacken, die ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen kommen.

    Außerdem sind dort im September Kommunalwahlen. Bleibt seine Partei hinter den Erwartungen zurück, würde das auch ihren Frontmann nach unten ziehen – und möglicherweise um seine Kanzlerambitionen bringen. Das sei der eigentliche Grund für die dünnen Nerven, heißt es in der CSU. Söder dagegen befinde sich in einer komfortablen Situation. Konkurrenz in der eigenen Partei ist nicht in Sicht und er könne sich an seinen Popularitätswerten erfreuen.

    Die Bayern wollen Söder lieber als Ministerpräsidenten

    Nur in Düsseldorf kann man sich eben irgendwie nicht so richtig mitfreuen. Dort wäre man froh, wenn Söder dem Wunsch der bayerischen Bevölkerung nachkäme. In einer aktuellen Umfrage von Infratest dimap sagen 77 Prozent, der CSU-Chef wäre ein guter Kanzlerkandidat. 56 Prozent sind aber dagegen, dass er tatsächlich antritt. Sie wollen lieber, dass Söder Ministerpräsident bleibt.

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