Von der "Bazooka" sprach Olaf Scholz nicht umsonst, als er vor wenigen Tagen seine Maßnahmen gegen die Corona-Folgen ankündigte. Die "Bazooka", das ist ein legendärer Raketenwerfer, den die US-Armee erstmals im Zweiten Weltkrieg einsetzte. Zielgenau und durchschlagskräftig zugleich, kann die Bazooka Panzer und Bunker zerstören. Wer zur Bazooka greift, und sei es nur sinnbildlich, der meint es wirklich ernst.
Warum die Hoffnungen auf dem Bundesfinanzminister ruhen
Seit er den Deutschen versprach, dass unternommen werde, was immer nötig sei, um zumindest die wirtschaftlichen Schäden der Corona-Pandemie abzufedern, ist der Bundesfinanzminister beliebt wie nie. Doch seine Partei, die SPD, kann davon bislang kaum profitieren. Dass sie in Umfragen wieder zweitstärkste Partei nach der Union ist, liegt an der Schwäche der Grünen. Während die Öko-Partei eben noch von der Klima-Debatte profitierte, trauen ihr deutlich weniger Bürger zu, die Corona-Probleme zu lösen.
Grünen-Chef Robert Habeck, der bis vor wenigen Wochen als eine Art Kanzler im Wartestand galt, bemühte jüngst ebenfalls einen Waffen-Vergleich: Mit dem Florett müsse die Pandemie bekämpft werden, sagte er in einer Talkshow. Das Florett ist historisch gesehen eine reine Übungswaffe, militärisch ohne Bedeutung. Wer als Fechtsportler zum Florett greift, ist kein "Hau-Degen". Sondern Feingeist.
Nun ruhen auf Scholz die Hoffnungen vieler Bundesbürger, ihren Arbeitsplatz, ihr Einkommen, ihren Wohlstand durch die harten Corona-Zeiten retten zu können. In der Pandemie-Ausnahmensituation steht Scholz in der allerersten Reihe der Krisenmanager, zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der ebenfalls rhetorisch auf schwere Waffen setzt.
Wer die Beliebtheitsliste der deutschen Politiker anführt
Auf den Ranglisten der beliebtesten Politiker der Nation, etwa im ARD-Deutschlandtrend, steht meist nur noch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Scholz. Gerade in diesen hektischen, oft hysterischen Zeiten der Corona-Ausnahmesituation flößt seine hanseatisch-nüchterne Art Vertrauen ein. Scholz erscheint nicht wie einer, der leichtfertig Schulden macht. Wenn er es jetzt doch tut, unvorstellbare Summen zur Bekämpfung der Pandemie-Folgen in Aussicht stellt, dann wirkt das für viele Bürger glaubwürdig und verantwortungsbewusst. Gerade weil er sich zuvor als der strenge, ja geizige Kassenwart der Nation, als Hüter der schwarzen Null einen Namen gemacht hat. Plötzlich sind die Deutschen froh über diesen pingeligen Haushalter, der in guten Zeiten das Geld beisammengehalten hat.
Manch älteren Bürger erinnert Scholz in diesen Tagen gar an Helmut Schmidt. Der SPD-Mann erwarb sich als Hamburger Innensenator bei der Elbflut einen Ruf als tatkräftiger Krisenmanager und wurde später Kanzler. Und zeigte auch im "Deutschen Herbst" 1977, als RAF-Terroristen die Republik herausforderten, Nerven wie Drahtseile.
Scholz hat in Teilen der SPD einen schweren Stand
Dass auch Scholz Kanzler könnte, davon sind immer mehr Bundesbürger überzeugt. Doch ausgerechnet in Teilen seiner eigenen Partei hat der 61-Jährige einen schweren Stand. Im linken Spektrum der SPD gilt Scholz als zu wirtschaftsnah und pragmatisch. Erst im vergangenen Dezember hat die Parteibasis Scholz und seiner Mitbewerberin Clara Geywitz eine schmerzhafte Niederlage zugefügt: Im Rennen um den Parteivorsitz triumphierte das linke Bewerberduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.
Doch beide spielen in der Öffentlichkeit als Hoffnungsträger in der Corona-Krise kaum eine Rolle. Mancher Beitrag, etwa die Forderung von Saskia Esken nach einer Vermögensabgabe für Wohlhabende zur Finanzierung der Corona-Hilfspakete, wird sogar in der SPD-Bundestagsfraktion als störend empfunden. Tenor: Jetzt ist nicht die Zeit für ideologiegefärbten Parteienzank. Jetzt zählt zupackende Regierungsarbeit. Und die können Esken und Walter-Borjans nicht leisten: Sie sind dazu verdammt, Zurufe von Seitenlinie aus zu machen. Teil der Regierung sind sie nicht.
Ob die SPD Scholz als Kanzlerkandidat unterstützt?
Im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Bundeszentrale in Kreuzberg, blicken die Parteistrategen mit zunehmender Ratlosigkeit auf den wachsenden Unterschied zwischen der Beliebtheit von Olaf Scholz und der Partei. Während die Union ihre Zustimmungswerte zuletzt deutlich steigern konnte, mit 37 Prozent laut Forsa deutlich über ihrem mauen Bundestagswahlergebnis von 32,9 liegt, hat die SPD allenfalls leicht zugelegt. Mit 17 Prozent rangiert sie aber noch immer unter den historisch schlechten 20,5 Prozent bei der letzten Bundestagswahl.
So reift in hochrangigen SPD-Zirkeln, auch bei Genossen die nicht zu seinen Fans gehören, die Erkenntnis, dass der ersehnte Wiederaufstieg in der Wählergunst wohl am ehesten mit dem Finanzminister als Kanzlerkandidat möglich ist. Olaf Scholz ist nach seiner Niederlage im Rennen um den Parteivorsitz mit Macht zurück. Und er hat die Bazooka dabei.
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